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Energie & Management > Stadtwerke - Amtsgericht eröffnet Insolvenzverfahren für Stadtwerke Bad Belzig
Quelle: Fotolia / nmann77
Stadtwerke

Amtsgericht eröffnet Insolvenzverfahren für Stadtwerke Bad Belzig

Die Stadtwerke Bad Belzig sind der kompletten Zerschlagung vorerst entronnen. Das Amtsgericht Potsdam hat das beantragte Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung genehmigt und eröffnet.
Der vorläufig weiterlaufende Geschäftsbetrieb der Stadtwerke Bad Belzig hat einen rechtssicheren Rahmen bekommen. Wie das Amtsgericht Potsdam mit Beschluss vom 30. März angeordnet hat, darf der brandenburgische Versorger seinen Aufgaben nun auch im Rahmen eines offiziellen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung nachkommen.

Offenbar aufgrund hoch spekulativer Warentermingeschäfte waren die von der Kommune getragenen Stadtwerke im vergangenen Jahr in existenzielle Bedrängnis geraten (wir berichteten). Der Finanzskandal in der Kreisstadt des Landkreises Potsdam-Mittelmark hat dabei bislang genau eine personelle Konsequenz gezeitigt: Der ehemalige Stadtwerke-Geschäftsführer war im November entlassen worden.

Sachwalter prüft laufend die Geschäfte des Versorgers

Weil dessen vermeintlich lukrative Leerverkaufsgeschäfte mit Vattenfall, die zu einem Minus von über 20 Mio. Euro geführt haben sollen, aber wohl mit Wissen des Aufsichtsrates stattgefunden hatten, steht auch die örtliche Politik mit Bürgermeister Roland Leisegang (parteilos) in der Kritik. Eine Bürgerinitiative fordert die Abwahl des Rathauschefs, der zuletzt mit einer Strafanzeige gegen den Ex-Geschäftsführer bei der Staatsanwaltschaft Potsdam gescheitert war.

Das Ende Dezember beantragte und jetzt offiziell eröffnete Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung läuft derweil ohne Einsetzen eines Gläubigerausschusses, aber unter Aufsicht eines Sachwalters, des Berliner Rechtsanwalts Jürgen Spliedt. Das gibt den Stadtwerken laut Insolvenzrecht die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Arbeit die Insolvenzmasse zu verwalten und darüber zu verfügen.

Zu Fragen des weiteren Vorgehens lehnte Thomas Tanneberg, einer der beiden kommissarischen Stadtwerke-Geschäftsführer, auf Anfrage unserer Redaktion eine Auskunft mit Verweis auf Spliedt ab. Dieser nimmt noch bis zum 18. Mai Forderungen von Gläubigern der Stadtwerke entgegen und habe, so sagte er im Gespräch mit uns, „aufzupassen, dass das Vermögen erhalten und möglichst vermehrt“ werde.

Gläubigerversammlung Ende Juni kann schon Klarheit bringen

Viel spannender im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren aber ist die Frage, was aus den Stadtwerken wird. Sachwalter Spliedt sammelt zugleich Anfragen und Angebote von Investoren, die sich einen Einstieg bei den Stadtwerken Bad Belzig vorstellen können. Es gebe „mehrere“ Interessierte, so Spliedt, die den Versorger komplett übernehmen würden, darunter der Entsorgungsriese Remondis aus dem westfälischen Lünen.

Allerdings sei völlig offen, so Spliedt, in welcher Eigentümerkonstellation die Stadtwerke künftig am Markt tätig seien, ob als Gemeinschaftsunternehmen, unter (alleiniger) Beteiligung der Stadt Bad Belzig oder ohne. „Der Betrieb wird aber fortbestehen.“ Laut Informationen der vor Ort erscheinenden Märkischen Allgemeinen gibt es Interesse an unterschiedlichen Bereichen der Stadtwerke. So haben die Stadtwerke Brandenburg an der Havel ein Auge auf die Wassersparte geworfen. Der Landkreis Potsdam-Mittelmark würde gerne die sanierte Immobilie des Fläming-Bahnhofs in Bad Belzig übernehmen. Die Stadtwerke Potsdam haben nicht nur den Stromvertrieb der Belziger übernommen, sondern könnten sich auch grundsätzlich den Einstieg als Anteilseigner vorstellen.

Spliedt sieht seine Aufgabe nun darin, „das Optimum“ unter den Angeboten herauszufinden und den Gläubigern zu unterbreiten, die daraus ihre Forderungen beglichen sehen wollen. Dabei ist Spliedt wegen des „Gebots der Fairness“ berechtigt, den Interessierten jeweils zu signalisieren, ob ihre Offerte im Vergleich der Angebote das höchste ist. Die Gläubiger kommen letztlich zwischen Mitte Mai und voraussichtlich dem 29. Juni zu einer Entscheidung. Für dieses Datum hat das Amtsgericht Potsdam die Gläubigerversammlung angesetzt. Sachwalter Spliedt gibt aber zu bedenken, dass aufwändigere Abstimmungsprozesse innerhalb der Kommune eine Einigung über Ende Juni hinaus möglich machen könnten.

Grundsätzlich sieht Jürgen Spliedt Stadtwerke angesichts der Turbulenzen auf den Beschaffungsmärkten in schwierigem Fahrwasser. Durch sie drohte den Versorgern eine „gewisse Gefahr der Insolvenz“, allerdings aus Gründen, die im Markt zu suchen seien. Die Stadtwerke Bad Belzig haben durch riskante Geschäfte ihre existenzbedrohende Schieflage dagegen zum größten Teil selbst zu verantworten.

Dienstag, 5.04.2022, 15:03 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Stadtwerke - Amtsgericht eröffnet Insolvenzverfahren für Stadtwerke Bad Belzig
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Stadtwerke
Amtsgericht eröffnet Insolvenzverfahren für Stadtwerke Bad Belzig
Die Stadtwerke Bad Belzig sind der kompletten Zerschlagung vorerst entronnen. Das Amtsgericht Potsdam hat das beantragte Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung genehmigt und eröffnet.
Der vorläufig weiterlaufende Geschäftsbetrieb der Stadtwerke Bad Belzig hat einen rechtssicheren Rahmen bekommen. Wie das Amtsgericht Potsdam mit Beschluss vom 30. März angeordnet hat, darf der brandenburgische Versorger seinen Aufgaben nun auch im Rahmen eines offiziellen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung nachkommen.

Offenbar aufgrund hoch spekulativer Warentermingeschäfte waren die von der Kommune getragenen Stadtwerke im vergangenen Jahr in existenzielle Bedrängnis geraten (wir berichteten). Der Finanzskandal in der Kreisstadt des Landkreises Potsdam-Mittelmark hat dabei bislang genau eine personelle Konsequenz gezeitigt: Der ehemalige Stadtwerke-Geschäftsführer war im November entlassen worden.

Sachwalter prüft laufend die Geschäfte des Versorgers

Weil dessen vermeintlich lukrative Leerverkaufsgeschäfte mit Vattenfall, die zu einem Minus von über 20 Mio. Euro geführt haben sollen, aber wohl mit Wissen des Aufsichtsrates stattgefunden hatten, steht auch die örtliche Politik mit Bürgermeister Roland Leisegang (parteilos) in der Kritik. Eine Bürgerinitiative fordert die Abwahl des Rathauschefs, der zuletzt mit einer Strafanzeige gegen den Ex-Geschäftsführer bei der Staatsanwaltschaft Potsdam gescheitert war.

Das Ende Dezember beantragte und jetzt offiziell eröffnete Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung läuft derweil ohne Einsetzen eines Gläubigerausschusses, aber unter Aufsicht eines Sachwalters, des Berliner Rechtsanwalts Jürgen Spliedt. Das gibt den Stadtwerken laut Insolvenzrecht die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Arbeit die Insolvenzmasse zu verwalten und darüber zu verfügen.

Zu Fragen des weiteren Vorgehens lehnte Thomas Tanneberg, einer der beiden kommissarischen Stadtwerke-Geschäftsführer, auf Anfrage unserer Redaktion eine Auskunft mit Verweis auf Spliedt ab. Dieser nimmt noch bis zum 18. Mai Forderungen von Gläubigern der Stadtwerke entgegen und habe, so sagte er im Gespräch mit uns, „aufzupassen, dass das Vermögen erhalten und möglichst vermehrt“ werde.

Gläubigerversammlung Ende Juni kann schon Klarheit bringen

Viel spannender im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren aber ist die Frage, was aus den Stadtwerken wird. Sachwalter Spliedt sammelt zugleich Anfragen und Angebote von Investoren, die sich einen Einstieg bei den Stadtwerken Bad Belzig vorstellen können. Es gebe „mehrere“ Interessierte, so Spliedt, die den Versorger komplett übernehmen würden, darunter der Entsorgungsriese Remondis aus dem westfälischen Lünen.

Allerdings sei völlig offen, so Spliedt, in welcher Eigentümerkonstellation die Stadtwerke künftig am Markt tätig seien, ob als Gemeinschaftsunternehmen, unter (alleiniger) Beteiligung der Stadt Bad Belzig oder ohne. „Der Betrieb wird aber fortbestehen.“ Laut Informationen der vor Ort erscheinenden Märkischen Allgemeinen gibt es Interesse an unterschiedlichen Bereichen der Stadtwerke. So haben die Stadtwerke Brandenburg an der Havel ein Auge auf die Wassersparte geworfen. Der Landkreis Potsdam-Mittelmark würde gerne die sanierte Immobilie des Fläming-Bahnhofs in Bad Belzig übernehmen. Die Stadtwerke Potsdam haben nicht nur den Stromvertrieb der Belziger übernommen, sondern könnten sich auch grundsätzlich den Einstieg als Anteilseigner vorstellen.

Spliedt sieht seine Aufgabe nun darin, „das Optimum“ unter den Angeboten herauszufinden und den Gläubigern zu unterbreiten, die daraus ihre Forderungen beglichen sehen wollen. Dabei ist Spliedt wegen des „Gebots der Fairness“ berechtigt, den Interessierten jeweils zu signalisieren, ob ihre Offerte im Vergleich der Angebote das höchste ist. Die Gläubiger kommen letztlich zwischen Mitte Mai und voraussichtlich dem 29. Juni zu einer Entscheidung. Für dieses Datum hat das Amtsgericht Potsdam die Gläubigerversammlung angesetzt. Sachwalter Spliedt gibt aber zu bedenken, dass aufwändigere Abstimmungsprozesse innerhalb der Kommune eine Einigung über Ende Juni hinaus möglich machen könnten.

Grundsätzlich sieht Jürgen Spliedt Stadtwerke angesichts der Turbulenzen auf den Beschaffungsmärkten in schwierigem Fahrwasser. Durch sie drohte den Versorgern eine „gewisse Gefahr der Insolvenz“, allerdings aus Gründen, die im Markt zu suchen seien. Die Stadtwerke Bad Belzig haben durch riskante Geschäfte ihre existenzbedrohende Schieflage dagegen zum größten Teil selbst zu verantworten.

Dienstag, 5.04.2022, 15:03 Uhr
Volker Stephan

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