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Energie & Management > Elektrofahrzeuge - E-Mobilität skurril: Wenn das Laden zum „Parkverstoß“ wird
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Elektrofahrzeuge

E-Mobilität skurril: Wenn das Laden zum „Parkverstoß“ wird

Vorsicht, Falle! Wer sonntags ein E-Auto an Einkaufszentren lädt, dem drohen Knöllchen. Die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit von Ladesäulen wird so ad absurdum geführt.
Mario Priggens Auto ist geladen, er selbst noch viel mehr. Nachdem der Sendener sein E-Mobil jüngst an einer Ladesäule von EnBW im thüringischen Nordhausen mit frischem Strom versorgt hatte, erhielt der Westfale unerfreuliche Post: eine Zahlungsaufforderung von 45 Euro. „Das darf nicht sein, das ist Abzocke!“, schimpft Priggen.

Der Betrag wird nicht etwa für den Strom fällig, so viele kWh fasst die Batterie seines Opel Ampera gar nicht. Das Geld soll er allein für das Abstellen seines E-Autos an der Säule zahlen. Denn Mario Priggen holte sich den Strom zuletzt an einem Sonntag. Das ist außerhalb der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums, auf dessen Parkfläche die EnBW-Säule steht, und das ist das Problem.

Wer dort nach Ladenschluss zum, na ja, Laden vorfährt, begeht laut bewirtschaftender Firma „Parkdepot“ nach 15 Minuten erlaubtem Aufenthalt formal einen Parkverstoß. Die Firma hält das per Kamera über Kennzeichen-Erkennung nach. Mario Priggen hatte etwa 75 Minuten fürs Laden benötigt.
 
Bitte beachten Sie das Kleingedruckte: Wer ein solches Schild wie dieses in Nordhausen übersieht und länger lädt, muss zahlen.
Quelle: privat
 
 
Der Mann aus Senden (NRW) konnte darin nichts Schlimmes erkennen, zumal er die Säule häufiger ansteuert. Auch die Bedingungen seien durch die Beschilderung am Parkplatz keineswegs so „klar ersichtlich“, wie Parkdepot dies im Zahlungsschreiben behauptet. An der Ladesäule selbst finde sich ebenfalls kein Warnhinweis.

EnBW distanziert sich von den Parkwächtern

Wer einen Stromer fährt, ist diverse Auflagen an Ladesäulen gewohnt. Gängig etwa ist ein Vier-Stunden-Deckel fürs Laden, danach werden Blockiergebühren fällig (wir berichteten). Diese Maßnahme scheint sinnvoll, damit der Durchsatz an den Stationen hoch ist. Auch ist mancherorts über auszulegende Parkscheiben die Ankunftszeit an der Säule zu dokumentieren.

In Nordhausen und anderswo aber nach erlaubtem Laden wegen vermeintlich unerlaubten Parkens eine Strafe zahlen zu müssen, klingt nach Schilda. „Es geht um das große Ganze“, findet Mario Priggen, also um die Antriebswende mit ihren Klimazielen und um den Erfolg der E-Mobilität, der unter solchen Schikanen leide. Die Strafe hält er für „das Problem von EnBW, dem Unternehmen gehören die Säulen“.

Von EnBW kommt Verständnis, Nordhausen ist kein Einzelfall. „Auch wir erachten das dortige Vorgehen für das Laden außerhalb der Geschäftszeiten als nicht kundenfreundlich und sind nicht damit einverstanden“, sagt Sprecher Heiko Willrett auf Anfrage. EnBW habe den Eigentümer des Parkplatzes zuletzt um eine Anpassung der Parkregelungen bei Ladevorgängen gebeten. Ein Ergebnis sei, dass nun eine Stunde Stehen gratis sei.

Für Mario Priggen kommt das zu spät. Zudem wären seine 78 Minuten Laden immer noch zu lange. Er erwartet von EnBW eine Klärung, zumindest aber eine Information, welche Säulen bundesweit für ihn nicht „24/7“ zur Verfügung stehen.

BEM-Vorstand fragt nach Förderung und Verfügbarkeit der Säulen

Hier könnte Kundenfreundlichkeit zum Thema werden. Denn die Mobility App von EnBW verspricht für den Standort Nordhausen: „Öffnungszeiten: Immer geöffnet“. Erst bei in Betreiber-Informationen weiter unten steht, dass „die allgemeine Parkplatzverordnung am Standort“ zu beachten sei. Dort ist die Rede von Höchstparkdauer „und ggf. Parkgebühren“. Dass eine drohende 45-Euro-Abgabe keine Gebühr fürs Parken ist, sondern eine Strafe, ist dadurch nicht zu erkennen.

Markus Emmert würde E-Mobilisten nicht grundsätzlich von den allgemeinen Regeln ausnehmen. Die Schuldfrage hänge daher „davon ab, wie und wo die Beschilderung erfolgt“, sagt der Vorstand des Bundesverbands Elektromobilität (BEM). Allerdings sei für jeden Standort zu prüfen, ob der Betreiber eine Förderung entsprechend der Verfügbarkeit erhalten habe. „Bei einer Förderung für 24/7 halte ich eine beschränkte Ladedauer für unangemessen“, so Emmert. Mit anderen Worten: Dann sollte EnBW die Verantwortung übernehmen.

Im Sinne der Nutzer hält der BEM-Vorstand es für zweckdienlich, die nötigen Informationen über Parkeinschränkungen bei Ladesäulen unmissverständlich und klar erkennbar anzubringen. „Die Displays an vielen Säulen könnten durch entsprechende Programmierung Warnhinweise anzeigen“, sagt er. Auch könnte die Kennzeichen-Erkennung der Bewirtschafter E-Autos automatisch einen längeren Aufenthalt zuerkennen.

Die Zahlungsaufforderung an Mario Priggen nennt das „E“ für Elektromobil übrigens deutlich. Was ein E-Auto an einem Sonntag auf einem leeren Parkplatz mit Ladesäule anderes tun sollte, als zu laden, ist nur eine Frage. Eine andere ist, warum E-Mobilisten Fotobelege über den Ladevorgang nur am selben Tag an Parkdepot senden dürfen, um Knöllchen zu entgehen. Dies steht laut EnBW im Kleingedruckten auf einem der Schilder in Nordhausen.

Wer die Mail zu spät sendet, muss also zahlen. Markus Emmert fragt ironisch: „Und was mache ich, wenn mein Ladevorgang um 23.50 Uhr startet und nach Mitternacht endet?“

Donnerstag, 18.04.2024, 16:30 Uhr
Volker Stephan
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Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Elektrofahrzeuge
E-Mobilität skurril: Wenn das Laden zum „Parkverstoß“ wird
Vorsicht, Falle! Wer sonntags ein E-Auto an Einkaufszentren lädt, dem drohen Knöllchen. Die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit von Ladesäulen wird so ad absurdum geführt.
Mario Priggens Auto ist geladen, er selbst noch viel mehr. Nachdem der Sendener sein E-Mobil jüngst an einer Ladesäule von EnBW im thüringischen Nordhausen mit frischem Strom versorgt hatte, erhielt der Westfale unerfreuliche Post: eine Zahlungsaufforderung von 45 Euro. „Das darf nicht sein, das ist Abzocke!“, schimpft Priggen.

Der Betrag wird nicht etwa für den Strom fällig, so viele kWh fasst die Batterie seines Opel Ampera gar nicht. Das Geld soll er allein für das Abstellen seines E-Autos an der Säule zahlen. Denn Mario Priggen holte sich den Strom zuletzt an einem Sonntag. Das ist außerhalb der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums, auf dessen Parkfläche die EnBW-Säule steht, und das ist das Problem.

Wer dort nach Ladenschluss zum, na ja, Laden vorfährt, begeht laut bewirtschaftender Firma „Parkdepot“ nach 15 Minuten erlaubtem Aufenthalt formal einen Parkverstoß. Die Firma hält das per Kamera über Kennzeichen-Erkennung nach. Mario Priggen hatte etwa 75 Minuten fürs Laden benötigt.
 
Bitte beachten Sie das Kleingedruckte: Wer ein solches Schild wie dieses in Nordhausen übersieht und länger lädt, muss zahlen.
Quelle: privat
 
 
Der Mann aus Senden (NRW) konnte darin nichts Schlimmes erkennen, zumal er die Säule häufiger ansteuert. Auch die Bedingungen seien durch die Beschilderung am Parkplatz keineswegs so „klar ersichtlich“, wie Parkdepot dies im Zahlungsschreiben behauptet. An der Ladesäule selbst finde sich ebenfalls kein Warnhinweis.

EnBW distanziert sich von den Parkwächtern

Wer einen Stromer fährt, ist diverse Auflagen an Ladesäulen gewohnt. Gängig etwa ist ein Vier-Stunden-Deckel fürs Laden, danach werden Blockiergebühren fällig (wir berichteten). Diese Maßnahme scheint sinnvoll, damit der Durchsatz an den Stationen hoch ist. Auch ist mancherorts über auszulegende Parkscheiben die Ankunftszeit an der Säule zu dokumentieren.

In Nordhausen und anderswo aber nach erlaubtem Laden wegen vermeintlich unerlaubten Parkens eine Strafe zahlen zu müssen, klingt nach Schilda. „Es geht um das große Ganze“, findet Mario Priggen, also um die Antriebswende mit ihren Klimazielen und um den Erfolg der E-Mobilität, der unter solchen Schikanen leide. Die Strafe hält er für „das Problem von EnBW, dem Unternehmen gehören die Säulen“.

Von EnBW kommt Verständnis, Nordhausen ist kein Einzelfall. „Auch wir erachten das dortige Vorgehen für das Laden außerhalb der Geschäftszeiten als nicht kundenfreundlich und sind nicht damit einverstanden“, sagt Sprecher Heiko Willrett auf Anfrage. EnBW habe den Eigentümer des Parkplatzes zuletzt um eine Anpassung der Parkregelungen bei Ladevorgängen gebeten. Ein Ergebnis sei, dass nun eine Stunde Stehen gratis sei.

Für Mario Priggen kommt das zu spät. Zudem wären seine 78 Minuten Laden immer noch zu lange. Er erwartet von EnBW eine Klärung, zumindest aber eine Information, welche Säulen bundesweit für ihn nicht „24/7“ zur Verfügung stehen.

BEM-Vorstand fragt nach Förderung und Verfügbarkeit der Säulen

Hier könnte Kundenfreundlichkeit zum Thema werden. Denn die Mobility App von EnBW verspricht für den Standort Nordhausen: „Öffnungszeiten: Immer geöffnet“. Erst bei in Betreiber-Informationen weiter unten steht, dass „die allgemeine Parkplatzverordnung am Standort“ zu beachten sei. Dort ist die Rede von Höchstparkdauer „und ggf. Parkgebühren“. Dass eine drohende 45-Euro-Abgabe keine Gebühr fürs Parken ist, sondern eine Strafe, ist dadurch nicht zu erkennen.

Markus Emmert würde E-Mobilisten nicht grundsätzlich von den allgemeinen Regeln ausnehmen. Die Schuldfrage hänge daher „davon ab, wie und wo die Beschilderung erfolgt“, sagt der Vorstand des Bundesverbands Elektromobilität (BEM). Allerdings sei für jeden Standort zu prüfen, ob der Betreiber eine Förderung entsprechend der Verfügbarkeit erhalten habe. „Bei einer Förderung für 24/7 halte ich eine beschränkte Ladedauer für unangemessen“, so Emmert. Mit anderen Worten: Dann sollte EnBW die Verantwortung übernehmen.

Im Sinne der Nutzer hält der BEM-Vorstand es für zweckdienlich, die nötigen Informationen über Parkeinschränkungen bei Ladesäulen unmissverständlich und klar erkennbar anzubringen. „Die Displays an vielen Säulen könnten durch entsprechende Programmierung Warnhinweise anzeigen“, sagt er. Auch könnte die Kennzeichen-Erkennung der Bewirtschafter E-Autos automatisch einen längeren Aufenthalt zuerkennen.

Die Zahlungsaufforderung an Mario Priggen nennt das „E“ für Elektromobil übrigens deutlich. Was ein E-Auto an einem Sonntag auf einem leeren Parkplatz mit Ladesäule anderes tun sollte, als zu laden, ist nur eine Frage. Eine andere ist, warum E-Mobilisten Fotobelege über den Ladevorgang nur am selben Tag an Parkdepot senden dürfen, um Knöllchen zu entgehen. Dies steht laut EnBW im Kleingedruckten auf einem der Schilder in Nordhausen.

Wer die Mail zu spät sendet, muss also zahlen. Markus Emmert fragt ironisch: „Und was mache ich, wenn mein Ladevorgang um 23.50 Uhr startet und nach Mitternacht endet?“

Donnerstag, 18.04.2024, 16:30 Uhr
Volker Stephan

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