Die Würzburger Stiftung Umweltenergierecht hat am 1. Dezember eine neue Studie veröffentlicht. Das Autorenteam untersucht darin, wie Deutschland und die Europäische Union energie- und klimapolitische Maßnahmen rechtlich so ausgestalten können, dass soziale Belastungen sinken. Der Bericht entstand gemeinsam mit Fachleuten der Universitäten Bremen und Potsdam. Im Fokus stehen das Europa-, Sozial- und Steuerrecht und zeigt laut den Beteiligten, welche Möglichkeiten der aktuelle Rechtsrahmen bietet und wo Weiterentwicklungen ansetzen können.
Die Europäische Union und Deutschland verfolgen das Ziel, bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu werden. Die dazu beschlossenen Maßnahmen wie die CO2-Bepreisung oder Vorgaben für erneuerbare Energien im Gebäudebereich führen zu höheren Energiekosten. Dies habe laut den Studienautorinnen und -autoren auch soziale und verteilungspolitische Debatten ausgelöst. Die Frage, wie sich Klimaschutz sozial gestalten lässt, rückt damit stärker in den Mittelpunkt.
Europarecht mit vielen AnsätzenIm Bereich Europarecht untersucht das Team um Ronja Busch und Markus Ehrmann von der Stiftung Umweltenergierecht insbesondere den Klima-Sozialfonds. Dieser Fonds entsteht zusammen mit dem Emissionshandelssystem 2 für Gebäude und Straßenverkehr und finanziert sich maßgeblich über dessen Einnahmen. Die Forschenden betonen, dass die Mitgliedstaaten zwar Bedingungen erfüllen müssen, aber weitgehend selbst entscheiden, wie sie die Mittel nutzen.
Busch und Ehrmann heben hervor, dass die EU nicht allein auf Ausgleichszahlungen setzt. Nach ihrer Analyse umfasst der unionsrechtliche Instrumentenmix auch Förderprogramme, Einnahmen aus Emissionshandelssystemen sowie planerische und regulatorische Vorgaben. Laut Busch stehen strukturelle Investitionen in Effizienz und klimafreundliche Technologien im Vordergrund, die langfristig Haushalten mit geringem Einkommen zugutekommen sollen.
Deutsches Sozialrecht ausreizenDas deutsche Sozialrecht steht im Beitrag von Pia Lange von der Universität Bremen im Mittelpunkt. Sie beschreibt, dass es im Bereich der Grundsicherung bereits Mechanismen gibt, die Energiekosten berücksichtigen – etwa durch direkte Übernahme der Heizkosten oder über Pauschalen in den Regelbedarfen. Auch beim Wohngeld existieren mit Heizungs- und Klimakomponente Ansätze zur Abfederung.
Lange sieht jedoch Defizite: Nach ihrer Einschätzung bilden die Sätze den tatsächlichen Bedarf vieler Haushalte nicht ausreichend ab und verursachen Fehlanreize. Sie plädiert dafür, sowohl die Leistungshöhen als auch die Vergabekriterien zu überarbeiten. Das oft diskutierte Klimageld könnte ihrer Einschätzung nach die Akzeptanz des CO2-Preises erhöhen. Sie hält jedoch Maßnahmen für zielgruppenspezifischer, die besonders belastete Personengruppen adressieren.
Steuerrecht kann wirkenIm steuerrechtlichen Teil prüfen Roland Ismer und Sophia Piotrowski von der Universität Potsdam, ob das Steuerrecht als Instrument des sozialen Ausgleichs dienen kann. Bestehende Elemente wie die zeitlich befristete Energiekostenpauschale zeigten, dass das Steuerrecht breite Spielräume biete. Es kann entweder selbst zur sozialen Abfederung eingesetzt werden, die Folgen anderer energie- oder klimapolitischer Belastungen mindern oder universelle Leistungen flankieren, indem diese progressiv besteuert werden.
Das Autorenteam entwickelt im Beitrag verschiedene Handlungsmöglichkeiten und schlägt Kriterien vor, um deren Wirkung zu bewerten. Insgesamt zeigt die Studie laut der Stiftung, dass sowohl europäische als auch nationale Regelwerke zahlreiche Ansatzpunkte für sozialen Ausgleich im Klimaschutz bieten. Die Autorinnen und Autoren sehen Spielräume für Anpassungen, um die Transformation für Haushalte mit geringem Einkommen tragfähiger zu gestalten.
Die
Studie „Abfederung der sozialen Belastungen energie- und klimapolitischer Maßnahmen“ steht als PDF zum Download bereit.