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Energie & Management > Wirtschaft - Erholung der Wirtschaft lässt Energiepreise steigen
Quelle: Fotolia.com, caruso13
Wirtschaft

Erholung der Wirtschaft lässt Energiepreise steigen

Der starke Anstieg der Energiepreise in Europa wird nach Ansicht der IEA durch das Zusammentreffen unterschiedlicher Faktoren verursacht. Besserung ist vorerst nicht in Sicht.
Energie ist in den letzten Wochen und Monaten deutlich teurer geworden. Die Internationale Energieagentur (IEA) führt das vor allem darauf zurück, dass die Erholung der Weltwirtschaft vom Corona-Einbruch schneller und deutlicher ausgefallen ist als erwartet wurde. Dadurch sei vor allem das Gas-Angebot hinter der Nachfrage zurückgeblieben. Hinzu kämen ungünstige Witterungsverhältnisse in Europa, wo der letzte Winter länger und kälter als üblich ausgefallen und das Aufkommen an Windenergie im Sommer besonders gering gewesen ist.

Auch in Asien und den Vereinigten Staaten sei der Winter besonders hart gewesen, sodass der Verbrauch im ersten Quartal 2021 besonders hoch war. China, Japan und Korea importierten seit Anfang des Jahres mehr Gas als üblich. In anderen Regionen wie Brasilien wurde besonders viel Energie verbraucht, weil der Sommer besonders heiß war.

Gleichzeitig wurde auf dem Weltmarkt eher weniger Gas angeboten. Besonders die Produktion von Flüssiggas (LNG) blieb hinter den Erwartungen zurück, weil es zu mehreren Ausfällen von Verflüssigungsanlagen kam.

Energieagentur sieht keinen Zusammenhang mit der Energiewende

Die IEA will mit dieser Analyse dem Eindruck entgegentreten, dass die Zuspitzung der Lage eine Folge der Energiewende sei. „Es ist nicht richtig und irreführend, die Verantwortung für diese Entwicklung dem Ãœbergang zu einer emissionsfreien Energieerzeugung zur Last zu legen“, sagt IEA-Direktor Fatih Briol.

Diesem Vorwurf sieht sich vor allem die Regierung des Vereinigten Königreichs ausgesetzt, wo die Entwicklung die Züge einer akuten Energiekrise angenommen hat. Dort sind die Gaspreise seit August um mehr als 70 Prozent gestiegen und seit Anfang des Jahres haben sieben Versorgungsunternehmen Insolvenz angemeldet. Sie können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, weil sie mit ihren Kunden Festpreise vereinbart haben. Von derzeit noch 50 Anbietern könnten nach einer Prognose der Beraterfirma Baringa in einem Jahr nur noch zehn übrig sein.

Die Regierung in London denkt nach Verhandlungen mit der Regulierungsbehörde OFGEM und den Spitzen der Strom- und Gasunternehmen über die Gründung einer Auffanggesellschaft (Bad Bank) nach, die Versorgungsunternehmen in der bevorstehenden Heizperiode auffangen würde, damit ihre Kunden weiter beliefert werden können. In Großbritanien heizen 85 % der Haushalte mit Gas und 40 % des Stroms wird in Gaskraftwerken erzeugt. In diesem Sommer mussten diese Anlagen mehr Strom liefern als sonst, weil der Anteil des Windstroms von 18 auf 2 % zurückging. Hinzu kommt die Havarie eines Stromkabels, das den britischen Markt mit Frankreich verbindet.

Die Regierung, die sich auf der Klimakonferenz in Glasgow gerne als Vorreiter einer erfolgreichen Klimapolitik präsentieren will, ist dadurch in die Defensive geraten. Skeptiker sehen im grünen Umbau der Wirtschaft die Wurzel der Energieprobleme und werfen ihr vor, eine sicher und erschwingliche Energieversorgung auf dem Altar der Klimaziele zu opfern. Gleichzeitig drohen Klimaaktivisten mit immer radikaleren Aktionen im Vorfeld und am Rande der Klimakonferenz, um mehr Klimaschutz zu erzwingen.

In der EU ist die Lage noch nicht so kritisch, könnte sich aber weiter verschlechtern. Zu Beginn der Heizperiode sind die Speicher in der EU nicht wie üblich zu 92 % gefüllt, sondern nur zu 71 %. Russland habe seine vertraglichen Verpflichtungen zwar erfüllt, schreibt die IEA, könne aber mehr tun, um die Verfügbarkeit von Gas zu erhöhen und die Speicher vor der Heizperiode auf ein angemessenes Niveau zu bringen: „Das ist auch eine Gelegenheit für Russland, seinen Ruf als zuverlässiger Lieferant des europäischen Marktes zu festigen“, schreiben die Experten in Paris.

Nicht nur mit Moskau gibt es Probleme

In der EU hat man eher den gegenteiligen Eindruck. Dass Kremlsprecher Dimitrij Peskow höhere Gaslieferungen in Aussicht stellt, wenn die neue Pipeline Nord Stream 2 erst in Betrieb sei, wird auch in Berlin als versteckte Drohung betrachtet. Die EU hat allerdings nicht nur Lieferprobleme mit Moskau. Auch im Süden der Union droht eine Unterbrechung des Gasflusses. Die Magrebh-Leitung, über die algerisches Gas über Marokko nach Spenien geliefert wird, könnte versiegen. Die Regierung in Algier müsste das Transitabkommen mit Marokko, das im Oktober ausläuft, verlängern, ist dazu aber aufgrund einer diplomatischen Krise zwischen den beiden Ländern offenbar nicht bereit.

Die hohen Gaspreise treiben auch die Stromkosten in die Höhe. Auf vielen Märkten müssten mehr als 100 Euro pro MWh bezahlt werden, heißt es in der Mitteilung der IEA weiter. Kohle als Brennstoff sei inzwischen wieder auf dem Vormarsch, auch wenn die höheren Kohlenstoffpreise diesen Trend bremsten.

Die Lage zeigt nach Ansicht des IEA-Direktors, wie wichtig eine ausreichende und bezahlbare Energieversorgung, vor allem für sozial schwache Bevölkerungsschichten sei. Die Lösung des Problems sei eine „richtig gemanagte Energiewende“. Die enge Verbindung zwischen dem Gas- und dem Strommarkt werde dabei auf absehbare Zeit bestehen bleiben. Mit dem Fortschreiten der Energiewende werde die Gasnachfrage zwar zurückgehen, Gas bleibe aber ein wichtiges Element der Versorgungssicherheit, besonders in Ländern mit großen, saisonalen Unterschieden beim Energiebedarf.

Mittwoch, 22.09.2021, 13:20 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Wirtschaft - Erholung der Wirtschaft lässt Energiepreise steigen
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Wirtschaft
Erholung der Wirtschaft lässt Energiepreise steigen
Der starke Anstieg der Energiepreise in Europa wird nach Ansicht der IEA durch das Zusammentreffen unterschiedlicher Faktoren verursacht. Besserung ist vorerst nicht in Sicht.
Energie ist in den letzten Wochen und Monaten deutlich teurer geworden. Die Internationale Energieagentur (IEA) führt das vor allem darauf zurück, dass die Erholung der Weltwirtschaft vom Corona-Einbruch schneller und deutlicher ausgefallen ist als erwartet wurde. Dadurch sei vor allem das Gas-Angebot hinter der Nachfrage zurückgeblieben. Hinzu kämen ungünstige Witterungsverhältnisse in Europa, wo der letzte Winter länger und kälter als üblich ausgefallen und das Aufkommen an Windenergie im Sommer besonders gering gewesen ist.

Auch in Asien und den Vereinigten Staaten sei der Winter besonders hart gewesen, sodass der Verbrauch im ersten Quartal 2021 besonders hoch war. China, Japan und Korea importierten seit Anfang des Jahres mehr Gas als üblich. In anderen Regionen wie Brasilien wurde besonders viel Energie verbraucht, weil der Sommer besonders heiß war.

Gleichzeitig wurde auf dem Weltmarkt eher weniger Gas angeboten. Besonders die Produktion von Flüssiggas (LNG) blieb hinter den Erwartungen zurück, weil es zu mehreren Ausfällen von Verflüssigungsanlagen kam.

Energieagentur sieht keinen Zusammenhang mit der Energiewende

Die IEA will mit dieser Analyse dem Eindruck entgegentreten, dass die Zuspitzung der Lage eine Folge der Energiewende sei. „Es ist nicht richtig und irreführend, die Verantwortung für diese Entwicklung dem Ãœbergang zu einer emissionsfreien Energieerzeugung zur Last zu legen“, sagt IEA-Direktor Fatih Briol.

Diesem Vorwurf sieht sich vor allem die Regierung des Vereinigten Königreichs ausgesetzt, wo die Entwicklung die Züge einer akuten Energiekrise angenommen hat. Dort sind die Gaspreise seit August um mehr als 70 Prozent gestiegen und seit Anfang des Jahres haben sieben Versorgungsunternehmen Insolvenz angemeldet. Sie können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, weil sie mit ihren Kunden Festpreise vereinbart haben. Von derzeit noch 50 Anbietern könnten nach einer Prognose der Beraterfirma Baringa in einem Jahr nur noch zehn übrig sein.

Die Regierung in London denkt nach Verhandlungen mit der Regulierungsbehörde OFGEM und den Spitzen der Strom- und Gasunternehmen über die Gründung einer Auffanggesellschaft (Bad Bank) nach, die Versorgungsunternehmen in der bevorstehenden Heizperiode auffangen würde, damit ihre Kunden weiter beliefert werden können. In Großbritanien heizen 85 % der Haushalte mit Gas und 40 % des Stroms wird in Gaskraftwerken erzeugt. In diesem Sommer mussten diese Anlagen mehr Strom liefern als sonst, weil der Anteil des Windstroms von 18 auf 2 % zurückging. Hinzu kommt die Havarie eines Stromkabels, das den britischen Markt mit Frankreich verbindet.

Die Regierung, die sich auf der Klimakonferenz in Glasgow gerne als Vorreiter einer erfolgreichen Klimapolitik präsentieren will, ist dadurch in die Defensive geraten. Skeptiker sehen im grünen Umbau der Wirtschaft die Wurzel der Energieprobleme und werfen ihr vor, eine sicher und erschwingliche Energieversorgung auf dem Altar der Klimaziele zu opfern. Gleichzeitig drohen Klimaaktivisten mit immer radikaleren Aktionen im Vorfeld und am Rande der Klimakonferenz, um mehr Klimaschutz zu erzwingen.

In der EU ist die Lage noch nicht so kritisch, könnte sich aber weiter verschlechtern. Zu Beginn der Heizperiode sind die Speicher in der EU nicht wie üblich zu 92 % gefüllt, sondern nur zu 71 %. Russland habe seine vertraglichen Verpflichtungen zwar erfüllt, schreibt die IEA, könne aber mehr tun, um die Verfügbarkeit von Gas zu erhöhen und die Speicher vor der Heizperiode auf ein angemessenes Niveau zu bringen: „Das ist auch eine Gelegenheit für Russland, seinen Ruf als zuverlässiger Lieferant des europäischen Marktes zu festigen“, schreiben die Experten in Paris.

Nicht nur mit Moskau gibt es Probleme

In der EU hat man eher den gegenteiligen Eindruck. Dass Kremlsprecher Dimitrij Peskow höhere Gaslieferungen in Aussicht stellt, wenn die neue Pipeline Nord Stream 2 erst in Betrieb sei, wird auch in Berlin als versteckte Drohung betrachtet. Die EU hat allerdings nicht nur Lieferprobleme mit Moskau. Auch im Süden der Union droht eine Unterbrechung des Gasflusses. Die Magrebh-Leitung, über die algerisches Gas über Marokko nach Spenien geliefert wird, könnte versiegen. Die Regierung in Algier müsste das Transitabkommen mit Marokko, das im Oktober ausläuft, verlängern, ist dazu aber aufgrund einer diplomatischen Krise zwischen den beiden Ländern offenbar nicht bereit.

Die hohen Gaspreise treiben auch die Stromkosten in die Höhe. Auf vielen Märkten müssten mehr als 100 Euro pro MWh bezahlt werden, heißt es in der Mitteilung der IEA weiter. Kohle als Brennstoff sei inzwischen wieder auf dem Vormarsch, auch wenn die höheren Kohlenstoffpreise diesen Trend bremsten.

Die Lage zeigt nach Ansicht des IEA-Direktors, wie wichtig eine ausreichende und bezahlbare Energieversorgung, vor allem für sozial schwache Bevölkerungsschichten sei. Die Lösung des Problems sei eine „richtig gemanagte Energiewende“. Die enge Verbindung zwischen dem Gas- und dem Strommarkt werde dabei auf absehbare Zeit bestehen bleiben. Mit dem Fortschreiten der Energiewende werde die Gasnachfrage zwar zurückgehen, Gas bleibe aber ein wichtiges Element der Versorgungssicherheit, besonders in Ländern mit großen, saisonalen Unterschieden beim Energiebedarf.

Mittwoch, 22.09.2021, 13:20 Uhr
Tom Weingärtner

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