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Quelle: E&M
Günter Drewnitzky
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Montag, 05.06.2023, 09:43 Uhr
Aus Der Aktuellen Zeitung
E&M News
"Für diesen Winter ist alles willkommen, was geht"
Mit der Gasversorgung im kommenden Winter hat sich der Speicherverband „INES“ beschäftigt. Auch die Füllstandsvorgaben und die Mittel, wie sie erreicht werden sollen, sind Thema.
Die positive Nachricht, mit der Sebastian Bleschke, Geschäftsführer von Ines (Initiative Energien Speichern), bei seinem regelmäßigen Update zu den Speicherständen und Gasverbräuchen in Deutschland und Europa aufwarten konnte: Die Ausspeicherungen hielten sich in den vergangenen Monaten wegen des milden Wetters in Grenzen und lagen unter den erwarteten Werten. Das hat zur Folge, dass die Einspeicherphase im April bei historisch bemerkenswerten 64 Prozent starten konnte.

Vor einem Jahr waren es gerade mal 26 Prozent. Und nachdem man es sogar aus dieser Situation heraus geschafft hatte, mit vollen Speichern in den Winter 2022/2023 zu gehen, dürfte das für die bevorstehende kalte Jahreszeit erst recht kein Problem sein: Schon für Ende August rechnet Ines mit 100 Prozent. Diese könnten bis Ende Oktober gehalten werden. Dann geht es aber steil bergab mit der Kurve. Die für Ende Januar gesetzlich vorgeschriebenen 40 Prozent würden sich auch bei normal kalten Temperaturen nur schwer halten lassen und im März und April wären die unterirdischen Lager nur noch bei 5 Prozent.

Im Extremfall schon im Januar leer

Noch schlechter sieht es aus für den Fall, dass es extrem kalt wird: Dann müssten die Speicher schon im Januar vollständig geleert werden. Der Gasmangel würde sich auf 12 bis 18 Milliarden kWh belaufen und könnte an manchen Tagen bis zu 40 Prozent des Verbrauchs ausmachen.

Auswirkungen wird das dann nach Einschätzung von Ines vor allem für die Industrie haben: Eskalierende Preise zwänge sie zum Zurückfahren des Verbrauchs. „Die Wärmeversorgung der Haushalte ist gewährleistet und nicht in Gefahr“, erklärte Bleschke. Ein Gasmangel sei also vor allem ein volkswirtschaftliches Risiko.
Unterdessen will die Bundesregierung das Gesetz, das Vorgaben zu den Füllständen der Gasspeicher macht, um zwei Jahre verlängern. Es hätte am 1. April 2025 auslaufen sollen.

Dafür, die vorgeschriebenen Werte von 85 Prozent am 1. Oktober und 95 Prozent am 1. November zu erreichen, sind zunächst die Speicherbetreiber zuständig. Für den Fall, dass das nicht gelingt, hat die Politik den Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) mit Instrumenten ausgestattet, die es ihm ermöglichen, selbst einzugreifen und die Speicher zu befüllen. Dazu wurde die Möglichkeit geschaffen, sogenannte SSBO-Ausschreibungen vorzunehmen. Mit diesen Strategic Storage-Based Options, bei denen es um verpflichtende Einspeicherzusagen geht, sollte im vergangenen Jahr die Gasversorgung mit staatlicher Förderung auch nach dem russischen Lieferstopp sichergestellt werden.

Für die erneute Befüllung der Gasspeicher vor dem nächsten Winter empfiehlt Ines allerdings, das dreistufige Ausschreibungsverfahren weiterzuentwickeln. Dazu sollten:
  • die initialen Ausschreibungen (zu Beginn des Speicherjahres) von Gas-Optionen (Stufe 1) auf die Schaffung einer Gasreserve für Industriekunden begrenzt werden,
  • die Sonderausschreibungen (während des Speicherjahres) von Gas-Optionen (Stufe 2) zu regelmäßigen Ausschreibungen weiterentwickelt und so verstärkt genutzt werden und
  • die Speicherbefüllungen durch THE selbst nur als „Ultima Ratio“ verbleiben.
Um kostengünstige Angebote im Rahmen der Ausschreibungen von Gas-Optionen der Stufe 2 sicherzustellen, sollte darüber hinaus das Ausschreibungsdesign optimiert werden. Der Ines-Vorschlag favorisiert dabei ein Design, das regelmäßige Ausschreibungen im Rahmen eines Auktionskalenders vorsieht, einen breiten Kreis an Ausschreibungsteilnehmern zulässt und die Anreize zur Speicherbefüllung in Abhängigkeit der tatsächlichen Marktsituation dynamisiert.

Ines-Geschäftsführer Sebastian Bleschke erklärte zu den Vorschlägen: „Mit der vorgelegten Evaluation wollen wir den politischen Entscheidungsträgern Lösungen anbieten, die ein gesichertes, aber zeitgleich kosteneffizientes Erreichen der Füllstandsvorgaben vor dem nächsten Winter ermöglichen. Eine Weiterentwicklung des Instrumentariums zur Sicherstellung der Gasversorgungssicherheit kann dazu beitragen, aus dem Krisenmodus herauszukommen.“

Im Jahr 2022 waren durch THE knapp 50 Milliarden kWh beschafft und in verschiedenen Speichern eingelagert worden. Bis zum 31. März 2023 sind davon knapp 12,5 Milliarden kWh verkauft worden. Die restlichen Mengen würden in Abstimmung mit den Behörden weiterhin in den Speichern Rehden (Niedersachsen), Katharina (Sachsen-Anhalt) und Wolfersberg (Bayern) belassen, heißt es seitens THE.

Neue LNG-Terminals kommen Ende des Jahres

Bis Ende Dezember sollen weitere LNG-Terminals in Stade, Wilhelmshaven und Lubmin in Betrieb gehen und neben den bereits laufenden in Wilhelmshaven, Lubmin und Brunsbüttel mehr Flüssigerdgas-Importmöglichkeiten erschließen. „Der Blick auf den kommenden Winter zeigt, dass die Gasversorgungssicherheit in Deutschland noch nicht wiederhergestellt ist“, betonte Bleschke.
Die LNG-Kapazitäten, die in Deutschland erforderlich sind, um die Gasversorgung im EU-Binnenmarkt abzusichern, beziffert Ines mit 550 Milliarden kWh. Die Pläne des Wirtschaftsministeriums sehen bis 2030 einen Aufbau bis 600 Milliarden kWh vor. Das sei mehr als ausreichend, so Bleschke, zumal man ja auch mit rückläufigen Verbräuchen rechnen müsse. Es gelte, die Entwicklung zu beobachten. Der Ines-Geschäftsführer legte aber Wert darauf, dass es hier um die mittelfristige Planung geht, während die aktuell zur Verfügung stehenden Kapazitäten noch knapp sind: „Für diesen Winter ist alles willkommen, was geht.“

 
Die Speicher lassen sich auch vor diesem Winter problemlos füllen. Trotzdem droht bei sehr niedrigen Temperaturen im ersten Quartal 2024 eine Gasmangellage
Quelle: Ines