Gebäude der Bundesnetzagentur in Bonn. Quelle: Bundesnetzagentur
Die Bundesnetzagentur hat Vorschläge für neue Netzentgeltkomponenten vorgelegt und will den Sachstandsbericht zu „AgNes“ mit der Branche diskutieren.
Die Bundesnetzagentur hat ihren Sachstandsbericht zur neuen Allgemeinen Netzentgeltsystematik Strom (AgNes) am 20.
November veröffentlicht. Laut der Behörde sollen künftige Netzentgelte auf zwei Arten von Entgeltkomponenten beruhen: auf Elementen mit Finanzierungsfunktion und auf solchen mit Anreizfunktion. Das Papier dient als Grundlage für die ersten Expertenworkshops, in denen Praktikabilität und Wirkung der Vorschläge überprüft werden sollen. Die Behörde hatte den Prozess im Mai eröffnet und zuvor Konsultationsbeiträge sowie einen Branchenworkshop ausgewertet.
Nach Angaben der Bundesnetzagentur sollen Finanzierungs- und Anreizkomponenten künftig klar voneinander getrennt werden. Die Behörde beschreibt, dass Entgeltkomponenten mit Finanzierungsfunktion die Netzkosten weitgehend gesichert refinanzieren sollen, während Anreizkomponenten das Verhalten der Netznutzer beeinflussen sollen. Sie sollen sowohl kurzfristige Einsatz- als auch langfristige Investitionsentscheidungen berücksichtigen. Ziel ist es, Kostenwirkungen transparent zu machen und Fehlanreize zu vermeiden.
Unterteilung nach SpannungsebeneFür größere Verbraucher ab der Umspannebene Mittelspannung/Niederspannung sowie für Niederspannungskunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100.000
kWh schlägt die Bundesnetzagentur zwei Komponenten vor: Einen Preis für eine jährlich wählbare Kapazität sowie einen mengenbezogenen Arbeitspreis. Der Arbeitspreis soll in zwei Stufen ausgestaltet werden.
Arbeitspreis
1 gilt für die Strommengen innerhalb der gewählten Kapazität. Arbeitspreis
2 liegt höher und fällt für die Mengen an, die die bestellte Kapazität überschreiten. Laut Behörde soll der höhere Arbeitspreis nicht zu einer strikten Begrenzung der Nutzung führen, sondern Netznutzern helfen, eine realistische Kapazität zu wählen.
Für kleinere Verbraucher in der Niederspannung sollen weiterhin ein Grundpreis und ein Arbeitspreis gelten. Die Bundesnetzagentur betont, dass damit auch Prosumer stärker an der Finanzierung der Netze beteiligt werden können. Dies sei insbesondere in der Niederspannungsebene relevant, in der dezentrale Erzeugung und neue Verbrauchergruppen zunehmend Einfluss auf die Lastgänge hätten.
Abkehr vom LeistungspreismodellDie Behörde erklärt, dass die bisherige leistungsbezogene Komponente auf Basis der individuellen Jahreshöchstlast zunehmend an Aussagekraft verliere. Untersuchungen hätten gezeigt, dass die herkömmliche Gleichzeitigkeitsfunktion kaum geeignet sei, die wirkliche Kostenverursachung abzubilden. Zudem habe das heutige System in einigen Fällen dazu geführt, dass Netzentgelte auf unteren Spannungsebenen niedriger ausfallen als auf vorgelagerten Ebenen.
Dies habe in der Vergangenheit Anreize für einen nicht energiewirtschaftlich begründbaren Wechsel der Netzebenen geschaffen. Aus Sicht der Behörde spricht dies für eine Abkehr vom bisherigen Leistungspreismodell. Die vorgeschlagene Kapazitätskomponente soll diese Probleme verringern, da sie auf einer frei wählbaren Kapazität basiert und Überschreitungen zulässt. Nach Einschätzung der Bundesnetzagentur erleichtert dies den Umgang mit konjunkturellen Schwankungen und verringert die Komplexität für Netznutzer.
Kundenleistung antizipierenDie Kapazitätsbestellung soll an den individuellen Bedarf angepasst werden können, während der Arbeitspreis
2 vor allem eine Entscheidungshilfe für diese Wahl darstellt. Die Netzbetreiber müssten künftig antizipieren, welche Kapazitäten ihre Kunden bestellen. Dadurch könnten bisherige Modelle wie Monats- oder Tagesleistungspreise entfallen. Die Behörde betont, dass dies noch näher untersucht werden müsse.
Auch die konkrete Parameterwahl bleibt offen: Kapazitätspreis und Aufschlag müssten ausreichend zur Refinanzierung beitragen, gleichzeitig aber sozialverträgliche Verteilungseffekte ermöglichen. Der höhere Arbeitspreis dürfe zudem nicht so hoch sein, dass er flexible Lastverschiebungen zu stark begrenzt. Regulatorisch stellt sich laut Bundesnetzagentur die Frage, wie stark die Vorgaben für die Entgeltkomponenten zentral festgelegt werden sollen. Möglich sei eine strikte Vorgabe der Erlösanteile für jede Komponente oder ein flexiblerer Rahmen, der den Netzbetreibern größere Spielräume lässt.
Für die Bewertung der Vorschläge will die Bundesnetzagentur zwei Expertenworkshops durchführen. Ergänzend plant sie, ein Gutachten zu europäischen Modellen der Netzentgeltgestaltung zu veröffentlichen. Weitere Papiere zur Behandlung von Speichern, Einspeisern sowie zur Dynamisierung von Entgeltkomponenten sollen folgen. Ziel sei es, die Systematik schrittweise weiterzuentwickeln und an die Anforderungen der Energiewende anzupassen, so die Behörde.
Der
Sachstand der Bundesnetzagentur zu „AgNes“ steht als PDF zum Download bereit.
Freitag, 21.11.2025, 12:52 Uhr
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