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Energie & Management > Recht - Eon will Gerichtsurteil im Streit mit den Stadtwerken Castrop-Rauxel
Quelle: Fotolia / H-J Paulsen
Recht

Eon will Gerichtsurteil im Streit mit den Stadtwerken Castrop-Rauxel

Stadtwerke Castrop-Rauxel und Eon liegen noch immer über Kreuz. Im Rechtsstreit um den Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs setzt der Essener Energieriese auf ein Urteil des Landgerichts.
Das Landgericht Bochum wird darüber befinden müssen, ob die Stadtwerke Castrop-Rauxel sich des unlauteren Wettbewerbs schuldig gemacht haben. So lautet der Vorwurf des Energiekonzerns Eon. Eine außergerichtliche Einigung in der Sache ist offenbar vom Tisch.

Am 21. März waren die Parteien nach der mündlichen Verhandlung noch mit der Option auseinander gegangen, den Rechtsstreit gütlich beizulegen. Ob dies gelungen ist, wollte unsere Redaktion nun von Eon in Erfahrung bringen. Eine Sprecherin der Essener verwies in ihrer Antwort darauf, „der schriftlichen Urteilsverkündung durch das Gericht nicht vorgreifen“ zu wollen. Anders gesagt: Nein, es gibt keine Annäherung.

Landgericht hat über Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs zu befinden

Damit hat die Zivilkammer für Handelssachen um den Vorsitzenden Richter Friedhelm Lißeck das letzte Wort. Er hatte im März angedeutet, das Geschäftsgebaren der Stadtwerke im Ruhrgebiet nicht grundsätzlich als unrechtmäßig einzuschätzen. Gegenstand der Auseinandersetzung ist eine Vollmacht, die der Versorger aus Castrop-Rauxel den gekündigten Kundinnen und Kunden nahelegte. Die Vollmacht ist im Kern eine automatische Rückholaktion für die Gekündigten, deren Einverständnis vorausgesetzt.

Dazu ist es wichtig, den Hintergrund der Kündigungen zu kennen. Die Stadtwerke sahen sich aufgrund der gestiegenen Kosten auf den Beschaffungsmärkten Ende des vergangenen Jahres außerstande, etwa 4.000 Belieferungsverträge für Strom und Gas weiter zu erfüllen. Der Grundversorger Eon könne dies günstiger, teilte der Versorger mit. Die außerordentliche Kündigung wurde zum Jahresende 2022 wirksam.

Um die gerade Gekündigten buhlten die Stadtwerke im selben Informationsschreiben – mit der Möglichkeit des Rückholens über eine zu unterschreibende Vollmacht, sobald es die Marktpreise erlaubten und die Stadtwerke wieder konkurrenzfähig liefern könnten. Um die 2.000 Haushalte machten nach Angaben des Stadtwerke-Geschäftsführers Jens Langensiepen von dieser Vollmacht Gebrauch.

Eon hatte als Grundversorger in Castrop-Rauxel also die Gekündigten automatisch ab 1. Januar 2023 aufzunehmen. Die Preise in Eons Ersatzversorgung bei Strom und Gas waren zu dem Zeitpunkt erheblich günstiger als in anderen Tarifen – oder als das, was die Stadtwerke Castrop-Rauxel in neuen Verträgen hätten anbieten können.

Das Unternehmen aus Essen fand das gar nicht lustig. Gegenüber unserer Redaktion verwies die Eon-Sprecherin erneut auf die Diskrepanz zwischen Anbietern, die zahlreiche Verbraucher „plötzlich nicht mehr beliefert“ hätten, und Eon, das diese Menschen „auf dem Höhepunkt der Energiekrise aufgefangen“ hätte. Und dies sei nur über den Einkauf zusätzlicher Energiemengen möglich gewesen, zu den stark erhöhten Marktpreisen.

Eon fühlt sich als Platzhalter offenbar ungerecht behandelt und vor den Kopf gestoßen. Ob der Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs allerdings beim Landgericht Bochum zieht, bleibt abzuwarten. Das Gericht hatte allenfalls an gewissen Formulierungen in der Vollmacht etwas auszusetzen, hieß es im März.

Stadtwerke holen per Vollmacht nun auch Stromkunden zurück

Derweil sehen die Stadtwerke Castrop-Rauxel nun auch im Stromsektor den Zeitpunkt gekommen, von den Vollmachten der Ex-Kundinnen und -Kunden Gebrauch zu machen (wir berichteten). Beim Gas war dies bereits mit Beginn des April erfolgt. Der Versorger hatte hier die Rückholaktion aktiviert, weil Eon zum 1. Februar die Gas-Tarife in der Grundversorgung erhöht hatte. Beim Strom verlangt Eon nun ab 1. Juni in der Grundversorgung für die kWh Strom 49,44 Cent statt bislang 30,85 Cent. Der Grundpreis fällt gleichzeitig von 190 Euro auf 150 Euro.

Die Eon-Sprecherin bestätigte die Erhöhung beim Arbeitspreis und begründete sie mit der „immer noch anhaltenden Energiekrise“ und damit, dass Strompreise sich auch innerhalb eines Bundeslandes wegen lokal abweichender Netzentgelte unterscheiden könnten. Die Grundversorgung mit Strom in Castrop-Rauxel betreffe Kundinnen und Kunden, die „zum überwiegenden Teil bereits über längere Zeiträume und insbesondere während der Hochphase der Energiekrise von günstigen Konditionen profitiert“ hätten.

Das aktuelle Preisniveau entspreche „nicht mehr der Marktlage“. Eon nimmt für sich in Anspruch, auch mit den neuen Preisen „deutlich unter den Preisspitzen, die während der Krise an den Märkten zu beobachten waren“, zu liegen. Durch den teuren Einkauf von Strom im vergangenen Jahr sei es nun „unvermeidbar", dies „zeitlich versetzt“ weiterzugeben – allerdings „gedämpft“, wie Eon laut der Sprecherin findet.

Mittwoch, 10.05.2023, 16:13 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Recht - Eon will Gerichtsurteil im Streit mit den Stadtwerken Castrop-Rauxel
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Eon will Gerichtsurteil im Streit mit den Stadtwerken Castrop-Rauxel
Stadtwerke Castrop-Rauxel und Eon liegen noch immer über Kreuz. Im Rechtsstreit um den Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs setzt der Essener Energieriese auf ein Urteil des Landgerichts.
Das Landgericht Bochum wird darüber befinden müssen, ob die Stadtwerke Castrop-Rauxel sich des unlauteren Wettbewerbs schuldig gemacht haben. So lautet der Vorwurf des Energiekonzerns Eon. Eine außergerichtliche Einigung in der Sache ist offenbar vom Tisch.

Am 21. März waren die Parteien nach der mündlichen Verhandlung noch mit der Option auseinander gegangen, den Rechtsstreit gütlich beizulegen. Ob dies gelungen ist, wollte unsere Redaktion nun von Eon in Erfahrung bringen. Eine Sprecherin der Essener verwies in ihrer Antwort darauf, „der schriftlichen Urteilsverkündung durch das Gericht nicht vorgreifen“ zu wollen. Anders gesagt: Nein, es gibt keine Annäherung.

Landgericht hat über Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs zu befinden

Damit hat die Zivilkammer für Handelssachen um den Vorsitzenden Richter Friedhelm Lißeck das letzte Wort. Er hatte im März angedeutet, das Geschäftsgebaren der Stadtwerke im Ruhrgebiet nicht grundsätzlich als unrechtmäßig einzuschätzen. Gegenstand der Auseinandersetzung ist eine Vollmacht, die der Versorger aus Castrop-Rauxel den gekündigten Kundinnen und Kunden nahelegte. Die Vollmacht ist im Kern eine automatische Rückholaktion für die Gekündigten, deren Einverständnis vorausgesetzt.

Dazu ist es wichtig, den Hintergrund der Kündigungen zu kennen. Die Stadtwerke sahen sich aufgrund der gestiegenen Kosten auf den Beschaffungsmärkten Ende des vergangenen Jahres außerstande, etwa 4.000 Belieferungsverträge für Strom und Gas weiter zu erfüllen. Der Grundversorger Eon könne dies günstiger, teilte der Versorger mit. Die außerordentliche Kündigung wurde zum Jahresende 2022 wirksam.

Um die gerade Gekündigten buhlten die Stadtwerke im selben Informationsschreiben – mit der Möglichkeit des Rückholens über eine zu unterschreibende Vollmacht, sobald es die Marktpreise erlaubten und die Stadtwerke wieder konkurrenzfähig liefern könnten. Um die 2.000 Haushalte machten nach Angaben des Stadtwerke-Geschäftsführers Jens Langensiepen von dieser Vollmacht Gebrauch.

Eon hatte als Grundversorger in Castrop-Rauxel also die Gekündigten automatisch ab 1. Januar 2023 aufzunehmen. Die Preise in Eons Ersatzversorgung bei Strom und Gas waren zu dem Zeitpunkt erheblich günstiger als in anderen Tarifen – oder als das, was die Stadtwerke Castrop-Rauxel in neuen Verträgen hätten anbieten können.

Das Unternehmen aus Essen fand das gar nicht lustig. Gegenüber unserer Redaktion verwies die Eon-Sprecherin erneut auf die Diskrepanz zwischen Anbietern, die zahlreiche Verbraucher „plötzlich nicht mehr beliefert“ hätten, und Eon, das diese Menschen „auf dem Höhepunkt der Energiekrise aufgefangen“ hätte. Und dies sei nur über den Einkauf zusätzlicher Energiemengen möglich gewesen, zu den stark erhöhten Marktpreisen.

Eon fühlt sich als Platzhalter offenbar ungerecht behandelt und vor den Kopf gestoßen. Ob der Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs allerdings beim Landgericht Bochum zieht, bleibt abzuwarten. Das Gericht hatte allenfalls an gewissen Formulierungen in der Vollmacht etwas auszusetzen, hieß es im März.

Stadtwerke holen per Vollmacht nun auch Stromkunden zurück

Derweil sehen die Stadtwerke Castrop-Rauxel nun auch im Stromsektor den Zeitpunkt gekommen, von den Vollmachten der Ex-Kundinnen und -Kunden Gebrauch zu machen (wir berichteten). Beim Gas war dies bereits mit Beginn des April erfolgt. Der Versorger hatte hier die Rückholaktion aktiviert, weil Eon zum 1. Februar die Gas-Tarife in der Grundversorgung erhöht hatte. Beim Strom verlangt Eon nun ab 1. Juni in der Grundversorgung für die kWh Strom 49,44 Cent statt bislang 30,85 Cent. Der Grundpreis fällt gleichzeitig von 190 Euro auf 150 Euro.

Die Eon-Sprecherin bestätigte die Erhöhung beim Arbeitspreis und begründete sie mit der „immer noch anhaltenden Energiekrise“ und damit, dass Strompreise sich auch innerhalb eines Bundeslandes wegen lokal abweichender Netzentgelte unterscheiden könnten. Die Grundversorgung mit Strom in Castrop-Rauxel betreffe Kundinnen und Kunden, die „zum überwiegenden Teil bereits über längere Zeiträume und insbesondere während der Hochphase der Energiekrise von günstigen Konditionen profitiert“ hätten.

Das aktuelle Preisniveau entspreche „nicht mehr der Marktlage“. Eon nimmt für sich in Anspruch, auch mit den neuen Preisen „deutlich unter den Preisspitzen, die während der Krise an den Märkten zu beobachten waren“, zu liegen. Durch den teuren Einkauf von Strom im vergangenen Jahr sei es nun „unvermeidbar", dies „zeitlich versetzt“ weiterzugeben – allerdings „gedämpft“, wie Eon laut der Sprecherin findet.

Mittwoch, 10.05.2023, 16:13 Uhr
Volker Stephan

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