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Klaus Fischer
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Montag, 05.06.2023, 13:19 Uhr
Strom
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Verbund plant Preisreduktion
Von rund 24 Cent/kWh sollen die Preise für Bestandskunden noch im Juni auf unter 20 Cent sinken, bekundet Generaldirektor Michael Strugl. Politische Eingriffe hält er für unnötig.
Der Verbund, Österreichs größter Stromkonzern, senkt voraussichtlich noch im Juni die Nettopreise für Bestandskunden im Haushaltssektor von derzeit rund 24 Cent/kWh auf unter 20 Cent und somit um rund 17 Prozent. Das kündigte Generaldirektor Michael Strugl am Wochenende im Österreichischen Rundfunk an.

Erst im März hatte der Verbund eine Preiserhöhung auf 23,9 Cent/kWh vorgenommen. Strugl, der auch Präsident des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie ist, betonte, die Branche verringere die Preise für die Endkunden schneller als die Politik behaupte. In letzter Zeit hatten Vertreter der regierenden Koalition aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen mehrfach Kritik an der E-Wirtschaft geübt.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) drohte mit Eingriffen, wenn die Endkundenpreise nicht reduziert würden. Konsumentenschutzminister Johannes Rauch (Grüne) beschuldigte die Branche, Preiserhöhungen im Großhandel sehr rasch weiterzugeben, Preissenkungen dagegen zögerlich. Laut Strugl ist dies falsch: Der Verbund kauft den Strom für die Endkunden mit relativ großer Vorlaufzeit ein. Ähnlich agieren andere Stromversorger. Dies führte Strugl zufolge dazu, dass sich Preissteigerungen im Großhandel im vergangenen Jahr vergleichsweise spät bei den Kosten für die Endkunden niederschlugen. Mit entsprechender Verzögerung wirkten sich nun auch die seit etwa Anfang 2023 wieder sinkenden Großhandelspreise bei den Endkunden aus.

Anders als die Politik behauptet, spielen die Strompreise bei der Inflation laut Strugl nur mehr eine untergeordnete Rolle. Ihr Anteil an der Teuerung sei im April bei rund 0,9 Prozent gelegen, verglichen mit etwa einem Drittel im Herbst 2022. Der Verbund selbst werde im Stromvertrieb heuer voraussichtlich einen Verlust von rund 365 Millionen Euro erwirtschaften. „Es gibt eine Teuerung bei den Preisen für elektrische Energie. Aber für uns ist das kein Körberlgeld (österreichischer Ausdruck für Zubrot, Anmerkung d. Red.)“, stellte Strugl fest.

Drohgebärden kaum nützlich

Der Verbund-Chef ergänzte, „Drohgebärden“ seitens der Politik brächten wenig Nutzen: „Wir sind eine Aktiengesellschaft und können nicht auf Zuruf der Politik Entscheidungen treffen.“ Ohnehin kämen die Energieunternehmen den Kunden entgegen wo immer möglich. Der Verbund etwa habe vor Monaten einen mit 10 Millionen Euro dotierten Härtefallfonds eingerichtet.

Empfehlenswert wäre laut Strugl, mithilfe der „Übergewinnabschöpfungen“ bei der Energiewirtschaft Sozialtarife für die Strom- und Gaskunden zu finanzieren. „Energisch“ widersprach Strugl der Behauptung, die Stromkonzerne nutzten den staatlichen Stromkostenzuschuss, um selbst ihre Preise nicht zu senken oder diese sogar zu erhöhen. „Natürlich kenne ich die Kalkulationen der anderen Unternehmen nicht. Aber wir als Verbund kalkulieren aufgrund der Preise, die wir für die Strombeschaffung bezahlen.“ Der Stromkostenzuschuss habe darauf keinerlei Einfluss.

Zu Gerüchten, die Regierung wolle sogenannte „Übergewinne“ der E-Wirtschaft künftig ab einem Großhandelspreis von 90 Euro/MWh abschöpfen, beschied Strugl, dies müsse die Branche gegebenfalls zur Kenntnis nehmen. Allerdings sei es notwendig, in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen in die Energiewende zu tätigen. Bis 2030 rechne die E-Wirtschaft mit insgesamt rund 50 bis 60 Milliarden Euro. Schöpfe die Politik von den Gewinnen mehr ab, bleibe entsprechend weniger für die Investitionen.

Am 25. Mai hatte das Parlament beschlossen, die Abschöpfung der „Übergewinne“ der Stromversorger zu verschärfen. Mit 1. Juni wurde wurde die Obergrenze für die zulässigen Markterlöse von Stromerzeugern von 140 auf 120 Euro/MWh gesenkt. Von den darüber liegenden Erträgen gehen 90 Prozent an das Finanzministerium. Investitionen in erneuerbare Energien sowie Energieeffizienmaßnahmen können unter noch zu klärenden Bedingungen abgesetzt werden.