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Energie & Management > Gas - Die Zeiten sicherer und preiswerter Versorgung sind vorbei
Quelle: Fotolia / Dmitry Naumov
Gas

Die Zeiten sicherer und preiswerter Versorgung sind vorbei

Stadtwerke könnten künftig Probleme bekommen, selbst ihr Gas einzukaufen, sagten Experten auf einer Tagung. Wegen der unsicheren Lieferungen aus Russland blieben die Preise hoch.
Andreas Feicht, Ex-Staatssekretär im BMWI, sprach als Energieexperte auf der Stadtwerketagung 2022 in Berlin über die Preisentwicklungen für fossile Energieträger, insbesondere Erdgas. Angesichts des Willens der Europäischen Union, künftig kein Erdgas aus Russland zu nutzen, müssten neue Anbieter gefunden werde. Das werde die Preise erhöhen, weil Erdgas knapper wird, global steige die Nachfrage damit um 20 %. Es könne von Vorteil sein, als europäische Einkaufsgemeinschaft aufzutreten und langfristigere Verträge abzuschließen, sagte Feicht.

“Die Zeit der kurzfristigen Verträge ist vorbei, vor allem vor dem Hintergrund des Aufbaus einer Wasserstoffwirtschaft”, zeigte sich Feicht überzeugt. Die großen Investitionen in Flüssiggasterminals und -infrastruktur würden nur kommen, wenn es langfristige Absatzsicherheit gebe. “Mit unter zehn Jahren Vertragslaufzeit kommen wir nicht klar”, sagte Feicht. Er sei überzeugt, dass die geplanten deutschen Terminals für Flüssigerdgas (LNG) rechtzeitig kommen würden, weil die Gesetze im Bundestag “die richtige Sprache sprechen”. Es sei bedauerlich, wenn Umweltverbände trotz der dringenden Notwendigkeit dagegen klagen wollten.

Die hohen Preise schlagen erst noch durch

Noch sei die Energiepreiskrise nicht bei den Endverbrauchern und den Arbeitsplätzen angekommen, warnte Feicht. Es kämen harte Zeiten mit sehr hohen Kosten auf Europa und Deutschland zu. Es könne sein, dass für die 10 % der Haushalte mit den geringsten Einkommen staatliche Unterstützungen nötig würden. In Bezug auf das Preissystem am Strommarkt sagte der Experte, wenn man aus Kostengründen die Gaskraftwerke nicht mehr als preissetzend nehmen wolle, müsste es ein Kapazitätsinstrument geben, damit diese noch am Netz blieben. Unterstützung für das Energiesystem und seine Unternehmen solle “möglichst weit oben” ansetzen, um effektiv Kaskadeneffekte zu vermeiden, die Insolvenzen nach sich ziehen.

Aus Sicht der Stadtwerke Duisburg erläuterte der Geschäftsführer für Energiehandel, Michael Arnold, wie mit den starken Volatilitäten in den Großmärkten umgegangen wird. Das Risiko aus den Preisen könne man hedgen, aber die Kraftwerksprozesse könnten mit dem Tempo der Marktveränderungen nicht mithalten. Die fehlende Volatilität der Energieträger werfe bisherige Gewohnheiten über den Haufen. “Wir sorgen dafür, dass künftig Risiken besser eingepreist werden”, sagte Arnold.

Denn die Steigerungen von einem bis zu zehnfach höheren Erdgaspreis und einem in Folge bis zu fünffach höheren Strompreis waren zunächst nicht eingepreist und würden auf die gesamte Wirtschaft durchschlagen. “Das ist wirklich episch, was man da sieht”, sagte Arnold. Zum Glück arbeite sein Unternehmen bereits mit Marktmodellen, die man jetzt neu kalibrieren müsste. Als mittleres Stadtwerke müsse man sich überlegen, ob man ein so hohes Risiko wie die Gasversorgung langfristig selbst tragen oder verkaufen wolle. Auch die Kreditwürdigkeit von Stadtwerken könne leiden, wenn Verluste gemacht werden, warnte er.

Die fehlende Liquidität an den Märkten wird bleiben

Mathias Pechmann, Head of Commodity Flow Desk der RWE Supply and Trading, beleuchtete die geringe Liquidität an den Gasmärkten. “Wenn ich auf die Gasgroßmärkte schaue, habe ich heute das Gefühl, ich stehe vor einem leeren Supermarktregal”, beschrieb er die fehlenden Angebote am Spotmarkt. Während der Coronakrise hatte es ein Überangebot gegeben wegen der heruntergefahrenen Produktion und des geringeren Energiebedarfs.

Heute dagegen führten vier Aspekte zu mangelndem Angebot. Wegen der Angst von ausbleibenden Lieferungen aus Russland würden Vorräte nicht verkauft. Gasspeicher würden erst nach der Heizperiode neu vertraglich gebunden. Da der europäische Speicherstand derzeit unbekannt sei, steige der Risikopreis. Und schließlich sei aktuell kein Flüssigerdgas zu bekommen, da vorhandene Kapazitäten bereits verkauft seien. Da kein Ende der Knappheit abzusehen sei, würde niemand ohne Not Gasvorräte verkaufen, da er befürchten muss, es später nur noch teurer wieder einkaufen zu müssen.

Deshalb sei auch der Frontjahrespreis um 40 % gestiegen. Ohne eine Diversifikation der Gasversorgung, werde es keine Preisentspannung geben. Die dramatischen Änderungen am Markt würden andauern, daher müssten sich die Unternehmen darauf einstellen, auch in der Nachfrage. Er riet zu mehr erneuerbaren Energiequellen und langfristigeren Einkaufsstrategien. Zudem müssten sich die Unternehmen Kreditlinien erschließen, um noch liquide zu bleiben. Hier könnten auch staatliche Garantien helfen, schloss Pechmann.

Mittwoch, 11.05.2022, 11:50 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Gas - Die Zeiten sicherer und preiswerter Versorgung sind vorbei
Quelle: Fotolia / Dmitry Naumov
Gas
Die Zeiten sicherer und preiswerter Versorgung sind vorbei
Stadtwerke könnten künftig Probleme bekommen, selbst ihr Gas einzukaufen, sagten Experten auf einer Tagung. Wegen der unsicheren Lieferungen aus Russland blieben die Preise hoch.
Andreas Feicht, Ex-Staatssekretär im BMWI, sprach als Energieexperte auf der Stadtwerketagung 2022 in Berlin über die Preisentwicklungen für fossile Energieträger, insbesondere Erdgas. Angesichts des Willens der Europäischen Union, künftig kein Erdgas aus Russland zu nutzen, müssten neue Anbieter gefunden werde. Das werde die Preise erhöhen, weil Erdgas knapper wird, global steige die Nachfrage damit um 20 %. Es könne von Vorteil sein, als europäische Einkaufsgemeinschaft aufzutreten und langfristigere Verträge abzuschließen, sagte Feicht.

“Die Zeit der kurzfristigen Verträge ist vorbei, vor allem vor dem Hintergrund des Aufbaus einer Wasserstoffwirtschaft”, zeigte sich Feicht überzeugt. Die großen Investitionen in Flüssiggasterminals und -infrastruktur würden nur kommen, wenn es langfristige Absatzsicherheit gebe. “Mit unter zehn Jahren Vertragslaufzeit kommen wir nicht klar”, sagte Feicht. Er sei überzeugt, dass die geplanten deutschen Terminals für Flüssigerdgas (LNG) rechtzeitig kommen würden, weil die Gesetze im Bundestag “die richtige Sprache sprechen”. Es sei bedauerlich, wenn Umweltverbände trotz der dringenden Notwendigkeit dagegen klagen wollten.

Die hohen Preise schlagen erst noch durch

Noch sei die Energiepreiskrise nicht bei den Endverbrauchern und den Arbeitsplätzen angekommen, warnte Feicht. Es kämen harte Zeiten mit sehr hohen Kosten auf Europa und Deutschland zu. Es könne sein, dass für die 10 % der Haushalte mit den geringsten Einkommen staatliche Unterstützungen nötig würden. In Bezug auf das Preissystem am Strommarkt sagte der Experte, wenn man aus Kostengründen die Gaskraftwerke nicht mehr als preissetzend nehmen wolle, müsste es ein Kapazitätsinstrument geben, damit diese noch am Netz blieben. Unterstützung für das Energiesystem und seine Unternehmen solle “möglichst weit oben” ansetzen, um effektiv Kaskadeneffekte zu vermeiden, die Insolvenzen nach sich ziehen.

Aus Sicht der Stadtwerke Duisburg erläuterte der Geschäftsführer für Energiehandel, Michael Arnold, wie mit den starken Volatilitäten in den Großmärkten umgegangen wird. Das Risiko aus den Preisen könne man hedgen, aber die Kraftwerksprozesse könnten mit dem Tempo der Marktveränderungen nicht mithalten. Die fehlende Volatilität der Energieträger werfe bisherige Gewohnheiten über den Haufen. “Wir sorgen dafür, dass künftig Risiken besser eingepreist werden”, sagte Arnold.

Denn die Steigerungen von einem bis zu zehnfach höheren Erdgaspreis und einem in Folge bis zu fünffach höheren Strompreis waren zunächst nicht eingepreist und würden auf die gesamte Wirtschaft durchschlagen. “Das ist wirklich episch, was man da sieht”, sagte Arnold. Zum Glück arbeite sein Unternehmen bereits mit Marktmodellen, die man jetzt neu kalibrieren müsste. Als mittleres Stadtwerke müsse man sich überlegen, ob man ein so hohes Risiko wie die Gasversorgung langfristig selbst tragen oder verkaufen wolle. Auch die Kreditwürdigkeit von Stadtwerken könne leiden, wenn Verluste gemacht werden, warnte er.

Die fehlende Liquidität an den Märkten wird bleiben

Mathias Pechmann, Head of Commodity Flow Desk der RWE Supply and Trading, beleuchtete die geringe Liquidität an den Gasmärkten. “Wenn ich auf die Gasgroßmärkte schaue, habe ich heute das Gefühl, ich stehe vor einem leeren Supermarktregal”, beschrieb er die fehlenden Angebote am Spotmarkt. Während der Coronakrise hatte es ein Überangebot gegeben wegen der heruntergefahrenen Produktion und des geringeren Energiebedarfs.

Heute dagegen führten vier Aspekte zu mangelndem Angebot. Wegen der Angst von ausbleibenden Lieferungen aus Russland würden Vorräte nicht verkauft. Gasspeicher würden erst nach der Heizperiode neu vertraglich gebunden. Da der europäische Speicherstand derzeit unbekannt sei, steige der Risikopreis. Und schließlich sei aktuell kein Flüssigerdgas zu bekommen, da vorhandene Kapazitäten bereits verkauft seien. Da kein Ende der Knappheit abzusehen sei, würde niemand ohne Not Gasvorräte verkaufen, da er befürchten muss, es später nur noch teurer wieder einkaufen zu müssen.

Deshalb sei auch der Frontjahrespreis um 40 % gestiegen. Ohne eine Diversifikation der Gasversorgung, werde es keine Preisentspannung geben. Die dramatischen Änderungen am Markt würden andauern, daher müssten sich die Unternehmen darauf einstellen, auch in der Nachfrage. Er riet zu mehr erneuerbaren Energiequellen und langfristigeren Einkaufsstrategien. Zudem müssten sich die Unternehmen Kreditlinien erschließen, um noch liquide zu bleiben. Hier könnten auch staatliche Garantien helfen, schloss Pechmann.

Mittwoch, 11.05.2022, 11:50 Uhr
Susanne Harmsen

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