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Energie & Management > Interview - „Überbordende Bürokratie hat auch mit Misstrauen zu tun“
Constantin H. Alsheimer. Quelle: Stefab Sagmeister
Interview

„Überbordende Bürokratie hat auch mit Misstrauen zu tun“

Constantin H. Alsheimer ist Vorstandsvorsitzender der Thüga AG in München. Wo will er mit dem Unternehmen hin, was stört ihn an der Politik? Ein Gespräch.
Seit Januar 2024 ist Constantin Alsheimer Vorstandsvorsitzender der Thüga AG mit Sitz in München. Der kommunale Beteiligungsverbund vereint rund 100 Partnerunternehmen aus der Energiewirtschaft. Im E&M-Interview erläutert er, wie es mit der „TAP“ weitergeht und warum er den Energiemarkt für überreguliert hält.

Eine der zentralen Aufgaben ist aktuell die Thüga-Abrechnungsplattform (TAP), eine Software-as-a-Service-Lösung, die künftig eine Vielzahl dezentraler Systeme ersetzen soll. Alsheimer beschreibt das Ziel klar: „Mit der TAP bündeln wir die Prozesse. Künftig werden knapp 13 Millionen Zählpunkte über diese einheitliche Plattform abgerechnet. Damit sind wir die Nummer zwei im deutschen Markt nach Eon und vor der EnBW und EWE.“

Die Bündelung soll Skaleneffekte ermöglichen, die einzelne Versorger aufgrund ihrer regional begrenzten Märkte kaum erreichen können. Die TAP nutzen wollen Partnerunternehmen mit rund 7 Millionen Zählern in unterschiedlichen Marktrollen, sagt Alsheimer, später sollen auch externe Versorger dazukommen.

Das Projekt musste 2024 neu strukturiert werden, nachdem der ursprünglich vorgesehene technische Partner Powercloud den Eigentümer gewechselt hatte. Seither arbeitet die Thüga mit der IT-Beratung Accenture und SAP zusammen.

Alsheimer verweist auf einen stabilisierten Fahrplan: Mitte 2026 sollen die ersten Stadtwerke live gehen. Die Verzögerungen hätten dem Vorhaben nicht geschadet, im Gegenteil: „Nach den Irritationen im Jahr 2024 entwickelt sich das Projekt inzwischen sehr positiv.“ Für die Thüga ist die TAP ein Beispiel dafür, wie digitale Infrastruktur gemeinschaftlich organisiert werden kann und so wirtschaftliche Vorteile für die kommunalen Unternehmen entstehen.

Bau eigener Kraftwerke keine Option

Bei der Debatte über die Versorgungssicherheit in Deutschland hält Alsheimer zusätzliche wasserstofffähige Gaskraftwerke für erforderlich, um längere Phasen geringer erneuerbarer Einspeisung abzusichern. Allerdings zweifelt er an der angestrebten Realisierbarkeit bis 2030. „Die Auftragspipeline der drei großen Hersteller GE, Siemens und Mitsubishi ist voll.“

Der Bau eigener Kraftwerke sei für die Thüga keine Option. Diese Aufgabe liege besser bei regionalen Partnern, wie das 400-MW-Projekt der Mainova in Frankfurt zeige. Er plädiert zudem für einen Kapazitätsmechanismus, der auch kleinere und mittlere Anlagen berücksichtigt.

Ein anderes Thema, das den Thüga-Chef beschäftigt, ist die wachsende Bürokratie. Die Vielzahl an Vorgaben belaste Unternehmen, während Marktmechanismen zu wenig Raum erhielten. Alsheimer fordert eine Überprüfung der Regelwerke und verweist auf die praktischen Probleme: „Zu viel wird reguliert, zu wenig dem Markt überlassen.“

Ein Beispiel seien dynamische Tarife. Statt sie zur Pflicht zu machen, sollte man es dem Wettbewerb überlassen, welche Angebote sich durchsetzen. „Überbordende Bürokratie hat auch mit Misstrauen zu tun.“ Man traue den Unternehmen nicht zu, verantwortungsvoll zu handeln, und schreibe deshalb alles detailliert vor.

Das gesamte Interview mit Constantin H. Alsheimer erscheint am 1. Dezember im Jahresmagazin von Energie & Management. 

Dienstag, 25.11.2025, 17:18 Uhr
Stefan Sagmeister
Energie & Management > Interview - „Überbordende Bürokratie hat auch mit Misstrauen zu tun“
Constantin H. Alsheimer. Quelle: Stefab Sagmeister
Interview
„Überbordende Bürokratie hat auch mit Misstrauen zu tun“
Constantin H. Alsheimer ist Vorstandsvorsitzender der Thüga AG in München. Wo will er mit dem Unternehmen hin, was stört ihn an der Politik? Ein Gespräch.
Seit Januar 2024 ist Constantin Alsheimer Vorstandsvorsitzender der Thüga AG mit Sitz in München. Der kommunale Beteiligungsverbund vereint rund 100 Partnerunternehmen aus der Energiewirtschaft. Im E&M-Interview erläutert er, wie es mit der „TAP“ weitergeht und warum er den Energiemarkt für überreguliert hält.

Eine der zentralen Aufgaben ist aktuell die Thüga-Abrechnungsplattform (TAP), eine Software-as-a-Service-Lösung, die künftig eine Vielzahl dezentraler Systeme ersetzen soll. Alsheimer beschreibt das Ziel klar: „Mit der TAP bündeln wir die Prozesse. Künftig werden knapp 13 Millionen Zählpunkte über diese einheitliche Plattform abgerechnet. Damit sind wir die Nummer zwei im deutschen Markt nach Eon und vor der EnBW und EWE.“

Die Bündelung soll Skaleneffekte ermöglichen, die einzelne Versorger aufgrund ihrer regional begrenzten Märkte kaum erreichen können. Die TAP nutzen wollen Partnerunternehmen mit rund 7 Millionen Zählern in unterschiedlichen Marktrollen, sagt Alsheimer, später sollen auch externe Versorger dazukommen.

Das Projekt musste 2024 neu strukturiert werden, nachdem der ursprünglich vorgesehene technische Partner Powercloud den Eigentümer gewechselt hatte. Seither arbeitet die Thüga mit der IT-Beratung Accenture und SAP zusammen.

Alsheimer verweist auf einen stabilisierten Fahrplan: Mitte 2026 sollen die ersten Stadtwerke live gehen. Die Verzögerungen hätten dem Vorhaben nicht geschadet, im Gegenteil: „Nach den Irritationen im Jahr 2024 entwickelt sich das Projekt inzwischen sehr positiv.“ Für die Thüga ist die TAP ein Beispiel dafür, wie digitale Infrastruktur gemeinschaftlich organisiert werden kann und so wirtschaftliche Vorteile für die kommunalen Unternehmen entstehen.

Bau eigener Kraftwerke keine Option

Bei der Debatte über die Versorgungssicherheit in Deutschland hält Alsheimer zusätzliche wasserstofffähige Gaskraftwerke für erforderlich, um längere Phasen geringer erneuerbarer Einspeisung abzusichern. Allerdings zweifelt er an der angestrebten Realisierbarkeit bis 2030. „Die Auftragspipeline der drei großen Hersteller GE, Siemens und Mitsubishi ist voll.“

Der Bau eigener Kraftwerke sei für die Thüga keine Option. Diese Aufgabe liege besser bei regionalen Partnern, wie das 400-MW-Projekt der Mainova in Frankfurt zeige. Er plädiert zudem für einen Kapazitätsmechanismus, der auch kleinere und mittlere Anlagen berücksichtigt.

Ein anderes Thema, das den Thüga-Chef beschäftigt, ist die wachsende Bürokratie. Die Vielzahl an Vorgaben belaste Unternehmen, während Marktmechanismen zu wenig Raum erhielten. Alsheimer fordert eine Überprüfung der Regelwerke und verweist auf die praktischen Probleme: „Zu viel wird reguliert, zu wenig dem Markt überlassen.“

Ein Beispiel seien dynamische Tarife. Statt sie zur Pflicht zu machen, sollte man es dem Wettbewerb überlassen, welche Angebote sich durchsetzen. „Überbordende Bürokratie hat auch mit Misstrauen zu tun.“ Man traue den Unternehmen nicht zu, verantwortungsvoll zu handeln, und schreibe deshalb alles detailliert vor.

Das gesamte Interview mit Constantin H. Alsheimer erscheint am 1. Dezember im Jahresmagazin von Energie & Management. 

Dienstag, 25.11.2025, 17:18 Uhr
Stefan Sagmeister

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