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Manfred Fischer
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Montag, 17.11.2025, 17:12 Uhr
Regulierung
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Länder zeigen der Netzagentur bei NEST kalte Schulter
Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden liegen bei den neuen Grundregeln zur Netzregulierung überquer. Nach der jüngsten Ausschusssitzung wartet man in Bonn nun auf Post.
Die Bundesnetzagentur ist Kritik und Verbesserungsvorschläge aus der Energiewirtschaft gewohnt. Dass sie mit Entwürfen für neue Regularien bei den eigenen Kollegen in den Bundesländern abblitzt, gehört nicht zur Routine. So geschehen am 13. November, als die finalen Entwürfe der Bonner Behörde zu „Regulierungsrahmen und Methode der Anreizregulierung“ (RAMEN) für Strom und Gas sowie zur Strom- und Gasnetzentgeltfestlegung (StromNEF, GasNEF) im Länderausschuss der Netzagentur zur Sprache kamen. Die Entwürfe reichen zurück auf das Eckpunktepapier „Netze. Effizient. Sicher. Transformiert“ − kurz NEST.

Wie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) erfahren hat, verweigerte das Gremium „sein Benehmen zu den Entwürfen“. Woran sich die Kollegen der Landesregulierung konkret gestoßen haben, bleibt Verschlusssache. „Die Ergebnisse aus den Sitzungen des Länderausschusses sind vertraulich“, teilt eine Sprecherin der Bundesnetzagentur auf Anfrage der Redaktion mit.

Erneute Prüfung?

Die Frage, ob man die im Länderausschuss kritisierten Punkte erneut prüfe und gegebenenfalls der Kritik Rechnung tragen werde, lässt die Behörde offen. Zumindest der letzte Federstrich ist noch nicht getan: „Wir warten aktuell auf die schriftlichen Ausführungen der Landesregulierungsbehörden“, so die Sprecherin.

Auch auf Landesebene hält man sich bedeckt. „Die Ergebnisse aus den Sitzungen des Länderausschusses sind vertraulich. Wir können daher dazu leider keine Auskünfte erteilen“, unterstreicht eine Sprecherin des zuständigen Umweltministeriums in Baden-Württemberg.

Klartext kommt vom VKU. „Wir werten das Ausbleiben eines gemeinsamen Benehmens im Länderausschuss beim NEST-Verfahren der Bundesnetzagentur als Bestätigung unserer Kritik“, wird Ingbert Liebing in einer Mitteilung zitiert. Der VKU-Hauptgeschäftsführer spricht von einem politischen Warnschuss an die Bundesnetzagentur. „Obwohl keine formale Zustimmung im Länderausschuss erforderlich ist, hat dies Signalwirkung: Die Entwürfe der Bundesnetzagentur treffen auf breite Kritik“.

Verband hofft auf „ausstehende Entscheidungen“

Nach Einschätzung des Verbands drohen die neuen Regeln, Netzbetreibern wichtige Finanzierungsspielräume für den dringend erforderlichen Netzausbau zu entziehen, zusätzliche Bürokratie und regulatorische Unsicherheiten zu schaffen. „Die Bundesnetzagentur sollte dies ernst nehmen und bei den noch ausstehenden Entscheidungen, insbesondere zur Eigenkapitalverzinsung, die notwendige Stärkung der Investitionskraft von Netzbetreibern vornehmen“, so Liebing.

Der VKU erkennt im Vergleich zum Konsultationsentwurf Verbesserungen. Insgesamt sei die Bundesnetzagentur „aber weit hinter ihren Möglichkeiten geblieben“. Kritik übt der Stadtwerke-Verband etwa daran, dass der Bonner Regulierer Ausbildungskosten und Betriebs-Kitas künftig nicht mehr als sogenannte dauerhafte und nicht beeinflussbare Kosten anerkennen will. „Manche Ausgaben, wie etwa Lohnzusatzleistungen oder Betriebskindertagesstätten, erfüllen wichtige gesellschaftliche Funktionen und sollten deshalb nicht dem reinen Effizienzdruck unterliegen“, so der Verbandschef.

Die Pikanterie des Vorgangs

Der Vorgang, dass weisungsgebundene (Landes-)Ministerien Festlegungsverfahren des unabhängigen nationalen Regulierers bremsen und Lobbygruppen womöglich über diesen Umweg mehr herausholen können als direkt mit der Netzagentur, das ist europarechtlich pikant. Einen großen Teil der NEST-Reform gibt es überhaupt nur, weil Deutschland ein vier Jahre altes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) umsetzen muss, die Netzagentur mit mehr Unabhängigkeit vom Bundeswirtschaftsministerium zu organisieren. So wird etwa die Netzentgelt-Systematik in Verordnungen (StromNEV, GasNEV) festgelegt. Eine ministerielle Verordnung darf aber nicht die Entscheidungshoheit des Regulierers einengen.