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Die Referenzfabrik H2 verfügt über zwei Elektronenstrahlanlagen. Quelle: Fraunhofer IWU
Davina Spohn
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Freitag, 14.11.2025, 11:50 Uhr
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Fraunhofer bündelt Produktion für Wasserstofftechnik
Die „Referenzfabrik H2“ bündelt in Chemnitz die Produktion von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen. Fraunhofer will damit die industrielle Fertigung ermöglichen.
Mit der Referenzfabrik H2 eröffnet das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU eine Anlage, die vollständige Produktions- und Prüfprozesse für Elektrolyseure und Brennstoffzellen abbildet. Alle relevanten Prozesse für Materialien, Komponenten, Module und komplette Stacks sind darin integriert. Die Referenzfabrik führt die technologischen Bausteine zusammen, die zuvor in den Projekten „H2GO“ und „FRHY“ entstanden sind, wie das Fraunhofer-Institut in einer Mitteilung vom 13. November betont. H2GO bündelt Arbeiten zur Fertigung von Brennstoffzellen. FRHY entwickelt dagegen Produktionsprozesse für Elektrolyseure.

Die Zusammenführung aller relevanten Prozesse soll es ermöglichen, fertigungstechnische Abläufe durchgängig abzubilden und technische Abhängigkeiten sichtbar zu machen, heißt es weiter. Das solle die Grundlage dafür bilden, um Produktionsprozesse für Brennstoffzellen und Elektrolyseure künftig skalierbar zu entwickeln und in industrietaugliche Abläufe zu überführen. Bislang laufen die Produktionsprozesse zum Teil noch händisch ab.

Für zentrale Komponenten wie Bipolarplatten etwa nutzt die Referenzfabrik das Rolle‑zu‑Rolle‑Verfahren. Diese Technik arbeitet laut Fraunhofer IWU mit Hohlprägewalzen, die gegenüber Presswerkzeugen deutlich geringere Prozesskräfte benötigen. Dadurch würden kleinere und kostengünstigere Maschinenkonzepte möglich. Bipolarplatten werden laut Fraunhofer IWU in der Produktion sowohl von Elektrolyseuren als auch von Brennstoffzellen benötigt. Sie leiten den elektrischen Strom weiter und übernehmen die Verteilung der Prozessgase.

Kontinuierlicher Montagefluss

Ein weiterer Bestandteil der Fertigung ist das Elektronenstrahlschweißen unter Vakuumbedingungen. Die Elektronen bewegen sich laut der Wissenschaftler mit bis zu zwei Dritteln der Lichtgeschwindigkeit. Sie machen die gleichzeitige Bearbeitung mehrerer Fügestellen möglich − sprich: der Punkte, an denen zwei Bauteile fest miteinander verbunden werden. Da durch das Vakuum äußere Einflüsse wie Luftdruck oder Luftfeuchtigkeit entfallen, entstehe eine gleichbleibende Qualität, die besonders für Wirkungsgrad und Betriebssicherheit der Systeme relevant ist. Geprüfte Schweißnähte sollen zudem dabei helfen, Produktionskosten zu senken.

Zusätzlich verfügt die Referenzfabrik über eine automatisierte Stacking‑Linie. Dort werden Einzelbauteile wie Bipolarplatten, poröse Transportschichten und katalysierte Membranen ohne parallele Prozessschritte montiert. Das Fraunhofer IWU erklärt, dass die Komponenten auf dem Band vorgefertigt in die Anlage gelangen und so ein kontinuierlicher Montagefluss entsteht.
 
Die Stacking-Anlage der „Referenzfabrik.H2“: Hubeinheit für Brennstoffzellenstapel (orange), Werkstückträger mit Führungen (Mitte), Transfersystem, Greifer mit Fließsauger, Abstreifer und zwei Kameras zur Lagekorrektur
Quelle: Fraunhofer IWU

Übergeordnetes Ziel: „Auf 20 in 27“

Das IWU nennt als übergeordnetes Ziel das Vorhaben „Auf 20 in 27“. Damit beschreibt das Institut die Absicht, die Herstellkosten von Brennstoffzellen und Elektrolyseuren bis 2027 auf 20 Prozent des Niveaus von 2024 zu senken. Die Einrichtung der Produktionsumgebung in der Referenzfabrik sieht das Institut als Grundlage, um diese Kostenpfade künftig transparent und technisch belastbar darzustellen.

Die Referenzfabrik ist Teil des Forschungsfabrik‑Standorts des IWU in Chemnitz, an dem mehrere Fraunhofer‑Institute und Industriepartner beteiligt sind. Laut Mitteilung soll dieser Verbund entlang der gesamten Wertschöpfungskette Lösungen zur Fertigung von Wasserstofftechnologien entwickeln.

In der neuen Fertigungsumgebung sehen die Wissenschaftler für Energieversorger und insbesondere Stadtwerke eine potenzielle Perspektive. Sobald Verfahren und Kostenstrukturen belastbar vorliegen, könnten Unternehmen besser einschätzen, welche Anwendungen sich wirtschaftlich in ihre Wasserstoffprojekte integrieren lassen. Das Fraunhofer IWU betont, dass nun die Phase beginnt, in der sich unter realen Produktionsbedingungen zeigen muss, wie gut sich technische Verbesserungen und Kostenziele erreichen lassen.