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Energie & Management > Aus Der Zeitung - Biomethan - Neuer Sinn für die Gasnetze?
Quelle: E&M
Aus Der Zeitung

Biomethan - Neuer Sinn für die Gasnetze?

Die Gaswirtschaft sucht händeringend nach neuen Geschäftsmodellen für ihre Netze. Eines davon könnte Biomethan sein.
Die Potenziale wären nicht unbeträchtlich, jedenfalls wenn man alle derzeit in Deutschland existierenden Biogasanlagen berücksichtigt. Deren Gas müsste in einem aufwendigen Prozess zu Methan aufbereitet werden, was sich auch auf den Preis des Produkts auswirkt. Doch die Pleite von BMP Greengas hat dieses Geschäftsmodell nicht gerade beflügelt.

Die Insolvenz der BMP Greengas GmbH im Frühjahr 2023 hatte erhebliche Auswirkungen auf ihre Kunden, insbesondere Stadtwerke. Die Stadtwerke waren auf Lieferverträge und Partnerschaften mit Unternehmen wie BMP Greengas angewiesen, um ihren Kunden eine nachhaltige und umweltfreundliche Energieversorgung zu bieten. Sie mussten rasch alternative Lieferanten und Versorgungsquellen finden, um den Ausfall von BMP Greengas zu kompensieren. Die Umstellung auf neue Lieferanten hatte auch finanzielle Belastungen mit sich gebracht.

Laut einer Umfrage der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) waren drei Viertel der Mitglieder des Netzwerks betroffen, die auch den vorgeschlagenen Änderungsvertrag ablehnten. Lediglich etwa 27 Prozent der Befragten konnten die ausgefallenen Mengen auf dem Markt ersetzen, während das fast 73 Prozent aus wirtschaftlichen Gründen nicht gelang. Die Hälfte der Unternehmen hat generell keine neuen Beschaffungen getätigt, was vermutlich zur Stilllegung der bisher von BMP Greengas versorgten KWK-Anlagen geführt hat.

Mehr als 70 Prozent der Befragten haben bereits eine Schadensmeldung im Insolvenzverfahren vorgenommen. In Bezug auf rechtliche Schritte sind die Stadtwerke jedoch gespalten: Etwa 36 Prozent erwägen eine Klage gegen das Insolvenzverfahren, während ebenso viele keine Option darin sehen. Knapp 28 Prozent haben noch keine Entscheidung getroffen.

Technisch aufwendige Verfahren

Als ob das nicht reicht, ist die Bereitstellung von Biomethan auch bisher alles andere als trivial. Diese wird durch den Prozess der Biogasaufbereitung erreicht, bei dem der Methangehalt im Biogas erhöht und gleichzeitig Kohlendioxid sowie andere unerwünschte Bestandteile entfernt werden.

Vor der Aufbereitung unterliegt das Rohgas ähnlichen Vorbehandlungsschritten wie bei der Verbrennung oder Verstromung. Hierbei sind eine Entschwefelung und Trocknung des Gases erforderlich. Die Entschwefelung erfolgt in zwei Schritten: zunächst die Grobentschwefelung, gefolgt von der Feinentschwefelung. Die Grobentschwefelung wird üblicherweise durch Zugabe von Eisenhydroxid oder Eisensalzen, durch externe biologische Entschwefelungsprozesse oder durch Laugenwäsche erreicht. Die Feinentschwefelung mittels Aktivkohle reduziert die Schwefelwasserstoffkonzentration auf unter 5 mg/m3. Je nach Aufbereitungsverfahren ist es zudem notwendig, das Gas zu entfeuchten oder zu trocknen.

Während des eigentlichen Aufbereitungsprozesses wird der Methangehalt im Gas von anfangs etwa 50 bis 55 auf 98 Prozent gesteigert. Seine genaue Höhe hängt von der Methankonzentration im Gasnetz ab, in das das aufbereitete Gas eingespeist werden soll. Diese Methankonzentrationen variieren von etwa 80 Prozent für L-Gas aus Regionen wie Niedersachsen, den Niederlanden und der Nordsee (das allerdings seinem Lieferende entgegensieht) bis zu 98 Prozent für H-Gas.

Gegenwärtig gibt es in Deutschland fünf gängige Aufbereitungsverfahren. Dazu gehören die Druckwechseladsorption (Pressure Swing Adsorption, PSA), die Druckwasserwäsche (DWW), physikalische und chemische Wäschen sowie das Membranverfahren. Kryogene Verfahren zur Biogasaufbereitung werden bislang nicht in großem Maßstab eingesetzt.

Das Deutsche Biomasseforschungszentrum (DBFZ) in Leipzig schätzt, dass Biomethan vor allem in der Lebensmittelindustrie, als Grundstoff für die chemische Industrie, als Inertgas für die Industrie und natürlich als Speicher (Bioenergy with Carbon Capture and Storage − BECCS) genutzt wird.

Rückenwind von der EU

Immerhin: Von der Politik kommt etwas Hilfe. Denn die EU strebt eine Förderung von Biogas an, indem sie die Verwendung von Biomasse als Treibstoff in der novellierten Erneuerbaren-Richtlinie RED II festlegt. Diese Richtlinie definiert Biomasse als Rohstoffe, die hauptsächlich aus Zellulose und Hemizellulose bestehen und einen geringeren Lignin-Gehalt als lignozellulosehaltiges Material aufweisen. Dies schließt Reststoffe von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen sowie Bioabfälle ein. Die Definition ermöglicht weiterhin die Förderung von Treibstoff aus Biogas, das aus Pflanzenresten, Gülle und Mais als Anbaubiomasse hergestellt wird.

Auch der durchschnittliche Endverbraucherpreis für Erdgas im Wärmemarkt macht Biomethan aus effizienten Anlagen wettbewerbsfähig, inklusive aller erforderlichen Umlagen und Steuern. Zudem verlangt die Politik via Gebäudeenergiegesetz (GEG) ab 2024 einen Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien im Neubau. Biomethan gilt hier als Erfüllungsoption.

Potenziale schwierig zu heben

Eine Herausforderung besteht darin, dass die meisten der 9.200 Biogasanlagen in Deutschland derzeit primär zur Verstromung genutzt werden. Einige Anlagen fallen aus der EEG-Förderung heraus, wodurch die Einspeisung ins Erdgasnetz attraktiver wird. Die nötigen Gasleitungen, die dafür gelegt werden müssten, sind jedoch technische und politische Herausforderungen.

Aktuell eröffnen sich auch Chancen für Biomethan in der Kraft-Wärme-Kopplung, insbesondere durch Änderungen im Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG). Dies könnte zur Dekarbonisierung kommunaler Wärmenetze beitragen. Auch hier wäre Biomethan eine Alternative.

Die wichtigsten Rahmenbedingungen für Biogas
A. GasNZV (Gasnetzzugangsverordnung)
1. Regelung der Zuständigkeiten zwischen Netzeinspeiser und Netzbetreiber
B. EnWG (Energiewirtschaftsgesetz)
1. Verpflichtung aller Netzbetreiber zur diskriminierungsfreien Netznutzung
2. Festlegung angemessener Nutzungsentgelte
C. DVGW-Regelwerk (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches)
1. Technische Standards im DVGW-Regelwerk
a. Druckvorschriften
b. Brennwertvorschriften
c. Odorierungsvorschriften

Donnerstag, 16.11.2023, 09:05 Uhr
Frank Urbansky
Energie & Management > Aus Der Zeitung - Biomethan - Neuer Sinn für die Gasnetze?
Quelle: E&M
Aus Der Zeitung
Biomethan - Neuer Sinn für die Gasnetze?
Die Gaswirtschaft sucht händeringend nach neuen Geschäftsmodellen für ihre Netze. Eines davon könnte Biomethan sein.
Die Potenziale wären nicht unbeträchtlich, jedenfalls wenn man alle derzeit in Deutschland existierenden Biogasanlagen berücksichtigt. Deren Gas müsste in einem aufwendigen Prozess zu Methan aufbereitet werden, was sich auch auf den Preis des Produkts auswirkt. Doch die Pleite von BMP Greengas hat dieses Geschäftsmodell nicht gerade beflügelt.

Die Insolvenz der BMP Greengas GmbH im Frühjahr 2023 hatte erhebliche Auswirkungen auf ihre Kunden, insbesondere Stadtwerke. Die Stadtwerke waren auf Lieferverträge und Partnerschaften mit Unternehmen wie BMP Greengas angewiesen, um ihren Kunden eine nachhaltige und umweltfreundliche Energieversorgung zu bieten. Sie mussten rasch alternative Lieferanten und Versorgungsquellen finden, um den Ausfall von BMP Greengas zu kompensieren. Die Umstellung auf neue Lieferanten hatte auch finanzielle Belastungen mit sich gebracht.

Laut einer Umfrage der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) waren drei Viertel der Mitglieder des Netzwerks betroffen, die auch den vorgeschlagenen Änderungsvertrag ablehnten. Lediglich etwa 27 Prozent der Befragten konnten die ausgefallenen Mengen auf dem Markt ersetzen, während das fast 73 Prozent aus wirtschaftlichen Gründen nicht gelang. Die Hälfte der Unternehmen hat generell keine neuen Beschaffungen getätigt, was vermutlich zur Stilllegung der bisher von BMP Greengas versorgten KWK-Anlagen geführt hat.

Mehr als 70 Prozent der Befragten haben bereits eine Schadensmeldung im Insolvenzverfahren vorgenommen. In Bezug auf rechtliche Schritte sind die Stadtwerke jedoch gespalten: Etwa 36 Prozent erwägen eine Klage gegen das Insolvenzverfahren, während ebenso viele keine Option darin sehen. Knapp 28 Prozent haben noch keine Entscheidung getroffen.

Technisch aufwendige Verfahren

Als ob das nicht reicht, ist die Bereitstellung von Biomethan auch bisher alles andere als trivial. Diese wird durch den Prozess der Biogasaufbereitung erreicht, bei dem der Methangehalt im Biogas erhöht und gleichzeitig Kohlendioxid sowie andere unerwünschte Bestandteile entfernt werden.

Vor der Aufbereitung unterliegt das Rohgas ähnlichen Vorbehandlungsschritten wie bei der Verbrennung oder Verstromung. Hierbei sind eine Entschwefelung und Trocknung des Gases erforderlich. Die Entschwefelung erfolgt in zwei Schritten: zunächst die Grobentschwefelung, gefolgt von der Feinentschwefelung. Die Grobentschwefelung wird üblicherweise durch Zugabe von Eisenhydroxid oder Eisensalzen, durch externe biologische Entschwefelungsprozesse oder durch Laugenwäsche erreicht. Die Feinentschwefelung mittels Aktivkohle reduziert die Schwefelwasserstoffkonzentration auf unter 5 mg/m3. Je nach Aufbereitungsverfahren ist es zudem notwendig, das Gas zu entfeuchten oder zu trocknen.

Während des eigentlichen Aufbereitungsprozesses wird der Methangehalt im Gas von anfangs etwa 50 bis 55 auf 98 Prozent gesteigert. Seine genaue Höhe hängt von der Methankonzentration im Gasnetz ab, in das das aufbereitete Gas eingespeist werden soll. Diese Methankonzentrationen variieren von etwa 80 Prozent für L-Gas aus Regionen wie Niedersachsen, den Niederlanden und der Nordsee (das allerdings seinem Lieferende entgegensieht) bis zu 98 Prozent für H-Gas.

Gegenwärtig gibt es in Deutschland fünf gängige Aufbereitungsverfahren. Dazu gehören die Druckwechseladsorption (Pressure Swing Adsorption, PSA), die Druckwasserwäsche (DWW), physikalische und chemische Wäschen sowie das Membranverfahren. Kryogene Verfahren zur Biogasaufbereitung werden bislang nicht in großem Maßstab eingesetzt.

Das Deutsche Biomasseforschungszentrum (DBFZ) in Leipzig schätzt, dass Biomethan vor allem in der Lebensmittelindustrie, als Grundstoff für die chemische Industrie, als Inertgas für die Industrie und natürlich als Speicher (Bioenergy with Carbon Capture and Storage − BECCS) genutzt wird.

Rückenwind von der EU

Immerhin: Von der Politik kommt etwas Hilfe. Denn die EU strebt eine Förderung von Biogas an, indem sie die Verwendung von Biomasse als Treibstoff in der novellierten Erneuerbaren-Richtlinie RED II festlegt. Diese Richtlinie definiert Biomasse als Rohstoffe, die hauptsächlich aus Zellulose und Hemizellulose bestehen und einen geringeren Lignin-Gehalt als lignozellulosehaltiges Material aufweisen. Dies schließt Reststoffe von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen sowie Bioabfälle ein. Die Definition ermöglicht weiterhin die Förderung von Treibstoff aus Biogas, das aus Pflanzenresten, Gülle und Mais als Anbaubiomasse hergestellt wird.

Auch der durchschnittliche Endverbraucherpreis für Erdgas im Wärmemarkt macht Biomethan aus effizienten Anlagen wettbewerbsfähig, inklusive aller erforderlichen Umlagen und Steuern. Zudem verlangt die Politik via Gebäudeenergiegesetz (GEG) ab 2024 einen Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien im Neubau. Biomethan gilt hier als Erfüllungsoption.

Potenziale schwierig zu heben

Eine Herausforderung besteht darin, dass die meisten der 9.200 Biogasanlagen in Deutschland derzeit primär zur Verstromung genutzt werden. Einige Anlagen fallen aus der EEG-Förderung heraus, wodurch die Einspeisung ins Erdgasnetz attraktiver wird. Die nötigen Gasleitungen, die dafür gelegt werden müssten, sind jedoch technische und politische Herausforderungen.

Aktuell eröffnen sich auch Chancen für Biomethan in der Kraft-Wärme-Kopplung, insbesondere durch Änderungen im Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG). Dies könnte zur Dekarbonisierung kommunaler Wärmenetze beitragen. Auch hier wäre Biomethan eine Alternative.

Die wichtigsten Rahmenbedingungen für Biogas
A. GasNZV (Gasnetzzugangsverordnung)
1. Regelung der Zuständigkeiten zwischen Netzeinspeiser und Netzbetreiber
B. EnWG (Energiewirtschaftsgesetz)
1. Verpflichtung aller Netzbetreiber zur diskriminierungsfreien Netznutzung
2. Festlegung angemessener Nutzungsentgelte
C. DVGW-Regelwerk (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches)
1. Technische Standards im DVGW-Regelwerk
a. Druckvorschriften
b. Brennwertvorschriften
c. Odorierungsvorschriften

Donnerstag, 16.11.2023, 09:05 Uhr
Frank Urbansky

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