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Energie & Management > Windkraft Offshore - Maritimes Amt äußert sich skeptisch zu 70.000 MW
Quelle: Shutterstock
Windkraft Offshore

Maritimes Amt äußert sich skeptisch zu 70.000 MW

Das von der Ampel angehobene Ausbauziel für Windenergieanlagen auf See stößt auf fast unüberwindliche Nutzungskonkurrenz. Das sagt die Präsidentin des Bundesamtes BSH voraus.
Die Ampel hatte im Koalitionsvertrag für 2045 ein neues Fernziel bei der Offshore-Windleistung von 70.000 MW vereinbart. Das entspricht in etwa den Maximalforderungen der betroffenen Branche für die deutsche Nord- und Ostsee. Bislang sind knapp 7.800 MW am Netz. Das bisherige Endausbau-Ziel der Groko für 2040, das von Schwarz-Rot im Jahr 2020 auf 40.000 MW verdoppelt worden war, wurde von SPD, Grünen und FDP zudem auf 2035 vorverlegt. Ende dieses Jahrzehnts sollen in einem Zwischenschritt 30.000 statt zuvor 20.000 MW erreicht sein.

Am 20. Januar hat sich Präsidentin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg, Karin Kammann-Klippstein, zu den politisch-rechtlichen Realisierungschanchen von 70.000 MW geäußert. Auf die Frage, ob der Ausbau auf 70.000 MW überhaupt denkbar sei, sagte sie laut Deutscher Presse-Agentur sarkastisch: "Ja, es ist möglich, wenn alle anderen Nutzer zurücktreten und sagen: ,Wir machen jetzt in der Nord- und Ostsee nur noch Offshore-Windenergie.' Dann ist das theoretisch möglich."

Die Chefin der obersten maritimen Behörde Deutschlands wies auf konkurrierende Nutzungen der See hin:
  • Naturschutz für 10 Prozent der Fläche - Kammann-Klippstein berief sich auf den Koalitionsvertrag selbst, dem gemäß dieser Anteil "von jeglicher schädlicher Nutzungsart" freigehalten werden solle,
  • Fischerei,
  • Militär,
  • und Deutschland sei völkerrechtlich verpflichtet, internationale Schifffahrtsstraßen offen zu halten. Die BSH-Präsidentin: "Da gibt es Einschränkungen für die Bebauung durch Windparks."
Mit den vorhandenen Nutzern werde es Abstimmungen geben müssen, "bis
diese Ausbauziele bis 70 GW tatsächlich erreicht werden können", führte Kammann-Klippstein fort. "Da wird es auch innerhalb der Bundesregierung noch zahlreiche Diskussionen geben, was jetzt Vorrang hat, wer seine Nutzungsinteressen zurückstellen muss. Das sind politische Entscheidungen, die getroffen werden müssen."

Das BSH als maritime Bundesoberbehörde ist, was Offshore-Wind anbetrifft, vor allem zuständig für
  • den Raumordnungsplan und den Flächenentwicklungsplan in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ),
  • die Voruntersuchung der für Windkraft reservierten Ausbauflächen
  • sowie die Vergabe der Windwasserstoffflächen ("sonstige Energiegewinnungsgebiete").
Der neue Raumordnungsplan AWZ, der jenen von 2009 ersetzt und in dem das verdoppelte Ausbauziel der Groko eingearbeitet war, war am 1. Oktober 2021 in Kraft getreten. Auf dessen Basis veröffentlichte das BSH kurz vor Weihnachten einen "Vorentwurf" des neuen Flächenentwicklungsplan AWZ, der noch konsultiert wird. Derzeit hält das BSH 43.000 MW Windkraft für realistisch.

Schon im September hatte das BSH eine "vorbehaltslose Festlegung" für ein Offshore-Testfeld-Projekt vor Rostock in den Flächenentwicklungsplan aufgenommen, die jetzt ebenfalls in der Konsultation steckt. Das Testfeld ist nicht in der AWZ vorgesehen, von der der Raumordnungsplan handelt, sondern in der Zwölf-Seemeilen-Zone im Küstenmeer. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hatte das BSH laut Website um die Festlegung gebeten und erklärt, die Nutzungskonflikte mit der Schifffahrt seien insoweit beigelegt.

Eine Spitzenbeamtin des Wirtschaftsministeriums (BMWi) hatte im Oktober die Offshore-Branche davor gewarnt, angesichts der damals schon angehobenen Ziele nur abzuwarten und zu fordern. Auf der Windforce Conference in Bremerhaven erklärte Stephanie von Ahlefelt, die die Abteilung Energiepolitik leitet: „Im Grunde muss ab jetzt, gerne auch von Ihnen, offensiv der alternative Plan kommen. Welche Flächen können wir uns vorstellen? Welche wollen wir wie nutzen? Warum ist das mit dem Naturschutz oder der Schifffahrt in Einklang zu bringen? Warten Sie nicht darauf, dass aus dem Innenministerium ein solcher Vorschlag kommt! Entwickeln Sie ihn selbst, setzen Sie auch Studien und Sonstiges dran!“

Schon auf der Husum Wind war eine Studie der Windguard vorgestellt worden, wonach 60.000 MWel raumplanerisch möglich wären. Nur: Im Wesentlichen rührt das errechnete Potenzial von einem Einbezug „befristeter Schifffahrtsflächen“ her. Jene Branche wird die gut 1.200 Quadratkilometer aber nicht kampflos abgeben, schon gar nicht exklusiv für Offshore, Stichwort Ko-Nutzung.

Freitag, 21.01.2022, 08:30 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Offshore - Maritimes Amt äußert sich skeptisch zu 70.000 MW
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Windkraft Offshore
Maritimes Amt äußert sich skeptisch zu 70.000 MW
Das von der Ampel angehobene Ausbauziel für Windenergieanlagen auf See stößt auf fast unüberwindliche Nutzungskonkurrenz. Das sagt die Präsidentin des Bundesamtes BSH voraus.
Die Ampel hatte im Koalitionsvertrag für 2045 ein neues Fernziel bei der Offshore-Windleistung von 70.000 MW vereinbart. Das entspricht in etwa den Maximalforderungen der betroffenen Branche für die deutsche Nord- und Ostsee. Bislang sind knapp 7.800 MW am Netz. Das bisherige Endausbau-Ziel der Groko für 2040, das von Schwarz-Rot im Jahr 2020 auf 40.000 MW verdoppelt worden war, wurde von SPD, Grünen und FDP zudem auf 2035 vorverlegt. Ende dieses Jahrzehnts sollen in einem Zwischenschritt 30.000 statt zuvor 20.000 MW erreicht sein.

Am 20. Januar hat sich Präsidentin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg, Karin Kammann-Klippstein, zu den politisch-rechtlichen Realisierungschanchen von 70.000 MW geäußert. Auf die Frage, ob der Ausbau auf 70.000 MW überhaupt denkbar sei, sagte sie laut Deutscher Presse-Agentur sarkastisch: "Ja, es ist möglich, wenn alle anderen Nutzer zurücktreten und sagen: ,Wir machen jetzt in der Nord- und Ostsee nur noch Offshore-Windenergie.' Dann ist das theoretisch möglich."

Die Chefin der obersten maritimen Behörde Deutschlands wies auf konkurrierende Nutzungen der See hin:
  • Naturschutz für 10 Prozent der Fläche - Kammann-Klippstein berief sich auf den Koalitionsvertrag selbst, dem gemäß dieser Anteil "von jeglicher schädlicher Nutzungsart" freigehalten werden solle,
  • Fischerei,
  • Militär,
  • und Deutschland sei völkerrechtlich verpflichtet, internationale Schifffahrtsstraßen offen zu halten. Die BSH-Präsidentin: "Da gibt es Einschränkungen für die Bebauung durch Windparks."
Mit den vorhandenen Nutzern werde es Abstimmungen geben müssen, "bis
diese Ausbauziele bis 70 GW tatsächlich erreicht werden können", führte Kammann-Klippstein fort. "Da wird es auch innerhalb der Bundesregierung noch zahlreiche Diskussionen geben, was jetzt Vorrang hat, wer seine Nutzungsinteressen zurückstellen muss. Das sind politische Entscheidungen, die getroffen werden müssen."

Das BSH als maritime Bundesoberbehörde ist, was Offshore-Wind anbetrifft, vor allem zuständig für
  • den Raumordnungsplan und den Flächenentwicklungsplan in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ),
  • die Voruntersuchung der für Windkraft reservierten Ausbauflächen
  • sowie die Vergabe der Windwasserstoffflächen ("sonstige Energiegewinnungsgebiete").
Der neue Raumordnungsplan AWZ, der jenen von 2009 ersetzt und in dem das verdoppelte Ausbauziel der Groko eingearbeitet war, war am 1. Oktober 2021 in Kraft getreten. Auf dessen Basis veröffentlichte das BSH kurz vor Weihnachten einen "Vorentwurf" des neuen Flächenentwicklungsplan AWZ, der noch konsultiert wird. Derzeit hält das BSH 43.000 MW Windkraft für realistisch.

Schon im September hatte das BSH eine "vorbehaltslose Festlegung" für ein Offshore-Testfeld-Projekt vor Rostock in den Flächenentwicklungsplan aufgenommen, die jetzt ebenfalls in der Konsultation steckt. Das Testfeld ist nicht in der AWZ vorgesehen, von der der Raumordnungsplan handelt, sondern in der Zwölf-Seemeilen-Zone im Küstenmeer. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hatte das BSH laut Website um die Festlegung gebeten und erklärt, die Nutzungskonflikte mit der Schifffahrt seien insoweit beigelegt.

Eine Spitzenbeamtin des Wirtschaftsministeriums (BMWi) hatte im Oktober die Offshore-Branche davor gewarnt, angesichts der damals schon angehobenen Ziele nur abzuwarten und zu fordern. Auf der Windforce Conference in Bremerhaven erklärte Stephanie von Ahlefelt, die die Abteilung Energiepolitik leitet: „Im Grunde muss ab jetzt, gerne auch von Ihnen, offensiv der alternative Plan kommen. Welche Flächen können wir uns vorstellen? Welche wollen wir wie nutzen? Warum ist das mit dem Naturschutz oder der Schifffahrt in Einklang zu bringen? Warten Sie nicht darauf, dass aus dem Innenministerium ein solcher Vorschlag kommt! Entwickeln Sie ihn selbst, setzen Sie auch Studien und Sonstiges dran!“

Schon auf der Husum Wind war eine Studie der Windguard vorgestellt worden, wonach 60.000 MWel raumplanerisch möglich wären. Nur: Im Wesentlichen rührt das errechnete Potenzial von einem Einbezug „befristeter Schifffahrtsflächen“ her. Jene Branche wird die gut 1.200 Quadratkilometer aber nicht kampflos abgeben, schon gar nicht exklusiv für Offshore, Stichwort Ko-Nutzung.

Freitag, 21.01.2022, 08:30 Uhr
Georg Eble

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