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Energie & Management > Bilanz - Gazprom meldet erstmals Verluste seit 1999
Quelle: Fotolia / Eisenhans
Bilanz

Gazprom meldet erstmals Verluste seit 1999

Im zweiten Kriegsjahr in der Ukraine hat der russische Gaskonzern Gazprom Rekordverluste verzeichnet - erstmals seit 23 Jahren.
Der Nettoverlust des Gasriesen Gazprom belief sich auf 629 Milliarden Rubel (umgerechnet 6,4 Milliarden Euro) gegenüber einem Gewinn von 1,23 Billionen Rubel im Vorjahr. Das geht aus dem Finanzbericht für das Jahr 2023 hervor, den Gazprom am 2. Mai veröffentlichte.

Das Unternehmen erlitt zuletzt 1999 einen Jahresverlust, und zwar in Höhe von 95 Milliarden Rubel, berichtete Wedomosti zu den Finanzergebnissen von Gazprom am 3. Mai.

Kerngeschäft Gas unprofitabel

Auch wenn Gazprom zu Ergebnissen und Gründen der Verluste im vorigen Jahr selbst keine Stellung nahm, geht aus der Berichterstattung hervor, dass vor allem die Gassparte unrentabel war. Der Verlust im Gasgeschäft belief sich 2023 auf 1,2 Billionen Rubel im Vergleich zu einem Gewinn in gleicher Höhe im Vorjahr.

Der Umsatz aus dem Gasverkauf sank um mehr als die Hälfte auf 3,1 Billionen Rubel und unter Berücksichtigung von Verbrauchsteuern und Zöllen auf 4,1 Billionen Rubel. Waren die Erlöse im Inland mit 14 Prozent positiv, stürzten sie bei den Lieferungen ins Ausland weit über die Hälfte auf 2,9 Billionen Rubel ab. Der Rückgang der Einnahmen von Gazprom sei auf einen Rückgang der Exporte und deren Preise zurückzuführen, erklärten Experten gegenüber Wedomosti.

Gleichzeitig erwirtschaftete die Ölsparte einen Gewinn von 765 Milliarden Rubel, was ein Plus von 11 Prozent im Vergleich zu 2022 bedeutet. 

Neue Aufgabenverteilung zwischen Gazprom und Novatek

In die EU exportierte Gazprom 2023 nach jüngsten Angaben des Forums der Gas exportierenden Länder (FGEC) über die Ukraine und die Schwarzmeer-Gasleitung Turkish Stream insgesamt 27 Milliarden
 
Kubikmeter Gas. Ein Jahr zuvor waren es noch 63 Milliarden Kubikmeter und im Vorkriegsjahr 140 Milliarden Kubikmeter gewesen.

Sinkende Lieferungen durch Gazprom über die Nordstream-Pipeline und schließlich der Ausfall durch Sprengungen an der Ostsee-Röhre im September 2022 zeigten nachhaltige Wirkung. Eine Umsteuerung nach China machte den Ausfall nicht wett.

Um den lukrativen Markt Europa nicht ganz zu verlieren, setzt Russland verstärkt auf Schiffslieferungen mit LNG von der nordsibirischen Halbinsel Jamal an Bord. Hier betreibt der größte LNG-Produzent Novatek das größte Gasverflüssigungswerk „Jamal LNG“ in Russland. Auf der Nachbarinsel Gydan befindet sich Novateks Werk „Arctic LNG 2“ im Bau. Auch wenn die erste Verflüssigungslinie installiert ist, behindern Sanktionen vor allem durch die USA den Abtransport von dort so, dass er nicht in die Gänge kommt, weil LNG-Tanker der Eisklasse „Arc 7“ fehlen.

Zugleich ist Novatek die neue Allzweckwaffe, um Geld in die russische Kriegskasse zu spülen. Gazprom soll indessen im Inland die Gasanschluss-Quote für die Bevölkerung vorantreiben und für Ruhe sorgen. Die gestiegenen Inlandslieferungen im Finanzbericht weisen darauf hin.

Chinas Rolle und weiteres Verlustrisiko

China gilt für Gazprom als Markt der Zukunft. Über die Gasleitung „Kraft Sibiriens“ will Gazprom bis 2025 die Gaslieferungen auf die vertraglich vereinbarte Menge von 38 Milliarden Kubikmeter steigern. 2023 waren es 22,7 ​Milliarden Kubikmeter. 

Im April startete zudem der Bau der Verbindung zwischen „Kraft Sibiriens“ und der Gasleitung Sachalin - Chabarowsk - Wladiwostok, teilte Gazprom mit. Der Abschnitt Belogorsk - Chabarowsk soll sich auf mehr als 800 Kilometer erstrecken. Mit seiner Fertigstellung sollen an China aus Gasvorkommen im Pazifik weitere 10 Milliarden Kubikmeter durchgeleitet werden können.

Zum Anschluss Chinas an west- und nordsibirische Gasfelder über die geplante Gasleitung „Kraft Sibirien 2“ und die Mongolei liegt indes wegen Preis- und Kostendiskussionen noch kein verbindlicher Liefervertrag vor. „Das Projekt (...), das auf eine Kapazität von bis zu 50 Milliarden Kubikmetern im Jahr ausgelegt ist, soll 2033 in Betrieb gehen“, heißt es im „Global Gas Outlook 2050“ des GECF vom März.

Enden die Transitlieferungen über die Ukraine zum Jahresende tatsächlich, muss Gazprom über „Kraft Sibiriens“ komplett liefern, um nicht noch mehr Verluste einzufahren.

Freitag, 3.05.2024, 13:29 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
Energie & Management > Bilanz - Gazprom meldet erstmals Verluste seit 1999
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Gazprom meldet erstmals Verluste seit 1999
Im zweiten Kriegsjahr in der Ukraine hat der russische Gaskonzern Gazprom Rekordverluste verzeichnet - erstmals seit 23 Jahren.
Der Nettoverlust des Gasriesen Gazprom belief sich auf 629 Milliarden Rubel (umgerechnet 6,4 Milliarden Euro) gegenüber einem Gewinn von 1,23 Billionen Rubel im Vorjahr. Das geht aus dem Finanzbericht für das Jahr 2023 hervor, den Gazprom am 2. Mai veröffentlichte.

Das Unternehmen erlitt zuletzt 1999 einen Jahresverlust, und zwar in Höhe von 95 Milliarden Rubel, berichtete Wedomosti zu den Finanzergebnissen von Gazprom am 3. Mai.

Kerngeschäft Gas unprofitabel

Auch wenn Gazprom zu Ergebnissen und Gründen der Verluste im vorigen Jahr selbst keine Stellung nahm, geht aus der Berichterstattung hervor, dass vor allem die Gassparte unrentabel war. Der Verlust im Gasgeschäft belief sich 2023 auf 1,2 Billionen Rubel im Vergleich zu einem Gewinn in gleicher Höhe im Vorjahr.

Der Umsatz aus dem Gasverkauf sank um mehr als die Hälfte auf 3,1 Billionen Rubel und unter Berücksichtigung von Verbrauchsteuern und Zöllen auf 4,1 Billionen Rubel. Waren die Erlöse im Inland mit 14 Prozent positiv, stürzten sie bei den Lieferungen ins Ausland weit über die Hälfte auf 2,9 Billionen Rubel ab. Der Rückgang der Einnahmen von Gazprom sei auf einen Rückgang der Exporte und deren Preise zurückzuführen, erklärten Experten gegenüber Wedomosti.

Gleichzeitig erwirtschaftete die Ölsparte einen Gewinn von 765 Milliarden Rubel, was ein Plus von 11 Prozent im Vergleich zu 2022 bedeutet. 

Neue Aufgabenverteilung zwischen Gazprom und Novatek

In die EU exportierte Gazprom 2023 nach jüngsten Angaben des Forums der Gas exportierenden Länder (FGEC) über die Ukraine und die Schwarzmeer-Gasleitung Turkish Stream insgesamt 27 Milliarden
 
Kubikmeter Gas. Ein Jahr zuvor waren es noch 63 Milliarden Kubikmeter und im Vorkriegsjahr 140 Milliarden Kubikmeter gewesen.

Sinkende Lieferungen durch Gazprom über die Nordstream-Pipeline und schließlich der Ausfall durch Sprengungen an der Ostsee-Röhre im September 2022 zeigten nachhaltige Wirkung. Eine Umsteuerung nach China machte den Ausfall nicht wett.

Um den lukrativen Markt Europa nicht ganz zu verlieren, setzt Russland verstärkt auf Schiffslieferungen mit LNG von der nordsibirischen Halbinsel Jamal an Bord. Hier betreibt der größte LNG-Produzent Novatek das größte Gasverflüssigungswerk „Jamal LNG“ in Russland. Auf der Nachbarinsel Gydan befindet sich Novateks Werk „Arctic LNG 2“ im Bau. Auch wenn die erste Verflüssigungslinie installiert ist, behindern Sanktionen vor allem durch die USA den Abtransport von dort so, dass er nicht in die Gänge kommt, weil LNG-Tanker der Eisklasse „Arc 7“ fehlen.

Zugleich ist Novatek die neue Allzweckwaffe, um Geld in die russische Kriegskasse zu spülen. Gazprom soll indessen im Inland die Gasanschluss-Quote für die Bevölkerung vorantreiben und für Ruhe sorgen. Die gestiegenen Inlandslieferungen im Finanzbericht weisen darauf hin.

Chinas Rolle und weiteres Verlustrisiko

China gilt für Gazprom als Markt der Zukunft. Über die Gasleitung „Kraft Sibiriens“ will Gazprom bis 2025 die Gaslieferungen auf die vertraglich vereinbarte Menge von 38 Milliarden Kubikmeter steigern. 2023 waren es 22,7 ​Milliarden Kubikmeter. 

Im April startete zudem der Bau der Verbindung zwischen „Kraft Sibiriens“ und der Gasleitung Sachalin - Chabarowsk - Wladiwostok, teilte Gazprom mit. Der Abschnitt Belogorsk - Chabarowsk soll sich auf mehr als 800 Kilometer erstrecken. Mit seiner Fertigstellung sollen an China aus Gasvorkommen im Pazifik weitere 10 Milliarden Kubikmeter durchgeleitet werden können.

Zum Anschluss Chinas an west- und nordsibirische Gasfelder über die geplante Gasleitung „Kraft Sibirien 2“ und die Mongolei liegt indes wegen Preis- und Kostendiskussionen noch kein verbindlicher Liefervertrag vor. „Das Projekt (...), das auf eine Kapazität von bis zu 50 Milliarden Kubikmetern im Jahr ausgelegt ist, soll 2033 in Betrieb gehen“, heißt es im „Global Gas Outlook 2050“ des GECF vom März.

Enden die Transitlieferungen über die Ukraine zum Jahresende tatsächlich, muss Gazprom über „Kraft Sibiriens“ komplett liefern, um nicht noch mehr Verluste einzufahren.

Freitag, 3.05.2024, 13:29 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne

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