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Quelle: Davina Spohn
Klaus Fischer
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Donnerstag, 04.12.2025, 13:26 Uhr
Stromnetz
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Österreich: Energiewende und Inflation erhöhen Netztarife
Zur Dämpfung des Anstiegs der Netztarife sind laut der Netzbetreiber-Organisation „Forum Versorgungssicherheit“ Maßnahmen aus dem kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz sinnvoll. 
Vor allem zwei Gründe sieht Thomas Maderbacher, der Geschäftsführer der Wiener Netze, für den tendenziellen Anstieg der Stromnetztarife in Österreich: Erstens müssen die Infrastrukturen ertüchtigt und erweitert werden, um den laufenden Ausbau der erneuerbaren Energien zu bewältigen. Zweitens haben sich die Material- und Personalkosten in den vergangenen Jahren inflationsbedingt erheblich erhöht, berichtete Maderbacher bei einem Hintergrundgespräch der Verteilnetzbetreiber-Organisation „Forum Versorgungssicherheit“ am 4. Dezember.

„Für Transformatoren zahlen wir heute um etwa 20 bis 40 Prozent mehr als vor rund zwei Jahren“, so Maderbacher. Und die Umgestaltung der Netze sei durchaus gravierend: „Eine einzige E-Ladestation mit 50 kW anzuschließen, ist für uns netztechnisch derselbe Aufwand wie der Anschluss von 30 Haushalten.“

Neue Windparks und Großflächen-Photovoltaikanlagen wiederum würden oft in dünn besiedelten ländlichen Gebieten errichtet, in denen die Netzinfrastruktur in der Vergangenheit vergleichsweise schwach ausgeführt war. Im Marchfeld östlich von Wien etwa sei für die kommenden Jahre die Errichtung von Windkraftanlagen mit rund 600 MW Gesamtleistung geplant. 

Laut Maderbacher ist angesichts des damit verbundenen Investitionsbedarfs für die Netzgesellschaften davon auszugehen, „dass die Netztarife in den kommenden Jahren etwa in der Größenordnung der Inflationsrate oder etwas darunter steigen werden“. Eine „unbegrenzte“ Erhöhung, wie sie mancherorts befürchtet werde, sei nicht zu erwarten. Zuletzt belief sich die Inflationsrate in Österreich auf 4,1 Prozent.

Maderbacher ergänzte, inflationsbereinigt lägen die Netztarife trotz des Anstiegs in den vergangenen Jahren noch immer unterhalb des Niveaus des Jahres 2000. Laut Berechnungen des Austrian Institute of Technology (AIT) müssen bis 2030 etwa 24,2 Milliarden Euro in die Instandhaltung und den Ausbau der österreichischen Übertragungs- und Verteilnetze investiert werden. 

Netznutzungsentgelt für Einspeiser prinzipiell zu befürworten

Jedenfalls seien Maßnahmen zur Dämpfung der Netzkosten sinnvoll, wie sie nicht zuletzt das kommende Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) enthalte, betonte Maderbacher. So sollten möglichst viele Nutzer zur Finanzierung der Netze herangezogen werden. Die von der Bundesregierung geplante Einführung eines Netznutzungsentgelts für die Einspeisung von Strom aus Windkraft- und PV-Anlagen sei daher prinzipiell zu befürworten. Ferner befürworten die Verteilnetzbetreiber laut Maderbacher die im ElWG vorgesehene Begrenzung der Einspeiseleistung von Windkraft- und PV-Anlagen („Spitzenkappung“). Er geht davon aus, dass diese zu etwa 80 Prozent die PV betreffen wird: „Technische Schwierigkeiten haben wir ja hauptsächlich dort, wo viel Strom aus PV-Anlagen eingespeist wird, der Strombedarf aber niedrig ist.“ Und die Verluste für die Anlagenbetreiber dürften sich laut Maderbacher in Grenzen halten: „Bei der PV wäre mit einer Reduktion der jährlichen Stromerzeugung um drei bis vier Prozent zu rechnen, bei der Windkraft mit noch weniger.“ 

Mit der zunehmenden Elektrifizierung der Energieversorgung dürfte sich das Problem der steigenden Netztarife allerdings ohnehin wieder entschärfen, ergänzte Maderbacher: „Wenn die durch das Netz transportierten Strommengen steigen, sinken tendenziell die Kosten pro kWh und damit letzten Endes die Tarife.“ Die öfters diskutierte Verlängerung der Abschreibedauern von Investitionen in die Netze würde Maderbacher zufolge kurzfristig zwar ebenfalls kostendämpfend wirken, wegen des finanziellen Mehraufwands auf längere Sicht aber keine Entlastungen bringen. 

Von der Redaktion auf den Wunsch mancher Netzbetreiber angesprochen, die ihnen gesetzlich vorgeschriebene Eigenkapitalquote von 40 Prozent zu verringern, konstatierte Maderbacher, dies sei durchaus diskussionswürdrig: „Man sollte in dieser Angelegenheit mehr Flexibilität ermöglichen.“ Eine hohe Eigenkapitalquote verbessere jedoch erfahrungsgemäß die Bonität von Unternehmen und erleichtere es diesen, Fremdkapital zu akquirieren. 

Am 3. Dezember präsentierte die Bundesregierung ihr seit Monaten angekündigtes „Entbürokratisierungspaket“. Dieses sieht unter anderem zügigere Genehmigungsverfahren vor. Auch soll die Errichtung von PV-Anlagen sowie E-Lade-Stationen keiner behördlichen Genehmigung mehr bedürfen. Von der Redaktion um Stellungnahme gebeten, beschied Maderbacher, manche der in dem Paket enthaltenen überwiegend sinnvollen Vorschläge seien ohnehin Teil im Werden befindlicher Rechtsnormen, vor allem des ElWG. Sie sollten daher „so schnell wie möglich kommen“.