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Energie & Management > Wärme - Mammutprojekt im bayerischen Bad Tölz auf dem Weg
Spatenstich mit Walter Huber (7. v. l.) und Andreas Rösch (3. v. r.). Quelle: Stadtwerke Bad Tölz
Wärme

Mammutprojekt im bayerischen Bad Tölz auf dem Weg

Bei der Wärmeplanung sehen die Stadtwerke Bad Tölz sich gegenüber anderen Kommunen „um Jahre voraus“. Grund ist die kommende Wärme-Energie-Zentrale mit 75 Prozent Erneuerbarem-Anteil.
Die Stadtwerke Bad Tölz nähern sich mit großen Schritten dem Ziel einer klimafreundlichen Wärmeversorgung. Die Arbeiten an einer neuen Wärme-Energie-Zentrale (WEZ) haben begonnen, die Oberbayern geben die Gesamtinvestition mit 30 Millionen Euro an. Etwa 80 Prozent der Haushalte in der 19.000 Menschen zählenden Kurstadt südlich von München können perspektivisch von der Nahwärme profitieren, so Stadtwerke-Geschäftsführer Walter Huber.

Der Spatenstich für die Zentrale ist Ende April erfolgt, die Arbeiten am Gebäude sollen noch in diesem Jahr enden. 2025 soll das neue Nahwärme-System den Dienst aufnehmen. Dabei wird ein gewisser Teil der Infrastruktur nach und nach installiert, um das Wärmeangebot mit dem weiteren Anschluss von Haushalten ans Netz zu synchronisieren.

Die ersten Überlegungen für die WEZ reichen zehn Jahre zurück. Die Nahwärmeversorgung in Bad Tölz hat noch eine viel längere Geschichte, weil das erste Netz auf das früher in der Region stationierte US-Militär zurückgeht. 1990 übernahm die Stadt die Leitungen.

Für den Projektleiter der Stadtwerke, Andreas Rösch, ist die WEZ „ein ganz wesentlicher Beitrag, um auch langfristig die Anforderungen einer möglichst CO2-neutralen Wärmeversorgung bei gleichzeitiger Stützung des Stromnetzes zu gewährleisten.“
 
Das Konzept der Wärme-Energie-Zentrale sieht einen Erneuerbaren-Anteil von etwa 75 Prozent an der Nahwärmeversorgung vor
Quelle: Stadtwerke Bad Tölz

Größte Investition seit dem Bau des Isarkraftwerks

Die Idee hinter der Heizzentrale besteht aus unterschiedlichen miteinander verzahnten Elementen. Kernstücke sind zwei neue Großwärmepumpen. Sie laufen mit Ökostrom, den die Stadtwerke überwiegend selbst erzeugen – durch Solaranlagen unter anderen auf den Dächern der Wärmezentrale oder auch des Verwaltungsgebäudes des Versorgers, die auf eine addierte Leistung von 1,8 MW kommen.
 

Die Wärmepumpen wiederum sind so dimensioniert, dass in den sonnenreichen Monaten Wärme im Überschuss entsteht. Pufferspeicher mit einer Kapazität von 600 Kubikmetern fangen diese für einige Tage auf und geben sie zum Beispiel in der Nacht ab. Die hinter den Solarmodulen entstehende Abwärme verfällt ebenfalls nicht, sondern ist für die Wärmepumpen nutzbar.

Im Winter deckt eine Holzhackschnitzel-Anlage den zusätzlichen Wärmebedarf ab, die mit der Zahl der Haushaltsanschlüsse mitwachsen soll. Weiter kommen Power-to-Heat-Anlagen in Form von elektrisch betriebenen Durchlauferhitzern zum Einsatz, die ebenfalls Sonnenstrom-Spitzen in Wärme verwandeln.

So kommt die 75 Prozent-Ökoquote zustande

Das System ist derweil noch nicht vollständig auf Erneuerbaren-Basis zu betreiben. Das integrierte Blockheizkraftwerk, das mittels typischer Kräfte-Wärme-Kopplung auch Strom erzeugt, läuft zunächst weiter auf Gas-Basis, ist aber für den Betrieb mit (grünem) Wasserstoff vorbereitet. Zum Auffangen von Spitzenlasten und als Reserve stehen zudem Erdgas-Kessel bereit. BHKW und Kessel sind nach aktueller Planung mit 25 Prozent an der Wärmeproduktion beteiligt, sodass der regenerative Anteil der WEZ etwa drei Viertel ausmacht.

Die Stadtwerke sprechen im Zusammenhang mit der WEZ vom „größten finanziellen Vorhaben“ seit Errichtung des Isarkraftwerks in den 1950er-Jahren, das jährlich etwa 10 Millionen kWh Ökostrom produziert. Der Versorger, zu 100 Prozent Tochter der Kommune, erhofft sich für die WEZ umfangfreiche öffentliche Zuschüsse. Für die Baumaßnahmen, die direkt den regenerativen Bereich betreffen, können Bundesmittel bis zu 40 Prozent der Kosten abdecken.

Grundsätzlich sieht Walter Huber Bad Tölz bei der kommunalen Wärmeplanung gegenüber „anderen Kommunen um Jahre voraus“. Der Stadtwerke-Geschäftsführer wird die Inbetriebnahme der WEZ unterdessen als interessierter Beobachter von außen verfolgen. Er räumt Ende Juni freiwillig seinen Posten (wir berichteten). Eine Nachfolge-Entscheidung sei noch nicht gefallen, teilt eine Sprecherin der Stadtwerke auf Anfrage unserer Redaktion mit.

Freitag, 3.05.2024, 15:57 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Wärme - Mammutprojekt im bayerischen Bad Tölz auf dem Weg
Spatenstich mit Walter Huber (7. v. l.) und Andreas Rösch (3. v. r.). Quelle: Stadtwerke Bad Tölz
Wärme
Mammutprojekt im bayerischen Bad Tölz auf dem Weg
Bei der Wärmeplanung sehen die Stadtwerke Bad Tölz sich gegenüber anderen Kommunen „um Jahre voraus“. Grund ist die kommende Wärme-Energie-Zentrale mit 75 Prozent Erneuerbarem-Anteil.
Die Stadtwerke Bad Tölz nähern sich mit großen Schritten dem Ziel einer klimafreundlichen Wärmeversorgung. Die Arbeiten an einer neuen Wärme-Energie-Zentrale (WEZ) haben begonnen, die Oberbayern geben die Gesamtinvestition mit 30 Millionen Euro an. Etwa 80 Prozent der Haushalte in der 19.000 Menschen zählenden Kurstadt südlich von München können perspektivisch von der Nahwärme profitieren, so Stadtwerke-Geschäftsführer Walter Huber.

Der Spatenstich für die Zentrale ist Ende April erfolgt, die Arbeiten am Gebäude sollen noch in diesem Jahr enden. 2025 soll das neue Nahwärme-System den Dienst aufnehmen. Dabei wird ein gewisser Teil der Infrastruktur nach und nach installiert, um das Wärmeangebot mit dem weiteren Anschluss von Haushalten ans Netz zu synchronisieren.

Die ersten Überlegungen für die WEZ reichen zehn Jahre zurück. Die Nahwärmeversorgung in Bad Tölz hat noch eine viel längere Geschichte, weil das erste Netz auf das früher in der Region stationierte US-Militär zurückgeht. 1990 übernahm die Stadt die Leitungen.

Für den Projektleiter der Stadtwerke, Andreas Rösch, ist die WEZ „ein ganz wesentlicher Beitrag, um auch langfristig die Anforderungen einer möglichst CO2-neutralen Wärmeversorgung bei gleichzeitiger Stützung des Stromnetzes zu gewährleisten.“
 
Das Konzept der Wärme-Energie-Zentrale sieht einen Erneuerbaren-Anteil von etwa 75 Prozent an der Nahwärmeversorgung vor
Quelle: Stadtwerke Bad Tölz

Größte Investition seit dem Bau des Isarkraftwerks

Die Idee hinter der Heizzentrale besteht aus unterschiedlichen miteinander verzahnten Elementen. Kernstücke sind zwei neue Großwärmepumpen. Sie laufen mit Ökostrom, den die Stadtwerke überwiegend selbst erzeugen – durch Solaranlagen unter anderen auf den Dächern der Wärmezentrale oder auch des Verwaltungsgebäudes des Versorgers, die auf eine addierte Leistung von 1,8 MW kommen.
 

Die Wärmepumpen wiederum sind so dimensioniert, dass in den sonnenreichen Monaten Wärme im Überschuss entsteht. Pufferspeicher mit einer Kapazität von 600 Kubikmetern fangen diese für einige Tage auf und geben sie zum Beispiel in der Nacht ab. Die hinter den Solarmodulen entstehende Abwärme verfällt ebenfalls nicht, sondern ist für die Wärmepumpen nutzbar.

Im Winter deckt eine Holzhackschnitzel-Anlage den zusätzlichen Wärmebedarf ab, die mit der Zahl der Haushaltsanschlüsse mitwachsen soll. Weiter kommen Power-to-Heat-Anlagen in Form von elektrisch betriebenen Durchlauferhitzern zum Einsatz, die ebenfalls Sonnenstrom-Spitzen in Wärme verwandeln.

So kommt die 75 Prozent-Ökoquote zustande

Das System ist derweil noch nicht vollständig auf Erneuerbaren-Basis zu betreiben. Das integrierte Blockheizkraftwerk, das mittels typischer Kräfte-Wärme-Kopplung auch Strom erzeugt, läuft zunächst weiter auf Gas-Basis, ist aber für den Betrieb mit (grünem) Wasserstoff vorbereitet. Zum Auffangen von Spitzenlasten und als Reserve stehen zudem Erdgas-Kessel bereit. BHKW und Kessel sind nach aktueller Planung mit 25 Prozent an der Wärmeproduktion beteiligt, sodass der regenerative Anteil der WEZ etwa drei Viertel ausmacht.

Die Stadtwerke sprechen im Zusammenhang mit der WEZ vom „größten finanziellen Vorhaben“ seit Errichtung des Isarkraftwerks in den 1950er-Jahren, das jährlich etwa 10 Millionen kWh Ökostrom produziert. Der Versorger, zu 100 Prozent Tochter der Kommune, erhofft sich für die WEZ umfangfreiche öffentliche Zuschüsse. Für die Baumaßnahmen, die direkt den regenerativen Bereich betreffen, können Bundesmittel bis zu 40 Prozent der Kosten abdecken.

Grundsätzlich sieht Walter Huber Bad Tölz bei der kommunalen Wärmeplanung gegenüber „anderen Kommunen um Jahre voraus“. Der Stadtwerke-Geschäftsführer wird die Inbetriebnahme der WEZ unterdessen als interessierter Beobachter von außen verfolgen. Er räumt Ende Juni freiwillig seinen Posten (wir berichteten). Eine Nachfolge-Entscheidung sei noch nicht gefallen, teilt eine Sprecherin der Stadtwerke auf Anfrage unserer Redaktion mit.

Freitag, 3.05.2024, 15:57 Uhr
Volker Stephan

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