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Heidi Roider
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Donnerstag, 20.11.2025, 13:20 Uhr
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DIW drängt auf Umbau von ETS und Grenzausgleich
Damit Europa seine Industrie klimaneutral umbauen und wettbewerbsfähig bleiben kann, müssen Laut DIW der EU-Emissionshandel (ETS) sowie der CO2-Grenzausgleich (CBAM) reformiert werden. 
Die europäische Grundstoffindustrie steht vor einem Problem: Konventionelle Verfahren erreichen die Klimaziele nicht, klimaneutrale Technologien rechnen sich in vielen Segmenten noch nicht. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) fordert daher eine Reform von EU-Emissionshandel und CO2-Grenzausgleich und veröffentliche dazu eine Studie. 

„Derzeit gibt es keine ausreichenden Anreize, in klimaneutrale Produktionsprozesse zu investieren, weil bestehende CO2-Preisunterschiede nicht vollständig ausgeglichen werden“, so Studienautorin Fernanda Ballesteros aus der Abteilung Klimapolitik. „Wir brauchen aber dringend einen verlässlichen Investitionsrahmen für nachhaltige Technologien, um Europa als Industriestandort zu stärken.“

​Zu viele Schlupflöcher im System

Seit 2005 gibt es den EU-Emissionshandel. Um Carbon Leakage – also eine Verlagerung von Produktion und Emissionen in Länder mit geringeren Klimaschutzauflagen – zu verhindern, erhalten energieintensive Industrien bislang kostenlose CO2-Zertifikate. Dieser Ansatz reduziert laut dem DIW zwar Wettbewerbsrisiken, verlangsamt aber zugleich Investitionen in klimaneutrale Verfahren.

Der CO2-Grenzausgleich (CBAM) soll diesen Mechanismus schrittweise ablösen und Importe aus Ländern ohne vergleichbare CO2-Bepreisung belasten. Laut den Ergebnissen der DIW-Studie gibt es jedoch mehrere Lücken: Viele weiterverarbeitende Industrien fallen nicht unter den Mechanismus, Exporterstattungen fehlen und das Risiko von Resource Shuffling bleibt bestehen. Damit ist die gezielte Umlenkung emissionsarmer Produkte in die EU gemeint, während emissionsintensive Produkte auf anderen Märkten verkauft werden.

Die DIW-Forschenden schlagen daher vor, eine bereits 2021 von der EU-Kommission erwogene Ausgestaltung des Grenzausgleichs anzuwenden, bis sich die CO2-Preise weltweit angeglichen haben. Kern ist eine Clean Industry Contribution, die parallel zur Zuteilung kostenfreier Zertifikate eingeführt wird. Sie gilt für CO2-intensive Grundstoffe wie Stahl, Zement, Aluminium und Chemikalien – unabhängig vom Produktionsort. Grundlage sollte ein fester CO2-Wert je Tonne Material bilden, der sich an den Emissionen konventioneller Verfahren orientiert.
 
 
Dazu würde in den EU- Emissionshandel parallel zur kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten eine sogenannte Clean Industry Contribution (CIC) integriert. Dieser „Beitrag“ würde auf CO2-intensive Materialien wie Stahl, Zement, Aluminium und Chemikalien erhoben – unabhängig davon, ob sie in der EU oder im Ausland hergestellt werden. Für jede Tonne Material würde ein fester, standardisierter CO2-Wert zugrunde gelegt, der sich an den Emissionen der Produktion des Grundstoffes mit konventioneller Technologie orientiert.

„Die bisherige kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten verhindert Anreize zur Verlagerung, aber zugleich auch Anreize zur Emissionsminderung“, erläutert Studienautor Karsten Neuhoff, Leiter der Abteilung Klimapolitik. Die Clean Industry Contribution würde dafür sorgen, so Neuhoff, dass die Klimakosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette in den Produktpreisen sichtbar würden. Zugleich bliebe die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Importen erhalten, da die Clean Energy Contribution auf Importe von Grundstoffen und auch auf Produkte erhoben wird, die solche Grundstoffe enthalten.

Beim Export aus der EU wird die Clean Industry Contribution erlassen, so dass keine einseitige Kostenbelastung für EU-Firmen gegenüber Unternehmen aus Drittstaaten entsteht. Anders als der bisherige Grenzausgleich, der auf produktspezifischen, also tatsächlichen Emissionswerten basiert, erlauben einheitliche Standardwerte einen Erlass beim Export, der konform mit den Regelungen der Welthandelsorganisation ist. Gleichzeitig sinkt der Verwaltungsaufwand, weil keine produktspezifischen Emissionswerte erhoben werden müssen.

Einnahmeneffekte und Förderpotenziale

Neben fairen Wettbewerbsbedingungen entstehen mit der Reform auch Erlöse aus der CO2-Bepreisung. Die DIW-Berechnungen veranschlagen ein Einnahmepotenzial von rund 50 Milliardem Euro pro Jahr in der EU. Diese Mittel könnten über Klimaschutzverträge in neue Produktionsprozesse fließen. Darüber hinaus entstehen Spielräume für weitere nationale und internationale Klimaschutzprojekte. 

Die Studie mit dem Titel „Reform des CO2-Grenzausgleichs ist entscheiden für wettbewerbsfähige Industrie“ ist auf der Seite des DIW als PDF verfügbar.