Das Akronym „NEST“ steht für „Netze. Effizient. Sicher. Transformiert“ − ein Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur, das die Grundlage für eine umfassende Reform der Anreizregulierung bilden soll. Diese soll künftig transparenter und unabhängiger funktionieren, durch zentrale methodische Vorgaben und einen neu strukturierten Effizienzvergleich. Zwei vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ausgewerteten Kurzgutachten befassen sich mit unterschiedlichen Aspekten dieser Reform.
Frontier Economics zur Abkehr vom Best-of-FourFrontier Economics analysiert die geplante Abkehr von der bisherigen Best‑of‑Four‑Abrechnung hin zu einem Mittelwertverfahren. In ihrem Kurzgutachten kommen die Autoren zu dem Schluss, dass diese Änderung die Effizienzwerte im Durchschnitt senkt. Daher treffe sie vor allem jene Netzbetreiber, die in den Ausbau und die Modernisierung ihrer Netzinfrastruktur investieren. Im Strombereich würden die Effizienzergebnisse laut Frontier um etwa 0,3
Prozentpunkte sinken, im Gasbereich um rund 0,6
Prozentpunkte. Zugleich würde sich die Zahl der Unternehmen, die als vollständig effizient gelten, verringern.
Laut Frontier Economics beschleunigt die geplante Reform die Verschärfung des Effizienzdrucks. Während das bisherige Verfahren stets den günstigsten Effizienzwert heranzog, fließen künftig auch ungünstigere Werte stärker in die Berechnung ein. Die Untersuchung betont, dass dies besonders zu Beginn größerer Investitionszyklen Auswirkungen habe, da dann höhere Kapitalkosten anfallen. Für Gasnetzbetreiber würde sich diese Entwicklung zusätzlich verschärfen, da die verkürzten Abschreibungsregeln aus „KANU 2.0“ Kapitaldienst und Kostenniveau erhöhen.
„KANU“ steht für Kapitalkostenanpassung. „KANU 2.0“ bezeichnet das Festlegungsverfahren der Bundesnetzagentur, das Gasnetzbetreibern aufgrund der geplanten Dekarbonisierung bis 2045 verkürzte und flexiblere Abschreibungsregeln ermöglicht.
Swiss Economics zum größeren Pool an NetzbetreibernDas zweite Kurzgutachten von Swiss Economics untersucht, ob eine größere Zahl an Netzbetreibern den Effizienzvergleich verzerren könnte. Hintergrund ist die geplante Änderung der Zugangskriterien, wodurch Betreiber aus dem bisherigen „Vereinfachten Verfahren“ künftig in die reguläre Effizienzanalyse wechseln. Zur Erklärung: Das „Vereinfachte Verfahren“ erlaubt kleineren Netzbetreibern bislang eine Teilnahme an der Anreizregulierung ohne Effizienzvergleich, da sie nur reduzierte Daten liefern müssen und nicht im vollständigen Benchmarking geführt werden.
Swiss Economics räumt zwar ein, dass zusätzliche Teilnehmer die Vergleichsgruppe verändern. Die Gutachter betonen jedoch, dass eine größere Datenbasis methodisch vorteilhaft sei, da sie statistische Stabilität schafft und Verzerrungen reduziert. Entscheidend sei, dass die strukturelle Vergleichbarkeit der Unternehmen gewährleistet bleibe.
Laut Swiss Economics ist die von Teilen der Branche befürchtete „Sogwirkung“ – die Absenkung der Effizienzwerte durch neue Betreiber – theoretisch ableitbar, aber empirisch nicht quantifizierbar. Die Gutachter kritisieren zudem die Daten, die der Branche für eigene Berechnungen dienten: Wichtige Parameter seien unvollständig, nicht validiert oder nicht mit den Daten der Bundesnetzagentur vergleichbar. Eine belastbare Bewertung des Einflusses zusätzlicher Netzbetreiber sei daher derzeit nicht möglich.
Der BDEW verweist darauf, dass beide Gutachten zentrale Kritikpunkte der Branche stützen. Sowohl die methodischen Änderungen im Effizienzvergleich als auch die derzeitigen Entwürfe zur Kapitalverzinsung und zum Produktivitätsfaktor Xgen könnten Investitionen erschweren. Der Verband fordert die Bundesnetzagentur daher auf, die geplanten Festlegungen erneut zu prüfen. Die Auswirkungen von „NEST“ auf die Leistungs‑ und Investitionsfähigkeit der Netzbetreiber soll umfassend bewertet werden.
Das 24-seitige Kurzgutachten
„Evaluation der Bestabrechnung bei unterschiedlichen Kostenarten“ von Frontier Economics ist über die Internetseite der Bundesnetzagentur downloadbar. Ebenso die 13 Seiten des Kurzgutachtens
„Einfluss neuer Netzbetreiber im Effizienzvergleich“ von Swiss Economics.