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Energie & Management > Strom - Allheilmittel gegen hohe Energiepreise?
Quelle: Fotolia / galaxy67
Strom

Allheilmittel gegen hohe Energiepreise?

Angesichts stark steigender Gas- und Strompreise zeigen Forschende des Kopernikus-Projektes "SynErgie" auf, wie hohe Strompreise mittel- bis langfristig umgangen werden könnten.
Seit Monaten steigen die Notierungen für Strom, CO2 und Erdgas in ungeahnte Höhen. Sowohl private Haushalte als auch energieintensive Industriezweige stellt dies vor große Herausforderungen. Betroffen sind auch Energieanbieter, die mit ihren Kunden langfristig laufende Verträge zu niedrigen Preisen vereinbart haben, die Energie nun aber teuer am Spotmarkt einkaufen müssen. Erste Insolvenz-Anmeldungen sind die Folge (wir berichteten). 

Expertinnen und Experten des vom Bundesforschungsministerium geförderten Kopernikus-Projektes "SynErgie" nehmen die aktuelle Preissituation zum Anlass einer Stellungnahme. Die Forschenden nennen Maßnahmen für ein intelligentes, nachhaltiges und bezahlbares Stromsystem der Zukunft.

Gratwanderung mit Ad-hoc-Eingriffen

Den Empfehlungen der Europäischen Kommission − kurzfristige Steuerentlastungen, Aufbau von ​Gasreserven auf EU-Ebene, finanzielle Unterstützung von Geringverdienenden − steht das Expertengremium zwiegespalten gegenüber. Sie halten diese Schritte zwar für geeignet, um die Situation kurzfristig zu entschärfen, warnen jedoch vor überstürzten Ad-hoc-Eingriffen in das Marktgeschehen.

Martin Weibelzahl, Mitautor der Stellungnahme, erklärt: "Kurzfristige Preisspitzen können auf dem Strommarkt dazu beitragen, Investitionen in Flexibilität und erneuerbare Energien anzureizen". Der aktuelle Preisbildungsmechanismus trage daher grundsätzlich zum beschleunigten Ausbau etwa von Stromspeicher, Power-to-X oder Nachfrageflexibilitäten bei. Jedoch: "Überstürzte Eingriffe in den Markt können das Vertrauen der Marktteilnehmenden in die Funktionsfähigkeit der Energiemärkte erheblich gefährden", mahnt der Fachbereichsleiter am Kernkompetenzzentrum Finanz- & Informationsmanagement (FIM) und der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT). Weibelzahl betont: "Für die notwendigen Investitionen aus der Privatwirtschaft müssen die Rahmenbedingungen stabil und langfristig planbar bleiben."

Strommarktdesign zielgerichtet weiterentwickeln

Als Gründe für die aktuell hohen Gas- und Strompreise nennen die Expertinnen und Experten mehrere Variablen − etwa die stark anziehende Nachfrage nach Gas und Strom in Folge der wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Pandemie und den Rückgang der Gasimporte nach Europa. Zudem schlagen die hohen Gaspreise direkt auf die Strompreise durch, da derzeit noch in erheblichem Maße konventionelle Kraftwerke, insbesondere Gaskraftwerke, zum Einsatz kommen, um die Stromnachfrage zu befriedigen.

Um einer weiteren Verschärfung der Preisentwicklung mittel- bis langfristig entgegenzuwirken, erachten die Verfasser die Weiterentwicklung des Strommarktdesigns als notwendig. Damit dieses zukunftsfähig sei, müsse es folgende Kriterien erfüllen:
  • Es muss von allen zentralen Akteuren des Energiesystems getragen werden.
  • Die Integration erneuerbarer Energien in das Stromsystem muss darin bestmöglich unterstützt und dringend benötigte Flexibilitätspotenziale gehoben werden.
  • Netzrestriktionen müssen darin Berücksichtigung finden.
  • Die Gesamtsystemkosten müssen im Zuge all dieser Maßnahmen sinken
Bereits heute erachten es die Forschenden für möglich, dass allein die deutsche Industrie ihre Leistung im Umfang von 4.800 MW an das schwankende Angebot erneuerbarer Energien anpassen kann. Zum Vergleich: Dies entspricht der Nennleistung von etwa 1.370 Onshore-Windkraftanlagen. Damit sich diese Potenziale zum jeweils benötigten Zeitpunkt und am benötigten Ort erschließen lassen, empfehlen die Wissenschaftler zeit- und ortsabhängig differenzierte Preisanreize.

Nicht zuletzt bekräftigen sie ihre Forderung nach einer begleitenden Digitalisierung der Energiebranche. Nur so sei eine intelligente Koordination von Stromerzeugung, -übertragung und -verbrauch möglich.

Die zweiseitige Stellungnahme des Projektes Synergie mit dem Titel "Preisschock an den Energiemärkten und die Rolle des Marktdesigns" ist auf der Internetseite des Bundesforschungsministeriums downloadbar.

Donnerstag, 21.10.2021, 16:14 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Strom - Allheilmittel gegen hohe Energiepreise?
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Strom
Allheilmittel gegen hohe Energiepreise?
Angesichts stark steigender Gas- und Strompreise zeigen Forschende des Kopernikus-Projektes "SynErgie" auf, wie hohe Strompreise mittel- bis langfristig umgangen werden könnten.
Seit Monaten steigen die Notierungen für Strom, CO2 und Erdgas in ungeahnte Höhen. Sowohl private Haushalte als auch energieintensive Industriezweige stellt dies vor große Herausforderungen. Betroffen sind auch Energieanbieter, die mit ihren Kunden langfristig laufende Verträge zu niedrigen Preisen vereinbart haben, die Energie nun aber teuer am Spotmarkt einkaufen müssen. Erste Insolvenz-Anmeldungen sind die Folge (wir berichteten). 

Expertinnen und Experten des vom Bundesforschungsministerium geförderten Kopernikus-Projektes "SynErgie" nehmen die aktuelle Preissituation zum Anlass einer Stellungnahme. Die Forschenden nennen Maßnahmen für ein intelligentes, nachhaltiges und bezahlbares Stromsystem der Zukunft.

Gratwanderung mit Ad-hoc-Eingriffen

Den Empfehlungen der Europäischen Kommission − kurzfristige Steuerentlastungen, Aufbau von ​Gasreserven auf EU-Ebene, finanzielle Unterstützung von Geringverdienenden − steht das Expertengremium zwiegespalten gegenüber. Sie halten diese Schritte zwar für geeignet, um die Situation kurzfristig zu entschärfen, warnen jedoch vor überstürzten Ad-hoc-Eingriffen in das Marktgeschehen.

Martin Weibelzahl, Mitautor der Stellungnahme, erklärt: "Kurzfristige Preisspitzen können auf dem Strommarkt dazu beitragen, Investitionen in Flexibilität und erneuerbare Energien anzureizen". Der aktuelle Preisbildungsmechanismus trage daher grundsätzlich zum beschleunigten Ausbau etwa von Stromspeicher, Power-to-X oder Nachfrageflexibilitäten bei. Jedoch: "Überstürzte Eingriffe in den Markt können das Vertrauen der Marktteilnehmenden in die Funktionsfähigkeit der Energiemärkte erheblich gefährden", mahnt der Fachbereichsleiter am Kernkompetenzzentrum Finanz- & Informationsmanagement (FIM) und der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT). Weibelzahl betont: "Für die notwendigen Investitionen aus der Privatwirtschaft müssen die Rahmenbedingungen stabil und langfristig planbar bleiben."

Strommarktdesign zielgerichtet weiterentwickeln

Als Gründe für die aktuell hohen Gas- und Strompreise nennen die Expertinnen und Experten mehrere Variablen − etwa die stark anziehende Nachfrage nach Gas und Strom in Folge der wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Pandemie und den Rückgang der Gasimporte nach Europa. Zudem schlagen die hohen Gaspreise direkt auf die Strompreise durch, da derzeit noch in erheblichem Maße konventionelle Kraftwerke, insbesondere Gaskraftwerke, zum Einsatz kommen, um die Stromnachfrage zu befriedigen.

Um einer weiteren Verschärfung der Preisentwicklung mittel- bis langfristig entgegenzuwirken, erachten die Verfasser die Weiterentwicklung des Strommarktdesigns als notwendig. Damit dieses zukunftsfähig sei, müsse es folgende Kriterien erfüllen:
  • Es muss von allen zentralen Akteuren des Energiesystems getragen werden.
  • Die Integration erneuerbarer Energien in das Stromsystem muss darin bestmöglich unterstützt und dringend benötigte Flexibilitätspotenziale gehoben werden.
  • Netzrestriktionen müssen darin Berücksichtigung finden.
  • Die Gesamtsystemkosten müssen im Zuge all dieser Maßnahmen sinken
Bereits heute erachten es die Forschenden für möglich, dass allein die deutsche Industrie ihre Leistung im Umfang von 4.800 MW an das schwankende Angebot erneuerbarer Energien anpassen kann. Zum Vergleich: Dies entspricht der Nennleistung von etwa 1.370 Onshore-Windkraftanlagen. Damit sich diese Potenziale zum jeweils benötigten Zeitpunkt und am benötigten Ort erschließen lassen, empfehlen die Wissenschaftler zeit- und ortsabhängig differenzierte Preisanreize.

Nicht zuletzt bekräftigen sie ihre Forderung nach einer begleitenden Digitalisierung der Energiebranche. Nur so sei eine intelligente Koordination von Stromerzeugung, -übertragung und -verbrauch möglich.

Die zweiseitige Stellungnahme des Projektes Synergie mit dem Titel "Preisschock an den Energiemärkten und die Rolle des Marktdesigns" ist auf der Internetseite des Bundesforschungsministeriums downloadbar.

Donnerstag, 21.10.2021, 16:14 Uhr
Davina Spohn

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