E&M Home > E&M Marktplatz > E&M Nachrichten
Quelle: Pixabay / NakNakNak / E&M
Tom Weingärtner
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 20.11.2025, 14:22 Uhr
Inside EU Energie
E&M News
Energiebesteuerung bleibt Projekt ohne Aussicht auf Erfolg
Unser Brüsseler Korrespondent Tom Weingärtner kommentiert in seiner Kolumne „Inside EU Energie“ energiepolitische Themen aus dem EU-Parlament, der EU-Kommission und den Verbänden.

Stephanie Lose und ihr Team bekamen Komplimente von allen Seiten. Die dänische Finanzministerin habe nichts unversucht gelassen, um den Streit über die Energiebesteuerung nach mehr als vier Jahren beizulegen. Einig waren sich die Finanzminister der EU in der letzten Woche darüber, dass die inzwischen 22 Jahre alten Vorschriften zur Besteuerung von Energieprodukten reformbedürftig sind.

Die Kommission hatte deswegen bereits im Juli 2021 eine neue Richtlinie vorgeschlagen. Damals im Rahmen des europäischen Klimapaktes („European Green Deal“ – EGD). Die Reform der Energiebesteuerung sollte einen Beitrag dazu leisten, dass die EU die anspruchsvollen Klimaziele, die im Rahmen des EGD vereinbart worden waren, auch erreicht. Das ist jetzt nicht mehr so wichtig. Mehr als ums Klima sorgt man sich in Brüssel inzwischen um eine sichere Gasversorgung, um den Schutz der EU vor Drohnen und Raketen aus Russland oder um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie.

Dazu passen die vier Jahre alten Vorschläge der Kommission nur noch bedingt. Sie zielen darauf ab, fossile Energieträger teurer und Strom als emissionsfreie Verheißung günstiger zu machen. Die Höhe der Steuersätze soll sich strikt nach dem Energiegehalt richten und sie soll regelmäßig an die Inflation angepasst werden.

Die Richtlinie würde zwar weiter nur Mindestsätze festlegen, sodass die Mitgliedsstaaten deutlich höhere Steuern erheben könnten. Sie müssten aber die von Brüssel festgelegte Reihenfolge einhalten. Das würde insbesondere bedeuten, dass Diesel höher besteuert werden müsste als Benzin, weil in einem Liter Diesel mehr Joules enthalten sind als in einem Liter Benzin. Kerosin für Flugzeuge und Bunkeröl für die Schifffahrt sollen in Zukunft ebenfalls besteuert werden.

Interessenkonflikte nicht beigelegt

Weniger Steuern als bisher könnten die Mitgliedsstaaten auf Strom erheben. Der Abstand zwischen der Besteuerung von Kraftstoffen (min. 10,75 Euro/GJ) und Strom (min. 0,15 Euro/GJ) würde größer werden. Auch Gas zum heizen (min. 0,60 Euro/GJ) würde nach dem Vorschlag der Kommission in jedem Fall höher besteuert als Strom für die Wärmepumpe oder Wasserstoff (min. 0,15 Euro/GJ). In Brüssel will man auch nicht mehr akzeptieren, dass zahlreiche Industriebetriebe keine oder nur sehr geringe Energiesteuern bezahlen.

Besonders gegen den letzten Vorschlag gab es von Anfang an großen Widerstand, der angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung noch größer geworden ist. Die dänische Ratspräsidentschaft hatte deswegen letzte Woche einen Kompromiss vorgelegt, der es den Mitgliedsstaaten auch künftig ermöglicht, bestimmte Industriebranchen von der Energiebesteuerung auszunehmen.

In der Diskussion über den dänischen Kompromissvorschlag wurde indes schnell deutlich, dass damit die Interessenkonflikte nicht beigelegt werden können. Die meisten Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland und Frankreich aber auch die baltischen Staaten, hätten gerne stärker an der ursprünglichen Orientierung der Kommission festgehalten. Sie wären trotzdem bereit gewesen, den Kompromiss zu unterstützen nach dem Motto: „besser als der status quo“.

Damit wollen sich Länder wie Österreich oder Finnland aber nicht zufriedengeben. Sie lehnen die Verwässerung des Textes mit Rücksicht auf fossile Energieträger ab. Noch größer ist der Widerstand der Staaten, denen die ganze Richtung nicht passt. Vor allem Polen hält zusätzliche Belastungen des Energieverbrauchs für das falsche Signal. Höhere Energiesteuern seien Gift für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und überforderten die privaten Verbraucher. Die müssten bereits die Kosten aus dem Emissionshandel verkraften. Die EU sollte erst abwarten, sagte der polnische Vertreter, welche Folgen alle anderen klimapolitischen Maßnahmen hätten, die in den letzten Jahren beschlossen wurden.

Keine Prognose über das Schicksal der Energiebesteuerung
 

So weit würden Italien oder Schweden nicht gehen. Aber auch dort sieht man angesichts der weiterhin hohen Energiepreise keine Notwendigkeit, Energie noch teurer zu machen. Selbst die Kommission zweifelt inzwischen. Energiekommissar Jörgensen lässt keine Gelegenheit aus, den Mitgliedsstaaten eine Senkung der Energiesteuern zu empfehlen, um die Unternehmen bei den Energiekosten zu entlasten.

Klimakommissar Hoekstra rief die Finanzminister dennoch auf, dem dänischen Kompromiss zuzustimmen. Er werde den klimapolitischen Ansprüchen ebenso gerecht wie den energiepolitischen Erfordernissen und den fiskalischen Notwendigkeiten. Wenig Verständnis zeigte Hoekstra dafür, dass die Indexierung der Steuersätze im Ministerrat auf breite Ablehnung stößt.

Die Vorsitzende wagte nach der Debatte keine Prognose über das weitere Schicksal der Energiesteuerrichtlinie, die nur einstimmig geändert werden könnte. Es sei offensichtlich, dass Zugeständnisse, die Zustimmung auf der einen Seite möglich machten, die Ablehnung auf der anderen Seite nur noch verstärken würde.
 
Tom Weingärtner
Quelle: E&M