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Energie & Management > Veranstaltung - Wer zahlt für den Netzumbau?
Quelle: Berliner ENERGIETAGE_Quelle Rolf Schulten
Veranstaltung

Wer zahlt für den Netzumbau?

Wie soll der Umbau von Strom- und Gasnetzen im Zuge der Energiewende finanziert werden? Auf den „Berliner Energietagen“ diskutierten Experten online darüber.
Für die Transformation der Infrastruktur beim Wechsel auf erneuerbare Energien sind hohe Investitionen nötig. Im Stromnetz werden neue Leitungen benötigt und intelligente Mess- und Steuersysteme. Das Gasnetz verliert gleichzeitig an Bedeutung und wird mancherorts früher stillgelegt, als seine ursprüngliche Amortisationsfrist vorsah. „Wer soll das bezahlen?“, fragte sich eine Expertenrunde im Rahmen der „Berliner Energietage“ am 18. April. Sie wurde vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) organisiert.

Allein über die Netzentgelte scheint das nicht möglich, waren sich die Beteiligten einig. Bei den Gas-Verteilnetzen würde das dazu führen, dass die letzten angeschlossenen Kunden exorbitant hohe Entgelte zahlen müssten. Oder Unternehmen bleiben auf ihren Investitionskosten sitzen, ohne die Chance, sie zurückzuverdienen. Mit einem „Green Paper“ hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Diskussion um die Stilllegung kommunaler Gasnetze ins Rollen gebracht.

Damit soll ein geordneter Übergang vom klimaschädlichen Erdgas zu erneuerbaren Energien erarbeitet werden, ohne explodierende Netzentgelte und Brennstoff-Preise. Sowohl Hausbesitzer als auch Wirtschaft benötigen bald Sicherheit, wie es mit der Erdgas-Versorgung weitergeht, betonte Christian Otto, Geschäftsführer des Mittelstandsverbandes VEA. Er nannte als Beispiel einen Klinkerhersteller, der bei Umstellung seines aktuellen Energiebedarfs von Erdgas auf Strom doppelt so hohe Kosten bekäme, wodurch seine Produkte nicht mehr konkurrenzfähig wären.

Netzkosten beim Strom blockieren Umstieg

Zudem stiegen die Netzkosten für Strom extrem. Der Staat solle durchaus den Netzausbau mitfinanzieren, forderte Otto. Da die Übernahme von 5,5 Milliarden Euro für die Übertragungsnetzbetreiber am Haushalts-Engpass scheiterte, sei allein von 2023 auf 2024 das Übertragungs-Netzentgelt verdoppelt worden. „Das macht den Umstieg auf Strom für den Klimaschutz nicht reizvoll“, kritisierte Otto. Zudem gebe es für den Mittelstand oft noch keine gut eingeführten Technologien zum Umstieg von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, versprach verlässliche Lösungen für das Gasnetz. Für die Strom-Verteilnetze konsultiere seine Behörde derzeit eine Änderung der Anreizregulierung. Sie soll bis Ende des Jahres so umgestaltet werden, dass Vorreiter in der Digitalisierung und damit Flexibilisierung von Erzeugung und Verbrauch ihre Investitionen als Anreiz refinanzieren können. Weiterhin bemühe sich seine Behörde um den Abbau von Bürokratie in Anträgen und Berichtspflichten, versprach Müller.

Die Hoffnung auf staatliche Zuschüsse sieht er allerdings pessimistisch: „Ich kann mir zurzeit keine politische Mehrheit vorstellen, die über die nächsten Jahre in zweistelliger Milliardenhöhe die Infrastrukturkosten der Energiewende verlässlich übernimmt“, sagte Müller. Daher müsse man alle Kosten möglichst reduzieren, beispielsweise - wie vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) vorgeschlagen - Netzanbindungen verschiedener Anlagen für erneuerbare Energie zu kombinieren (wir berichteten).

Auch beim Übertragungsnetz-Ausbau wieder vermehrt auf überirdische Lösungen zu setzen, könne sparen helfen. Bis zum Spätsommer werde es ein neues System geben, das die Industrie von den vollen Netzkosten verschont, versprach Müller. Dies solle zum Beispiel die aktuelle „atypische Netznutzung“ ersetzen. Unternehmen sollten aber mit flexiblem Verbrauch den Netzausbau zu dämpfen, appellierte Müller.
 
Zukunft der Gasverteilnetze - Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken
Quelle: FÖS

Verteilnetz muss günstig flexibilisiert werden

Für die Stadtwerke-Kooperation 8KU erläuterte Geschäftsführer Matthias Dümpelmann, dass bis 2030 die Leistung im Strom-Verteilnetz von heute 80 Millionen auf bis zu 300 Millionen steigen werde durch den Ausbau erneuerbarer Anlagen. „Es ist kaum zu schaffen, das Netz so schnell auszubauen“, fürchtet Dümpelmann. Daher solle das Marktdesign verändert werden, um Verbrauch und Erzeugung flexibler aufeinander abzustimmen.

An die Adresse von Politik und Regulierer forderte er, viele Restriktionen im Datenaustausch schnell abzuschaffen. Als Beispiel nannte Dümpelmann Bestimmungen, die Sektorkopplung und Speicherung von Energie behindern, mit denen mehr Ökostrom genutzt werden könnte, anstatt ihn abzuregeln.

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele. sagte, man könne von den Energiewende-Kosten nicht komplett entlasten. „Wir müssen gezielt Haushalten helfen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen, sich energiesparende Geräte anzuschaffen und die Heizung umzurüsten“, forderte sie. Bentele begrüßte die nach Einkommen gestaffelte Förderung für den Heizungsumbau und die energetische Gebäudesanierung.

Donnerstag, 18.04.2024, 18:00 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Veranstaltung - Wer zahlt für den Netzumbau?
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Veranstaltung
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Wie soll der Umbau von Strom- und Gasnetzen im Zuge der Energiewende finanziert werden? Auf den „Berliner Energietagen“ diskutierten Experten online darüber.
Für die Transformation der Infrastruktur beim Wechsel auf erneuerbare Energien sind hohe Investitionen nötig. Im Stromnetz werden neue Leitungen benötigt und intelligente Mess- und Steuersysteme. Das Gasnetz verliert gleichzeitig an Bedeutung und wird mancherorts früher stillgelegt, als seine ursprüngliche Amortisationsfrist vorsah. „Wer soll das bezahlen?“, fragte sich eine Expertenrunde im Rahmen der „Berliner Energietage“ am 18. April. Sie wurde vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) organisiert.

Allein über die Netzentgelte scheint das nicht möglich, waren sich die Beteiligten einig. Bei den Gas-Verteilnetzen würde das dazu führen, dass die letzten angeschlossenen Kunden exorbitant hohe Entgelte zahlen müssten. Oder Unternehmen bleiben auf ihren Investitionskosten sitzen, ohne die Chance, sie zurückzuverdienen. Mit einem „Green Paper“ hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Diskussion um die Stilllegung kommunaler Gasnetze ins Rollen gebracht.

Damit soll ein geordneter Übergang vom klimaschädlichen Erdgas zu erneuerbaren Energien erarbeitet werden, ohne explodierende Netzentgelte und Brennstoff-Preise. Sowohl Hausbesitzer als auch Wirtschaft benötigen bald Sicherheit, wie es mit der Erdgas-Versorgung weitergeht, betonte Christian Otto, Geschäftsführer des Mittelstandsverbandes VEA. Er nannte als Beispiel einen Klinkerhersteller, der bei Umstellung seines aktuellen Energiebedarfs von Erdgas auf Strom doppelt so hohe Kosten bekäme, wodurch seine Produkte nicht mehr konkurrenzfähig wären.

Netzkosten beim Strom blockieren Umstieg

Zudem stiegen die Netzkosten für Strom extrem. Der Staat solle durchaus den Netzausbau mitfinanzieren, forderte Otto. Da die Übernahme von 5,5 Milliarden Euro für die Übertragungsnetzbetreiber am Haushalts-Engpass scheiterte, sei allein von 2023 auf 2024 das Übertragungs-Netzentgelt verdoppelt worden. „Das macht den Umstieg auf Strom für den Klimaschutz nicht reizvoll“, kritisierte Otto. Zudem gebe es für den Mittelstand oft noch keine gut eingeführten Technologien zum Umstieg von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, versprach verlässliche Lösungen für das Gasnetz. Für die Strom-Verteilnetze konsultiere seine Behörde derzeit eine Änderung der Anreizregulierung. Sie soll bis Ende des Jahres so umgestaltet werden, dass Vorreiter in der Digitalisierung und damit Flexibilisierung von Erzeugung und Verbrauch ihre Investitionen als Anreiz refinanzieren können. Weiterhin bemühe sich seine Behörde um den Abbau von Bürokratie in Anträgen und Berichtspflichten, versprach Müller.

Die Hoffnung auf staatliche Zuschüsse sieht er allerdings pessimistisch: „Ich kann mir zurzeit keine politische Mehrheit vorstellen, die über die nächsten Jahre in zweistelliger Milliardenhöhe die Infrastrukturkosten der Energiewende verlässlich übernimmt“, sagte Müller. Daher müsse man alle Kosten möglichst reduzieren, beispielsweise - wie vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) vorgeschlagen - Netzanbindungen verschiedener Anlagen für erneuerbare Energie zu kombinieren (wir berichteten).

Auch beim Übertragungsnetz-Ausbau wieder vermehrt auf überirdische Lösungen zu setzen, könne sparen helfen. Bis zum Spätsommer werde es ein neues System geben, das die Industrie von den vollen Netzkosten verschont, versprach Müller. Dies solle zum Beispiel die aktuelle „atypische Netznutzung“ ersetzen. Unternehmen sollten aber mit flexiblem Verbrauch den Netzausbau zu dämpfen, appellierte Müller.
 
Zukunft der Gasverteilnetze - Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken
Quelle: FÖS

Verteilnetz muss günstig flexibilisiert werden

Für die Stadtwerke-Kooperation 8KU erläuterte Geschäftsführer Matthias Dümpelmann, dass bis 2030 die Leistung im Strom-Verteilnetz von heute 80 Millionen auf bis zu 300 Millionen steigen werde durch den Ausbau erneuerbarer Anlagen. „Es ist kaum zu schaffen, das Netz so schnell auszubauen“, fürchtet Dümpelmann. Daher solle das Marktdesign verändert werden, um Verbrauch und Erzeugung flexibler aufeinander abzustimmen.

An die Adresse von Politik und Regulierer forderte er, viele Restriktionen im Datenaustausch schnell abzuschaffen. Als Beispiel nannte Dümpelmann Bestimmungen, die Sektorkopplung und Speicherung von Energie behindern, mit denen mehr Ökostrom genutzt werden könnte, anstatt ihn abzuregeln.

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele. sagte, man könne von den Energiewende-Kosten nicht komplett entlasten. „Wir müssen gezielt Haushalten helfen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen, sich energiesparende Geräte anzuschaffen und die Heizung umzurüsten“, forderte sie. Bentele begrüßte die nach Einkommen gestaffelte Förderung für den Heizungsumbau und die energetische Gebäudesanierung.

Donnerstag, 18.04.2024, 18:00 Uhr
Susanne Harmsen

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