Im Transferprojekt „VITAL“ entsteht eine Laborumgebung, in der Netzbetreiber digitale Anwendungen zur Steuerung flexibler Verbraucher erstmals realitätsnah simulieren und testen können.
Verteilte Infrastrukturen für technologiegestützte Innovationen im Verteilnetz (VITAL) – so heißt ein Transferprojekt am Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN). Hier entsteht unter Federführung des „OFFIS“ – Institut für Informatik e.V. eine Umgebung, in der sich digitale Anwendungen zur Steuerung flexibler Verbraucher unter realitätsnahen Bedingungen prüfen lassen. Dazu zählen etwa Wärmepumpen, Ladepunkte für Elektrofahrzeuge oder Batteriespeicher.
Ziel ist es, kritische Netzsituationen nachzubilden und Netzregler zu erproben, bevor sie im Feld eingesetzt werden. Offis ist ein sogenanntes An-Institut der Universität Oldenburg. Neben dem Institut sind noch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Verteilnetzbetreiber EWE Netz am Projekt beteiligt.
DLR und Offis verfügen über zwei Energieforschungslabore, die im Projekt miteinander verbunden werden. Im „Networked Energy Systems Emulation Centre“ (Nestec) des DLR wird ein Verteilnetz nachgebaut, während das „Smart Energy Simulation und Automation“-Labor (Sesa) von Offis die digitale Steuerungs- und Überwachungsebene bereitstellt. Die Kopplung soll eine Synchronität in Datenbereitstellung und Steuerbefehlen gewährleisten.
Auch Überlast-Situationen können getestet werden
Die Kooperation erfolgt vor dem Hintergrund des §14a EnWG und dessen Umsetzung zur Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen in das Stromnetz. Damit steige der Bedarf an verlässlichen Technologien, die sich jedoch nicht im realen Verteilnetz testen lassen, heißt es in einer Mitteilung des ZDIN . Das Projekt Vital adressiere diese Lücke mit einer gekoppelten Laborarchitektur, die ein modernes Energiesystem mit Stromnetz, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Kunden- und Netzbetreiberrollen abbildet.
Damit sei es möglich, im Nestec realistisch Netzauslastungen nachzustellen und kontinuierlich Daten zum Netzstatus zu ermitteln. Diese werden an das Sesa-Labor übermittelt. Von dort werden Steuerbefehle zurückgesendet, um die simulierte Netzsituation zu regulieren. Damit lassen sich den Projektpartnern zufolge unterschiedliche Szenarien einschließlich gezielt herbeigeführter Überlast in einer sicheren Umgebung testen.
EWE Netz steuere praktische Anwendungsfälle bei und bringe einen eigenen Netzregler ein, der im Niederspannungsnetz flexibel steuerbare Verbraucher ansprechen könne. In den Laboren werde überprüft, ob der Regler Lastspitzen wirksam reduziert und die Stabilität verbessere.
Die Forschenden planen zudem, Datenprobleme wie Verzögerungen, Verluste oder Fehlübertragungen systematisch zu untersuchen. Dies sei wichtig, um das Verhalten von Netzreglern unter extremen Netz- und Kommunikationsbedingungen vollständig bewerten zu können, so Sebastian Lehnhoff, Vorstandsvorsitzender von Offis und Professor für Energieinformatik an der Universität Oldenburg.