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Energie & Management > Österreich - Strompreisänderungen: Auch künftig keine Rechtssicherheit
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Strompreisänderungen: Auch künftig keine Rechtssicherheit

Eine von Österreichs Energieminsterium eingesetzte Arbeitsgruppe brachte kein tragfähiges Ergebnis zustande. Nun werden die geltenden umstrittenen Bestimmungen weitergeführt.
Der Versuch, in Österreich rechtssichere Bestimmungen bezüglich der Strompreisänderungen für Endkunden einzuführen, ist gescheitert. Das berichteten Vertreter des Energieministeriums (BMK) und der Elektrizitätswirtschaft bei der Fachtagung „Das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) – Geeigneter Rahmen für die Herausforderungen der Energiewende?“ des Branchenverbands Oesterreichs Energie am 25. April in Wien.

Im Zuge der Erarbeitung des kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) hatte das Ministerium eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Diese sollte neue Bestimmungen zur Grundversorgung, zu allfälligen Sozialtarifen sowie zu den Änderungen der Endkundenpreise und der Allgemeinen Lieferbedingungen (ALB) schaffen. An der Arbeitsgruppe nahmen insbesondere Vertreter der befassten Ministerien (Energie, Soziales, Justiz), der E-Wirtschaft und der Sozialpartner teil. Laut der Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt, bereiteten sich die Fachleute des BMK ausgezeichnet vor und agierten sehr konstruktiv: „Leider gibt es trotzdem kein Ergebnis, das für die Branche befriedigend ist.“

Statt dessen werden die schwammig formulierten Bestimmungen im derzeit geltenden Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) nahezu wörtlich in das ElWG übernommen. Sie führten bis dato zu mehr als 50 Verfahren von Konsumentenschutzorganisationen gegen Elektrizitätsunternehmen, von denen bislang keines letztinstanzlich abgeschlossen wurde.

Unterschiedliche Auslegungen

Besonders unbefriedigend ist für die E-Wirtschaft, dass die Gerichte die fraglichen Regelungen – insbesondere den Paragraphen 80 Absatz 2a des ElWOG – unterschiedlich auslegen. „Immer wieder fällen die Gerichte Urteile, und wir staunen. Deshalb ist die These des Sozialministeriums, wir sollten diese Dinge einfach ausjudizieren lassen, um Rechtssicherheit zu bekommen, einigermaßen fragwürdig“, kritisierte der Geschäftsführer der Energie-Allianz Austria, Herwig Hauenschild. Mit der inhaltlichen Übernahme der Regelungen in das ElWG seien weitere Rechtsstreitigkeiten programmiert: „Die Konsumentenschutzorganisationen werden auch in Zukunft klagen müssen.“

Ähnlich argumentierte der Wiener Rechtsanwalt Thomas Rabl: „Was jetzt herausgekommen ist, ist genau genommen ein Paragraph 80 Absatz 2a zum Quadrat. Die Probleme mit den Preisänderungen werden damit prolongiert. Die neuen Bestimmungen führen irgendwohin, aber sicher nicht auf einen grünen Zweig.“
 

Energieministerium sieht „Pattsituation“

Seitens des Energieministeriums betonte die für Energierechtsangelegenheiten zuständige Referentin Marta Hodasz, sie und ihre Kollegen hätten nach Kräften versucht, „die Interessen der Lieferanten und die der Kunden unter einen Hut zu bringen. Leider ergab sich eine Pattsituation und wir sind gescheitert.“

Wolfgang Urbantschitsch, der Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, ergänzte, die Stromlieferanten hätten ein berechtigtes Interesse, „allfällige Steigerungen ihrer Kosten weiterzugeben. Die Kunden wiederum haben ein Interesse an möglichst niedrigen Preisen. Das ist nicht leicht in Einklang zu bringen.“ Sicherheit bei Preisänderungen gebe es dann, wenn der Kunde diesen ausdrücklich zustimme: „Aber es ist schwierig, alle Kunden zu erreichen.“ Ein Problem ist laut Urbantschitsch auch die Komplexität der Produkte und der Preismodelle: „Nicht zuletzt Rabatte machen die Produkte intransparent und schwer vergleichbar.“

Beschluss offen

Weiterhin offen bleibt, ob das ElWG noch vor dem Auslaufen der im September endenden Legislaturperiode beschlossen werden kann. Bei der Fachkonferenz am 25. April berichtete der Leiter der Rechtsabteilung im Energieministerium, Benedikt Ennser, der endgültige Entwurf werde der Regierung voraussichtlich bereits „in den kommenden Tagen“ übermittelt. Die parlamentarische Behandlung sei für Mai und Juni vorgesehen, der Beschluss im Plenum für die Sitzung vom 3. bis 7. Juli. Grundsätzlich wäre es möglich, das ElWG in der letzten Plenarsitzung am 18. und 19. September zu beschließen. Allerdings findet spätestens am 29. September die Parlamentswahl statt. Das „Septemberplenum“ fällt damit in die Endphase des Wahlkampfs.

Dazu kommt: Für den Beschluss des ElWG ist, wie mehrmals berichtet, eine Zweidrittelmehrheit nötig. Die Bundesregierung aus den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und den Grünen benötigt daher die Zustimmung der Sozialdemokraten (SPÖ) oder der rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ). Vertreter dieser beiden Parteien äußerten sich bis dato jedoch zurückhaltend.

Bei der Fachtagung bezweifelten Insider der Redaktion gegenüber ferner, ob die als zerstritten geltende Koalition noch willens respektive in der Lage ist, einen Regierungsbeschluss des ElWG zustande zu bringen. In den vergangenen Wochen hatten Auseinandersetzungen hinsichtlich des von den Grünen forcierten Ausstiegs aus den Gasimporten aus Russland für weitere koalitionsinterne Verstimmung gesorgt.

Freitag, 26.04.2024, 13:41 Uhr
Klaus Fischer
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Strompreisänderungen: Auch künftig keine Rechtssicherheit
Eine von Österreichs Energieminsterium eingesetzte Arbeitsgruppe brachte kein tragfähiges Ergebnis zustande. Nun werden die geltenden umstrittenen Bestimmungen weitergeführt.
Der Versuch, in Österreich rechtssichere Bestimmungen bezüglich der Strompreisänderungen für Endkunden einzuführen, ist gescheitert. Das berichteten Vertreter des Energieministeriums (BMK) und der Elektrizitätswirtschaft bei der Fachtagung „Das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) – Geeigneter Rahmen für die Herausforderungen der Energiewende?“ des Branchenverbands Oesterreichs Energie am 25. April in Wien.

Im Zuge der Erarbeitung des kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) hatte das Ministerium eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Diese sollte neue Bestimmungen zur Grundversorgung, zu allfälligen Sozialtarifen sowie zu den Änderungen der Endkundenpreise und der Allgemeinen Lieferbedingungen (ALB) schaffen. An der Arbeitsgruppe nahmen insbesondere Vertreter der befassten Ministerien (Energie, Soziales, Justiz), der E-Wirtschaft und der Sozialpartner teil. Laut der Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt, bereiteten sich die Fachleute des BMK ausgezeichnet vor und agierten sehr konstruktiv: „Leider gibt es trotzdem kein Ergebnis, das für die Branche befriedigend ist.“

Statt dessen werden die schwammig formulierten Bestimmungen im derzeit geltenden Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) nahezu wörtlich in das ElWG übernommen. Sie führten bis dato zu mehr als 50 Verfahren von Konsumentenschutzorganisationen gegen Elektrizitätsunternehmen, von denen bislang keines letztinstanzlich abgeschlossen wurde.

Unterschiedliche Auslegungen

Besonders unbefriedigend ist für die E-Wirtschaft, dass die Gerichte die fraglichen Regelungen – insbesondere den Paragraphen 80 Absatz 2a des ElWOG – unterschiedlich auslegen. „Immer wieder fällen die Gerichte Urteile, und wir staunen. Deshalb ist die These des Sozialministeriums, wir sollten diese Dinge einfach ausjudizieren lassen, um Rechtssicherheit zu bekommen, einigermaßen fragwürdig“, kritisierte der Geschäftsführer der Energie-Allianz Austria, Herwig Hauenschild. Mit der inhaltlichen Übernahme der Regelungen in das ElWG seien weitere Rechtsstreitigkeiten programmiert: „Die Konsumentenschutzorganisationen werden auch in Zukunft klagen müssen.“

Ähnlich argumentierte der Wiener Rechtsanwalt Thomas Rabl: „Was jetzt herausgekommen ist, ist genau genommen ein Paragraph 80 Absatz 2a zum Quadrat. Die Probleme mit den Preisänderungen werden damit prolongiert. Die neuen Bestimmungen führen irgendwohin, aber sicher nicht auf einen grünen Zweig.“
 

Energieministerium sieht „Pattsituation“

Seitens des Energieministeriums betonte die für Energierechtsangelegenheiten zuständige Referentin Marta Hodasz, sie und ihre Kollegen hätten nach Kräften versucht, „die Interessen der Lieferanten und die der Kunden unter einen Hut zu bringen. Leider ergab sich eine Pattsituation und wir sind gescheitert.“

Wolfgang Urbantschitsch, der Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, ergänzte, die Stromlieferanten hätten ein berechtigtes Interesse, „allfällige Steigerungen ihrer Kosten weiterzugeben. Die Kunden wiederum haben ein Interesse an möglichst niedrigen Preisen. Das ist nicht leicht in Einklang zu bringen.“ Sicherheit bei Preisänderungen gebe es dann, wenn der Kunde diesen ausdrücklich zustimme: „Aber es ist schwierig, alle Kunden zu erreichen.“ Ein Problem ist laut Urbantschitsch auch die Komplexität der Produkte und der Preismodelle: „Nicht zuletzt Rabatte machen die Produkte intransparent und schwer vergleichbar.“

Beschluss offen

Weiterhin offen bleibt, ob das ElWG noch vor dem Auslaufen der im September endenden Legislaturperiode beschlossen werden kann. Bei der Fachkonferenz am 25. April berichtete der Leiter der Rechtsabteilung im Energieministerium, Benedikt Ennser, der endgültige Entwurf werde der Regierung voraussichtlich bereits „in den kommenden Tagen“ übermittelt. Die parlamentarische Behandlung sei für Mai und Juni vorgesehen, der Beschluss im Plenum für die Sitzung vom 3. bis 7. Juli. Grundsätzlich wäre es möglich, das ElWG in der letzten Plenarsitzung am 18. und 19. September zu beschließen. Allerdings findet spätestens am 29. September die Parlamentswahl statt. Das „Septemberplenum“ fällt damit in die Endphase des Wahlkampfs.

Dazu kommt: Für den Beschluss des ElWG ist, wie mehrmals berichtet, eine Zweidrittelmehrheit nötig. Die Bundesregierung aus den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und den Grünen benötigt daher die Zustimmung der Sozialdemokraten (SPÖ) oder der rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ). Vertreter dieser beiden Parteien äußerten sich bis dato jedoch zurückhaltend.

Bei der Fachtagung bezweifelten Insider der Redaktion gegenüber ferner, ob die als zerstritten geltende Koalition noch willens respektive in der Lage ist, einen Regierungsbeschluss des ElWG zustande zu bringen. In den vergangenen Wochen hatten Auseinandersetzungen hinsichtlich des von den Grünen forcierten Ausstiegs aus den Gasimporten aus Russland für weitere koalitionsinterne Verstimmung gesorgt.

Freitag, 26.04.2024, 13:41 Uhr
Klaus Fischer

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