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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - CO2-Markt in den Startlöchern
Quelle: Fotolia / bluedesign
E&M Vor 20 Jahren

CO2-Markt in den Startlöchern

Im Jahr 2004 öffnete erstmals die Carbon Expo ihre Pforten. Es war der Versuch, den CO2-Markt als internationale Plattform zu etablieren und zu präsentieren.
Die Carbon Expo ist mittlerweile Geschichte. Veranstaltet wurde sie von der International Emissions Trading Association, der Weltbank und der Koelnmesse. Zwischenzeitlich war sie auch in Barcelona zu Gast. In den Anfangsjahren stand die Frage im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen, ob sich aus den politischen und regulatorischen Vorgaben der europäischen und internationalen Klimapolitik ein „richtiger“ Markt entwickeln kann.

E&M-Redakteur Fritz Wilhelm war bei der ersten Carbon Expo in Köln dabei und fasste im Frühsommer 2004 seine Eindrücke zusammen:

Die Carbon Expo, die weltweit erste Konferenzmesse zum Emissionshandel, ist heute in Köln eröffnet worden. Einem Letter of Intent zwischen der Koelnmesse sowie der Weltbank und der International Emissions Trading Association (IETA) zufolge soll die Rheinmetropole zumindest auch in den kommenden vier Jahren für jeweils drei Tage der Nabel des globalen CO2-Marktes sein. Im nächsten Jahr sind der 11. bis 13. Mai als Termin vorgesehen.

Während die nationalen Allokationspläne in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten gerade noch Wellen schlagen, sind die Messeteilnehmer in Köln schon einen Schritt weiter. „Der Markt für CO2-Zertifikate ist ein globaler Markt“, mit Betonung auf „global“ und auf „Markt“. Dies ist die Botschaft der Eröffnungsveranstaltung der Carbon Expo, wie sie beispielsweise von Jochen Witt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse, oder Warren Evans, Acting Director des Environment Department der Weltbank, den etwa 250 Teilnehmern der Eröffnungsveranstaltung vorgetragen wurde. Gleichzeitig gab Witt bekannt, dass die Veranstalter Koelnmesse, IETA und World Bank Carbon Finance Business einen Letter of Intent unterzeichnet haben, der zumindest bis 2008 die Carbon Expo in Köln halten soll.

Industrie- und Entwicklungsländer seien Partner, zu deren gemeinsamen Wohl die Klimaschutzprojekte im Rahmen des Clean Development Mechanism (CDM) unter dem Kioto-Protokoll beitragen, so ein Tenor der Veranstaltung. David Hone, Group Climate Advisor bei Shell und Vizepräsident der IETA, freute sich, dass die Veranstaltung in Köln kein politisches Event und auch keine Konferenz sei, bei der noch über konzeptionelle Fragen diskutiert werde. Vielmehr träfen hier Praktiker mit Praktikern zusammen.

Von Weizsäcker kritisiert „laxe Vorgaben“ des Nationalen Allokationsplans

Ernst Ulrich von Weizsäcker, früherer Präsident des Wuppertal-Instituts und nun Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Bundestag, sah angesichts dieser Messe das Kioto-Protokoll noch vor seinem endgültigen Inkrafttreten erblühen. Allerdings konnte er seinen Pessimismus dann doch nicht ganz unterdrücken und gab mit einem Seitenhieb auf den „unter Druck der Wirtschaft geratenen“ Bundeswirtschaftsminister Clement zu bedenken, dass die laxen Vorgaben des Nationalen Allokationsplans zu niedrigen Zertifikatepreisen bzw. zu keinen substanziellen Preissignalen führen werden. Dies stehe im Gegensatz zur eigentlichen Idee des Emissionshandels.

Dennoch wird sich der Marktgedanke wie ein roter Faden durch die kommenden beiden Tage ziehen. In erster Linie wird es jedoch um die Planung, Zertifizierung und Umsetzung von CDM-Projekten gehen. Die Berater, Zertifizierer, Anwälte und Regierungsvertreter stehen in Köln bereit. Einzig diejenigen, die die flexiblen Mechanismen nutzen sollen, die dem EU-Emissionshandelsregime unterliegenden Industriebetriebe, sind bisher noch nicht in Erscheinung getreten. Möglicherweise werden sie dann am zweiten und dritten Tag ihren Informationshunger mit den Vorträgen der Konferenz stillen.

Zunächst einmal stellten die Weltbank und die International Emissions Trading Association (IETA) den „Statusbericht zum Emissionsmarkt 2004“ vor. Eine gute und eine weniger gute Nachricht hatten IETA-Präsident Andrei Marcu und Ken Newcombe, Carbon Finance Manager der Weltbank, bei der Vorstellung ihrer Studie: Der globale CO2-Markt wachse stetig und zeige deutliche Anzeichen eines Reifungsprozesses. Als Begründung führten sie das Volumen der ersten fünf Monate dieses Jahres an. So seien mit fast 65 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent über Clean Development Mechanism (CDM) und Joint Implementation (JI) bereits mehr als 80 Prozent der letztjährigen Menge von 78 Mio. Tonnen aus projektbasierten Mechanismen gehandelt worden. Das nach Ansicht von Marcu und Newcombe sehr positive Bild des Marktes vervollständigen 2,1 Mio. Tonnen aus dem Handel mit Emissionsrechten.

Da für die Zeit nach 2012 jedoch noch keine verbindlichen Zielvereinbarungen über Emissionsreduktionen vorlägen, nicht einmal Absichtserklärungen, könnten sich aufgrund der beträchtlichen Vorlaufzeiten von CDM-Projekten deren Umsetzungschancen schon in wenigen Jahren erheblich verringern. „Da viele Projekte von der Planung bis zur Implementierung zwischen drei und sieben Jahren benötigen, wird nach 2006 vermutlich kaum noch jemand entsprechende Investitionen tätigen“, gab Newcombe zu bedenken. Zum einen würden dem Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung in den Entwicklungsländern wertvolle Impulse verloren gehen, zum anderen würde der weltweite Handel mit Emissionszertifikaten, auch das EU-Handelssystem, eine wertvolle Antriebsquelle verlieren. Dennoch gehen die Weltbank- und IETA-Experten davon aus, dass die überwiegende Zahl der Teilnehmer am EU-Zertifikatehandel innerhalb der nächsten 18 Monate auch in den aktiven Handel einsteigen werde.

Insgesamt haben Weltbank und IETA weltweit einen deutlichen Nachfrageüberhang festgestellt. Als Käufer hätten sich vor allem die Niederlande (23 Prozent der Zertifikate) und Japan (41 Prozent) im letzten Jahr hervorgetan – vor allem aus dem Antrieb heraus, die eigenen Reduktionsverpflichtungen nach dem Kioto-Protokoll zu erfüllen.

Jorund Buen, Experte für CDM-Projekte bei Point Carbon, einem Datenlieferanten für die Weltbank-Studie, gab allerdings zu bedenken, dass die meisten derzeit geplanten und implementierten CDM-Projekte in China angesiedelt sind. (51 Prozent aller Emissionsminderungsprojekte finden derzeit in Asien statt.) Das Reich der Mitte habe jedoch keine klare Klimastrategie, was die Planungssicherheit ausländischer Investoren zum Teil erheblich beeinträchtige. Neben Asien ist Lateinamerika der Hauptemittent für CDM-generierte Emissionszertifikate (27 Prozent).
 
 

Samstag, 4.05.2024, 19:23 Uhr
Fritz Wilhelm
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CO2-Markt in den Startlöchern
Im Jahr 2004 öffnete erstmals die Carbon Expo ihre Pforten. Es war der Versuch, den CO2-Markt als internationale Plattform zu etablieren und zu präsentieren.
Die Carbon Expo ist mittlerweile Geschichte. Veranstaltet wurde sie von der International Emissions Trading Association, der Weltbank und der Koelnmesse. Zwischenzeitlich war sie auch in Barcelona zu Gast. In den Anfangsjahren stand die Frage im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen, ob sich aus den politischen und regulatorischen Vorgaben der europäischen und internationalen Klimapolitik ein „richtiger“ Markt entwickeln kann.

E&M-Redakteur Fritz Wilhelm war bei der ersten Carbon Expo in Köln dabei und fasste im Frühsommer 2004 seine Eindrücke zusammen:

Die Carbon Expo, die weltweit erste Konferenzmesse zum Emissionshandel, ist heute in Köln eröffnet worden. Einem Letter of Intent zwischen der Koelnmesse sowie der Weltbank und der International Emissions Trading Association (IETA) zufolge soll die Rheinmetropole zumindest auch in den kommenden vier Jahren für jeweils drei Tage der Nabel des globalen CO2-Marktes sein. Im nächsten Jahr sind der 11. bis 13. Mai als Termin vorgesehen.

Während die nationalen Allokationspläne in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten gerade noch Wellen schlagen, sind die Messeteilnehmer in Köln schon einen Schritt weiter. „Der Markt für CO2-Zertifikate ist ein globaler Markt“, mit Betonung auf „global“ und auf „Markt“. Dies ist die Botschaft der Eröffnungsveranstaltung der Carbon Expo, wie sie beispielsweise von Jochen Witt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse, oder Warren Evans, Acting Director des Environment Department der Weltbank, den etwa 250 Teilnehmern der Eröffnungsveranstaltung vorgetragen wurde. Gleichzeitig gab Witt bekannt, dass die Veranstalter Koelnmesse, IETA und World Bank Carbon Finance Business einen Letter of Intent unterzeichnet haben, der zumindest bis 2008 die Carbon Expo in Köln halten soll.

Industrie- und Entwicklungsländer seien Partner, zu deren gemeinsamen Wohl die Klimaschutzprojekte im Rahmen des Clean Development Mechanism (CDM) unter dem Kioto-Protokoll beitragen, so ein Tenor der Veranstaltung. David Hone, Group Climate Advisor bei Shell und Vizepräsident der IETA, freute sich, dass die Veranstaltung in Köln kein politisches Event und auch keine Konferenz sei, bei der noch über konzeptionelle Fragen diskutiert werde. Vielmehr träfen hier Praktiker mit Praktikern zusammen.

Von Weizsäcker kritisiert „laxe Vorgaben“ des Nationalen Allokationsplans

Ernst Ulrich von Weizsäcker, früherer Präsident des Wuppertal-Instituts und nun Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Bundestag, sah angesichts dieser Messe das Kioto-Protokoll noch vor seinem endgültigen Inkrafttreten erblühen. Allerdings konnte er seinen Pessimismus dann doch nicht ganz unterdrücken und gab mit einem Seitenhieb auf den „unter Druck der Wirtschaft geratenen“ Bundeswirtschaftsminister Clement zu bedenken, dass die laxen Vorgaben des Nationalen Allokationsplans zu niedrigen Zertifikatepreisen bzw. zu keinen substanziellen Preissignalen führen werden. Dies stehe im Gegensatz zur eigentlichen Idee des Emissionshandels.

Dennoch wird sich der Marktgedanke wie ein roter Faden durch die kommenden beiden Tage ziehen. In erster Linie wird es jedoch um die Planung, Zertifizierung und Umsetzung von CDM-Projekten gehen. Die Berater, Zertifizierer, Anwälte und Regierungsvertreter stehen in Köln bereit. Einzig diejenigen, die die flexiblen Mechanismen nutzen sollen, die dem EU-Emissionshandelsregime unterliegenden Industriebetriebe, sind bisher noch nicht in Erscheinung getreten. Möglicherweise werden sie dann am zweiten und dritten Tag ihren Informationshunger mit den Vorträgen der Konferenz stillen.

Zunächst einmal stellten die Weltbank und die International Emissions Trading Association (IETA) den „Statusbericht zum Emissionsmarkt 2004“ vor. Eine gute und eine weniger gute Nachricht hatten IETA-Präsident Andrei Marcu und Ken Newcombe, Carbon Finance Manager der Weltbank, bei der Vorstellung ihrer Studie: Der globale CO2-Markt wachse stetig und zeige deutliche Anzeichen eines Reifungsprozesses. Als Begründung führten sie das Volumen der ersten fünf Monate dieses Jahres an. So seien mit fast 65 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent über Clean Development Mechanism (CDM) und Joint Implementation (JI) bereits mehr als 80 Prozent der letztjährigen Menge von 78 Mio. Tonnen aus projektbasierten Mechanismen gehandelt worden. Das nach Ansicht von Marcu und Newcombe sehr positive Bild des Marktes vervollständigen 2,1 Mio. Tonnen aus dem Handel mit Emissionsrechten.

Da für die Zeit nach 2012 jedoch noch keine verbindlichen Zielvereinbarungen über Emissionsreduktionen vorlägen, nicht einmal Absichtserklärungen, könnten sich aufgrund der beträchtlichen Vorlaufzeiten von CDM-Projekten deren Umsetzungschancen schon in wenigen Jahren erheblich verringern. „Da viele Projekte von der Planung bis zur Implementierung zwischen drei und sieben Jahren benötigen, wird nach 2006 vermutlich kaum noch jemand entsprechende Investitionen tätigen“, gab Newcombe zu bedenken. Zum einen würden dem Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung in den Entwicklungsländern wertvolle Impulse verloren gehen, zum anderen würde der weltweite Handel mit Emissionszertifikaten, auch das EU-Handelssystem, eine wertvolle Antriebsquelle verlieren. Dennoch gehen die Weltbank- und IETA-Experten davon aus, dass die überwiegende Zahl der Teilnehmer am EU-Zertifikatehandel innerhalb der nächsten 18 Monate auch in den aktiven Handel einsteigen werde.

Insgesamt haben Weltbank und IETA weltweit einen deutlichen Nachfrageüberhang festgestellt. Als Käufer hätten sich vor allem die Niederlande (23 Prozent der Zertifikate) und Japan (41 Prozent) im letzten Jahr hervorgetan – vor allem aus dem Antrieb heraus, die eigenen Reduktionsverpflichtungen nach dem Kioto-Protokoll zu erfüllen.

Jorund Buen, Experte für CDM-Projekte bei Point Carbon, einem Datenlieferanten für die Weltbank-Studie, gab allerdings zu bedenken, dass die meisten derzeit geplanten und implementierten CDM-Projekte in China angesiedelt sind. (51 Prozent aller Emissionsminderungsprojekte finden derzeit in Asien statt.) Das Reich der Mitte habe jedoch keine klare Klimastrategie, was die Planungssicherheit ausländischer Investoren zum Teil erheblich beeinträchtige. Neben Asien ist Lateinamerika der Hauptemittent für CDM-generierte Emissionszertifikate (27 Prozent).
 
 

Samstag, 4.05.2024, 19:23 Uhr
Fritz Wilhelm

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