Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs fordert ein rasches Maßnahmenpaket, um steigende Energiekosten und Wettbewerbsnachteile auszugleichen.
Die chemische Industrie in Österreich warnt vor zunehmenden Belastungen durch hohe Energiepreise. Laut dem Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO), der Unternehmen des Sektors mit Sitz in Wien vertritt, verschärft sich die Situation durch den geplanten deutschen Industriestrompreis. Die Bundesregierung in Berlin will die Stromkosten für energieintensive Betriebe auf rund fünf Cent/kWh senken. Österreichische Unternehmen zahlen im Durchschnitt rund 17 Cent/kWh und geraten aus Sicht des FCIO zunehmend ins Hintertreffen.
Obmann Ulrich Wieltsch sieht eine deutliche Wettbewerbsverzerrung innerhalb Mitteleuropas. Er erklärt, deutsche Firmen würden durch die staatlichen Entlastungen geringere Energiekosten tragen und damit Vorteile bei Investitionen und Produktion erhalten. Österreich müsse nachziehen, sonst verliere die Branche weiterhin Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Investitionen. Wieltsch fordert ein umfassendes Maßnahmenpaket, das Stromkosten, Netzentgelte, Steuern und die CO2-Bepreisung umfasst.
Nationale Maßnahmen ungenügend
Das nationale Stromkosten-Ausgleichsgesetz (SAG) bewertet der FCIO als ersten Schritt. Der Umfang von insgesamt 150 Millionen Euro für zwei Jahre reicht nach Einschätzung der Branche jedoch nicht aus. Interne Berechnungen des Verbands zeigen, dass ein dem deutschen Modell ähnliches System einzelnen großen Chemieunternehmen jährliche Entlastungen zwischen 14 und 20 Millionen Euro bringen könnte. Der Verband fordert daher eine Ausweitung des SAG auf alle stromintensiven Chemiesektoren, die vollständige Nutzung der EU-rechtlich möglichen Kompensationshöhe sowie eine Verlängerung der Regelung bis 2030.
Zusätzlicher Handlungsbedarf ergibt sich aus Sicht der Branche bei der nationalen CO2-Bepreisung. Das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG) sieht Entlastungen für stark betroffene Unternehmen vor. Diese müssten laut Wieltsch auch für die Jahre 2026 und 2027 gesichert werden, um Planungssicherheit herzustellen.
EU muss ebenfalls handeln
Der Verband fordert zudem Anpassungen auf europäischer Ebene. Die CO2-Bepreisung im EU-Emissionshandel (ETS) solle Anreize für Klimaschutzmaßnahmen setzen. Aufgrund der aktuell hohen Energiepreise wirkten die Kosten jedoch zusätzlich belastend. Besonders das geplante Auslaufen der Gratiszertifikate führe zu erheblichen Mehrbelastungen. Wieltsch spricht sich dafür aus, diese Regelung zu verschieben, solange Unternehmen wegen hoher Energiekosten kaum Spielraum für Investitionen hätten.
Nach Angaben des FCIO fließen Einnahmen aus der Auktionierung von Emissionszertifikaten überwiegend in das allgemeine Budget. Der Verband fordert, diese Gelder gezielt in die Entwicklung klimafreundlicher Produktionstechnologien zu investieren. Wieltsch betont, die Industrie trage über den Emissionshandel erheblich zum Staatshaushalt bei und benötige im Gegenzug Unterstützung, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Wieltsch erklärt, die chemische Industrie sei ein zentraler Zulieferer für nahezu alle produzierenden Sektoren. Die Branche benötige daher einen verlässlichen Rahmen, um dauerhaft wirtschaftlich produzieren zu können und ihre Rolle innerhalb der industriellen Wertschöpfungskette zu sichern.