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Energie & Management > Stadtwerke - Netzbetreiber warnte Oranienburg bereits vor 7 Jahren
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Stadtwerke

Netzbetreiber warnte Oranienburg bereits vor 7 Jahren

Die Stadtwerke Oranienburg prüfen, ob ihrem ehemaligen Geschäftsführer im Zusammenhang mit dem Engpass bei der Stromversorgung „ein Fehlverhalten vorgeworfen werden muss“.
Sehenden Auges in den Strom-Engpass? Die Stadtwerke Oranienburg hätten reichlich Zeit gehabt, für zusätzliche Kapazitäten im Verteilnetz zu sorgen. Denn „bereits 2017 hat der übergeordnete Netzbetreiber Edis die Stadtwerke darauf aufmerksam gemacht, dass das bestehende Umspannwerk in der Germendorfer Allee sich seiner Leistungsgrenze nähert“, berichten die „Piraten Brandenburg“ auf ihrer Website. Die Partei ist in der Stadtverordnetenversammlung Oranienburg vertreten. Der damalige Stadtwerke-Chef habe „trotz mehrmaliger Aufforderung nicht reagiert, um ausreichend Kapazitäten für unsere Stadt zu sichern.“

Bereits im vergangenen Jahr spitzte sich die Lage zu. Zu spüren bekam das der Konzern Orafol, der seinen Haupsitz in der Stadt hat. „Der Folienhersteller hat seine Produktion ausgebaut und braucht mehr Strom“, wie Piraten-Pressesprecher Guido Körber gegenüber E&M schildert. Wegen des Versorgungsengpasses müsse das Unternehmen jetzt „jonglieren“. Orafol habe vor der Produktionserweiterung frühzeitig bei den Stadtwerken angefragt, ob mehr Strom zur Verfügung steht, so Körber. Kein Problem, habe es von Seiten des Kommunalversorgers geheißen.

Kritik üben die Piraten am Bürgermeister. Dieser habe es in einer „unmöglichen Pressemitteilung“ Mitte April versäumt, „die Verantwortlichen für diese Misere klar zu benennen.“ Stattdessen habe er behauptet, der Strombedarf der Stadt habe sich schneller entwickelt, als vorhergesehen wurde. Es handle sich nicht um einen sprunghaften Anstieg des Verbrauchs, sondern „um ein Problem mit Ansage.“ Ein Problem, mit dem sich ein Untersuchungsausschuss der Stadt befasst, so der Piraten-Sprecher.

Bonus für den Chef

Dabei dürfte es nicht zuletzt um die Rolle des ehemaligen Geschäftsführers gehen. Es bestehe der Verdacht, „dass die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur zugunsten eines höheren Gewinns der Stadtwerke bewusst nicht vorgenommen wurden – womöglich auch wegen einer gewinnabhängigen Vergütungskomponente“.

Die Rolle ihres ehemaligen Chefs hinterfragen jetzt auch die Stadtwerke selbst. Es stehe seit längerer Zeit der Verdacht im Raum, „dass es in der Vergangenheit erhebliche Versäumnisse des früheren langjährigen Geschäftsführers“ gab, schreibt der Versorger. Nach dessen Ausscheiden habe man „erkannt, dass erforderliche Maßnahmen zur Vermeidung eines sich lange abzeichnenden Kapazitätsengpasses an der Schnittstelle zum vorgelagerten Hochspannungsnetz, dem Umspannwerk, nicht ergriffen wurden“.

Die Stadtwerke prüfen nach eigener Aussage, ob dem Geschäftsführer „ein Fehlverhalten“ vorgeworfen werden muss. Vorsorglich seien ihm gegenüber Schadensersatzansprüche dem Grunde nach geltend gemacht worden. Auf die Frage, warum man im Jahr 2017 nach dem Hinweis von Edis auf einen drohenden Kapazitätsengpass keine Vorkehrungen in die Wege leitete, war von den Stadtwerken bis Redaktionsschluss keine Antwort zu erhalten.

Versagen der Lokalpolitik?

Nach Beobachtung der Brandenburger Piraten sind die Probleme in Oranienburg symptomatisch. „Wir sehen viele Kommunen, in denen die Lokalpolitik beim Ausbau der Verteilnetze versagt“, sagt Parteisprecher Körber. Vor allem aus zwei Gründen gehe es nicht so voran, wie es für die Energiewende erforderlich wäre. Die Lokalpolitik sei mit der Materie überfordert, das Problem werde häufig erst gar nicht gesehen. Zum anderen wisse man vielerorts nicht, wie der Netzausbau finanziert werden könne.

Verantwortlich für den Strom-Engpass in Oranienburg, den die Bundesnetzagentur in der Zwischenzeit als „nicht akzeptabel“ beanstandet hat, sind nach Einschätzung der Piratenpartei vor allem der Bürgermeister und sein Amtsvorgänger: „Diese hatten mit dem Stadtwerke-Chef einen Anstellungsvertrag unterzeichnet, der sich primär am Gewinn des Unternehmens und weniger an der Versorgungssicherheit und dem kommunalen Auftrag der Stadtwerke orientierte. Selbst als sich massive Probleme abzeichneten, hielt man am Stadtwerke-Chef fest.“ Erst im April 2023 nach langen Querelen wurde der Chefposten neu besetzt. Der Vorgänger führte die Geschäfte zehn Jahre.

Freitag, 26.04.2024, 16:24 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Stadtwerke - Netzbetreiber warnte Oranienburg bereits vor 7 Jahren
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Stadtwerke
Netzbetreiber warnte Oranienburg bereits vor 7 Jahren
Die Stadtwerke Oranienburg prüfen, ob ihrem ehemaligen Geschäftsführer im Zusammenhang mit dem Engpass bei der Stromversorgung „ein Fehlverhalten vorgeworfen werden muss“.
Sehenden Auges in den Strom-Engpass? Die Stadtwerke Oranienburg hätten reichlich Zeit gehabt, für zusätzliche Kapazitäten im Verteilnetz zu sorgen. Denn „bereits 2017 hat der übergeordnete Netzbetreiber Edis die Stadtwerke darauf aufmerksam gemacht, dass das bestehende Umspannwerk in der Germendorfer Allee sich seiner Leistungsgrenze nähert“, berichten die „Piraten Brandenburg“ auf ihrer Website. Die Partei ist in der Stadtverordnetenversammlung Oranienburg vertreten. Der damalige Stadtwerke-Chef habe „trotz mehrmaliger Aufforderung nicht reagiert, um ausreichend Kapazitäten für unsere Stadt zu sichern.“

Bereits im vergangenen Jahr spitzte sich die Lage zu. Zu spüren bekam das der Konzern Orafol, der seinen Haupsitz in der Stadt hat. „Der Folienhersteller hat seine Produktion ausgebaut und braucht mehr Strom“, wie Piraten-Pressesprecher Guido Körber gegenüber E&M schildert. Wegen des Versorgungsengpasses müsse das Unternehmen jetzt „jonglieren“. Orafol habe vor der Produktionserweiterung frühzeitig bei den Stadtwerken angefragt, ob mehr Strom zur Verfügung steht, so Körber. Kein Problem, habe es von Seiten des Kommunalversorgers geheißen.

Kritik üben die Piraten am Bürgermeister. Dieser habe es in einer „unmöglichen Pressemitteilung“ Mitte April versäumt, „die Verantwortlichen für diese Misere klar zu benennen.“ Stattdessen habe er behauptet, der Strombedarf der Stadt habe sich schneller entwickelt, als vorhergesehen wurde. Es handle sich nicht um einen sprunghaften Anstieg des Verbrauchs, sondern „um ein Problem mit Ansage.“ Ein Problem, mit dem sich ein Untersuchungsausschuss der Stadt befasst, so der Piraten-Sprecher.

Bonus für den Chef

Dabei dürfte es nicht zuletzt um die Rolle des ehemaligen Geschäftsführers gehen. Es bestehe der Verdacht, „dass die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur zugunsten eines höheren Gewinns der Stadtwerke bewusst nicht vorgenommen wurden – womöglich auch wegen einer gewinnabhängigen Vergütungskomponente“.

Die Rolle ihres ehemaligen Chefs hinterfragen jetzt auch die Stadtwerke selbst. Es stehe seit längerer Zeit der Verdacht im Raum, „dass es in der Vergangenheit erhebliche Versäumnisse des früheren langjährigen Geschäftsführers“ gab, schreibt der Versorger. Nach dessen Ausscheiden habe man „erkannt, dass erforderliche Maßnahmen zur Vermeidung eines sich lange abzeichnenden Kapazitätsengpasses an der Schnittstelle zum vorgelagerten Hochspannungsnetz, dem Umspannwerk, nicht ergriffen wurden“.

Die Stadtwerke prüfen nach eigener Aussage, ob dem Geschäftsführer „ein Fehlverhalten“ vorgeworfen werden muss. Vorsorglich seien ihm gegenüber Schadensersatzansprüche dem Grunde nach geltend gemacht worden. Auf die Frage, warum man im Jahr 2017 nach dem Hinweis von Edis auf einen drohenden Kapazitätsengpass keine Vorkehrungen in die Wege leitete, war von den Stadtwerken bis Redaktionsschluss keine Antwort zu erhalten.

Versagen der Lokalpolitik?

Nach Beobachtung der Brandenburger Piraten sind die Probleme in Oranienburg symptomatisch. „Wir sehen viele Kommunen, in denen die Lokalpolitik beim Ausbau der Verteilnetze versagt“, sagt Parteisprecher Körber. Vor allem aus zwei Gründen gehe es nicht so voran, wie es für die Energiewende erforderlich wäre. Die Lokalpolitik sei mit der Materie überfordert, das Problem werde häufig erst gar nicht gesehen. Zum anderen wisse man vielerorts nicht, wie der Netzausbau finanziert werden könne.

Verantwortlich für den Strom-Engpass in Oranienburg, den die Bundesnetzagentur in der Zwischenzeit als „nicht akzeptabel“ beanstandet hat, sind nach Einschätzung der Piratenpartei vor allem der Bürgermeister und sein Amtsvorgänger: „Diese hatten mit dem Stadtwerke-Chef einen Anstellungsvertrag unterzeichnet, der sich primär am Gewinn des Unternehmens und weniger an der Versorgungssicherheit und dem kommunalen Auftrag der Stadtwerke orientierte. Selbst als sich massive Probleme abzeichneten, hielt man am Stadtwerke-Chef fest.“ Erst im April 2023 nach langen Querelen wurde der Chefposten neu besetzt. Der Vorgänger führte die Geschäfte zehn Jahre.

Freitag, 26.04.2024, 16:24 Uhr
Manfred Fischer

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