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E&M Vor 20 Jahren

"Die Sandkastenspiele sind zu Ende"

Vor 20 Jahren gab es mit der LPX und der EEX noch zwei Energiebörsen, die über Monate ihre Eitelkeiten gepflegt hatten und sich dann aber doch zu einer Fusion durchrangen.
Kurz nach der Jahrtausendwende hoffte zumindest ein Teil der Energiewirtschaft auf ein verlässliches Preissignal durch mehr Liquidität im Handel. Viele Blicke richteten sich auf die beiden Börsen, die LPX in Leipzig und die EEX in Frankfurt. Doch die beharrten monatelang auf ihren Überzeugungen, nur ein Spotmarkt beziehungsweise nur ein Terminmarkt könne aussagekräftige Preissignale liefern. Schließlich setzte sich doch die Einsicht durch, dass eine Fusion der beiden Handelsplätze für alle Beteiligten und den Markt den größten Nutzen bringt.

E&M-Redakteur Fritz Wilhelm kommentierte damals die Entscheidung. Hier der Beitrag vom Herbst 2001.

Monatelang haben die beiden deutschen Strombörsen ihre Eitelkeiten kultiviert und den Marktteilnehmern sowie der Öffentlichkeit den Verdrängungswettbewerb gegeben. Und plötzlich tun sie so, als wäre ihre Fusion die logischste Sache der Welt.

Über viele Akte war es ein Schauspiel, in dem Rekordmeldung auf Rekordmeldung folgte, und die eine oder andere gezielte Spitze dem Konkurrenten über die Medien vor die Brust geschossen wurde. Dabei hätte niemand sein Gesicht verloren, wenn die Fusion der European Energy Exchange (EEX) aus Frankfurt und der Leipzig Power Exchange schon im letzten Winter stattgefunden hätte. Schließlich hatten beide Börsen gezeigt, dass sie trotz aller Tücken im Detail, einen Handelsplatz auf die Beine stellen können.

 
Im Jahr 2001 schieden sich die Geister an den Konzepten der beiden Energoebörsen. Ein Teil der Händler hielt den Terminmarkt der EEX, ein Teil den Spotmarkt der LPX für das Gelbe vom Ei.
Quelle: Atel

Die unterschiedlichen Ansätze zeugten durchaus von vernünftigen Überlegungen, was letztlich auch von den Handelsteilnehmern anerkannt wurde. Keine der Börsen war jedoch so weit, um mit dem Finger auf die andere zu zeigen. Denn von belastbaren Preissignalen konnte lange keine Rede sein. Die umgesetzten Mengen standen in deutlichem Gegensatz zu den wöchentlichen Jubelmeldungen, die so taten, als wären Äpfel gleich Birnen und als könnte man ganz einfach an den täglich im Computer aufsummierten Megawattstunden – gleichgültig, ob sie im fortlaufenden Handel oder in Auktionen zustande gekommen waren – ablesen, wer der Liebling des Marktes ist.

Die Beschaffungsoptimierer hatten von Anfang an mit der Stundenauktion an der LPX ein Instrument, um noch kurz vor der Fahrplaneinreichung glatt zu ziehen, was in Schieflage geraten war. Dagegen konnten die Anhänger des „Rein-Raus-Handels“ im fortlaufenden Blockhandel an der EEX Positionen eingehen, sie gleich wieder glattstellen und anschließend das Spiel wieder von neuem beginnen.
 
„Das ist nichts Ehrenrühriges“, verteidigte der damalige EEX-Vorstand Christian Geyer das Konzept, nachdem in Leipzig schon über „Spekulation“ oder gar „Zockerei“ geargwöhnt wurde. Die gute alte Kaufmannsregel „günstig einkaufen und mit Gewinn wieder verkaufen“ wollte nicht so recht ins Weltbild der LPX-Verantwortlichen passen. Doch jetzt muss dieses Weltbild zurechtgerückt und in einen größeren Rahmen gelegt werden. Denn endlich hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Erfolg einer Energiebörse sich nur mit europäischem Maßstab messen lässt. „Die Sandkastenspiele sind jetzt zu Ende“, bringt Arno Soennecken, der zurzeit bei der LPX die Position des Leiters Business Development innehat, die Erkenntnis auf den Punkt. Die wahren Konkurrenten seien die OTC-Handelsplattformen, die bei niedrigen Transaktionskosten, hoher Benutzerfreundlichkeit und vor allem funktionierenden Clearing-Konzepten den Börsen die Klientel abjagen könnten. PowerITS und die amerikanische Intercontinental Exchange (ICE), mit der Übernahme der Londoner International Petroleum Exchange (IPE) gerade in Europa angekommen, gelten als Synonym des neuen Wettbewerbertyps.

Das Xetra-System der EEX ist vielen Händlern zu komplex

Angesichts des zurzeit mäßigen Marktanteils der beiden Börsen von etwa 6,5 Prozent, erscheint die Fusion absolut notwendig, um die erforderliche Liquidität zu generieren und der Konkurrenz die Stirn zu bieten, was nach Ansicht der Börsen bei einem Marktanteil von etwa 20 Prozent von dauerhaftem Erfolg gekrönt sein dürfte.
 
Mehr Liquidität wird sich allerdings nicht durch eine optimierte Lernkurve der Handelsteilnehmer einstellen, sondern setzt eine steigende Zahl an Akteuren voraus. Aber erst wenn Kraftwerkszustände nicht mehr wie Staatsgeheimnisse gehütet werden, wenn die großen Handelshäuser entsprechend ihrer Möglichkeiten Gebote abgeben und wenn sie nicht alle handelsbezogenen Informationen unter der Decke halten, wird es einen Marktpreis geben, der seinen Namen auch wirklich verdient, und „der Markt“ wird die Reife und letztlich auch die Transparenz erreichen, für die der skandinavische Markt immer wieder als Idealfall der energiewirtschaftlichen Evolution gepriesen wird.
 
Ob für die neue Börse gleich bei ihrer Geburt die Ungleichung „1+1>2“ gilt, hängt sicherlich davon ab, ob sich die Marktteilnehmer mit den beiden vorgesehenen Spothandelssystemen anfreunden können. Das Xetra-System der Frankfurter galt vielen Händlern bisher als zu komplex in der Handhabung und ihren Chefs als zu teuer in der Anschaffung. Wer die Vorteile des fortlaufenden Handels richtig nutzen möchte, muss außerdem einen Mitarbeiter den ganzen Tag an den Bildschirm setzen. Auch das kann sich nicht jeder Börsenteilnehmer leisten. Das einfache und bewährte Sapri-System für die Stundenauktionen an der LPX fand dagegen bisher mehr Zuspruch.

Der gemeinsame Terminhandel wird ausschließlich über das Eurex-System der EEX abgewickelt werden. In diesem Segment bringt die LPX nichts mit in die Ehe. Im bisher siebenmonatigen Einsatz konnte die weltweit führende Software für Börsentermingeschäfte mangels Masse allerdings noch nicht glänzen. Doch zum einen haben die Fusionspartner ausdrücklich die Weiterentwicklung von Eurex und die bessere Anpassung an den Energiehandel versprochen, zum anderen dürften nun auch die Zögerer, die bisher geduldig die Terminverschiebungen der LPX ertragen haben, am Terminmarkt zur Tat schreiten und für mehr Liquidität sorgen. Es gilt aber auch wie im Spotmarkt: Einen liquiden Markt wird es nur geben, wenn die Eons und RWEs der Handelsszene nicht das Licht der Börsenöffentlichkeit scheuen.

Die Clearing-Bank Hannover wird nicht mehr benötigt

Auch wenn die offizielle Verkündung der Details noch aussteht, dürften die Eckpfeiler des LPX-Terminkonzeptes den Rahmen abstecken. Das Underlying, das heißt der Referenzpreis für die Future-Kontrakte, wird aus den verdeckten Stundenauktionen hervorgehen, wodurch auch das Basisrisiko eines volumengewichteten Referenzpreises, wie ihn die EEX noch im Programm hatte, weitgehend eliminiert wird – auf alle Fälle ein positives Signal an die Händler.

Beim Service, ist von den Händler sowohl durch die Blume als auch ganz offen zu hören, wünschen sie sich weiterhin die direkte und pragmatische Art der Leipziger, und natürlich auch deren Gebührenordnung. Aber zu diesem Thema gibt es noch keine offizielle Stellungnahme. Auch nicht dazu, ob sich die neue Börse gegenüber denen, die schon viel Geld und Zeit in das LPX-Terminkonzept investiert haben, kulant zeigen wird. Zwischen den Zeilen haben die Verantwortlichen aber bereits ihre Gesprächsbereitschaft signalisiert. Genug von der LPX dürfte dagegen erst einmal die Clearing-Bank Hannover haben, deren Dienste wohl nicht mehr benötigt werden und die angeblich auch nicht in die Fusionspläne eingeweiht war.

Neben dem Terminmarkt ist sicherlich mittelfristig der Gashandel das zentrale Thema für die neue Börse. Dass dies nicht auf nationaler Flamme gekocht werden kann, liegt auf der Hand: Die großen Händler sitzen im Ausland, wo auch die liquiden Hubs für den physischen Handel liegen, die wesentlichen Fördergebiete liegen dort sowieso.

Um ein Geschäftsfeld von solcher Dimension zu beackern, darüber hinaus einen attraktiven Terminmarkt anbieten zu können und die Produktpalette noch zu erweitern, bedarf es finanzieller und personeller Mittel, die keine der beiden Börsen langfristig hätte aufbringen können. So scheint der Zeitpunkt der Fusion richtig gewählt zu sein, und nachdem die anstehenden Aufgaben klar sind, versuchen auch die Verantwortlichen die Börsenehe so gut es geht voranzutreiben. „Wir können uns nicht lange mit uns selbst beschäftigen“, weckt Soennecken die Hoffnung, dass persönliches Besitzstandsdenken nicht zum Bremsklotz der Fusion wird. Die Pressekonferenz zur Fusion verbreitete jedenfalls eine partnerschaftliche Atmosphäre. Bis Ende des Jahres soll die Fusion vollendet sein und ab dem 1. Januar 2002 sollen dann Spothandelskontrakte ausschließlich in Leipzig gehandelt werden.
 

Stimmen zur Fusion

Dr. Claudia Eßer-Scherbeck, Geschäftsführerin SE Scherbeck Energy GmbH:
„Wir hätten nicht gedacht, dass die Fusion noch in diesem Jahr stattfindet. Da sich der Start des Leipziger Terminmarktes immer wieder verzögert hat und sich der Stundenspotmarkt an der EEX nicht entwickelt hat, war sie aber zu erwarten. Sapri ist ein gutes Handelssystem, Xetra und Eurex sind dagegen zu aufwendig und zu teuer.
 
Thomas Wedler, Händler bei Nordic Powerhouse:
„Die Stärken der LPX, die erfolgreiche Blackbox-Auktion, das engagierte Team sowie die Partnerschaft mit Nordpool, und die Stärken der EEX, ein erfolgreiches Handelssystem für Futures, ein gutes Netzwerk sowie ein gutes Standing bei den Banken, ergeben zusammen eine ideale Infrastruktur für den börslichen Stromhandel. Die Fusion führt im Stundenhandel zu einer Konzentration der Liquidität. Damit wird ein solides Underlying für den Terminmarkt geschaffen. Eurex ist das ideale Terminhandelssystem – hoffentlich bald auch für Optionen.“
 
Sven Hruby, Geschäftsführer BP Energie Deutschland:
„Hinsichtlich der Liquidität und der Kosten sicher eine richtige Entscheidung. Aber Konkurrenz belebt das Geschäft. Vielleicht kommt jedoch über die Powernext aus Frankreich wieder Wettbewerbsdruck auf. Wir haben viel Geld in die Systemanforderungen beziehungsweise –unterstützungen einer der Börsen investiert. Von den Schulungen ganz zu schweigen. Hier erwarte ich etwas Entgegenkommen von der neuen Börse. Die getroffenen Entscheidungen hinsichtlich der Handelssysteme halte ich für richtig.
 

Samstag, 2.10.2021, 15:46 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren -
Quelle: THesIMPLIFY, Fotolia.com
E&M Vor 20 Jahren
"Die Sandkastenspiele sind zu Ende"
Vor 20 Jahren gab es mit der LPX und der EEX noch zwei Energiebörsen, die über Monate ihre Eitelkeiten gepflegt hatten und sich dann aber doch zu einer Fusion durchrangen.
Kurz nach der Jahrtausendwende hoffte zumindest ein Teil der Energiewirtschaft auf ein verlässliches Preissignal durch mehr Liquidität im Handel. Viele Blicke richteten sich auf die beiden Börsen, die LPX in Leipzig und die EEX in Frankfurt. Doch die beharrten monatelang auf ihren Überzeugungen, nur ein Spotmarkt beziehungsweise nur ein Terminmarkt könne aussagekräftige Preissignale liefern. Schließlich setzte sich doch die Einsicht durch, dass eine Fusion der beiden Handelsplätze für alle Beteiligten und den Markt den größten Nutzen bringt.

E&M-Redakteur Fritz Wilhelm kommentierte damals die Entscheidung. Hier der Beitrag vom Herbst 2001.

Monatelang haben die beiden deutschen Strombörsen ihre Eitelkeiten kultiviert und den Marktteilnehmern sowie der Öffentlichkeit den Verdrängungswettbewerb gegeben. Und plötzlich tun sie so, als wäre ihre Fusion die logischste Sache der Welt.

Über viele Akte war es ein Schauspiel, in dem Rekordmeldung auf Rekordmeldung folgte, und die eine oder andere gezielte Spitze dem Konkurrenten über die Medien vor die Brust geschossen wurde. Dabei hätte niemand sein Gesicht verloren, wenn die Fusion der European Energy Exchange (EEX) aus Frankfurt und der Leipzig Power Exchange schon im letzten Winter stattgefunden hätte. Schließlich hatten beide Börsen gezeigt, dass sie trotz aller Tücken im Detail, einen Handelsplatz auf die Beine stellen können.

 
Im Jahr 2001 schieden sich die Geister an den Konzepten der beiden Energoebörsen. Ein Teil der Händler hielt den Terminmarkt der EEX, ein Teil den Spotmarkt der LPX für das Gelbe vom Ei.
Quelle: Atel

Die unterschiedlichen Ansätze zeugten durchaus von vernünftigen Überlegungen, was letztlich auch von den Handelsteilnehmern anerkannt wurde. Keine der Börsen war jedoch so weit, um mit dem Finger auf die andere zu zeigen. Denn von belastbaren Preissignalen konnte lange keine Rede sein. Die umgesetzten Mengen standen in deutlichem Gegensatz zu den wöchentlichen Jubelmeldungen, die so taten, als wären Äpfel gleich Birnen und als könnte man ganz einfach an den täglich im Computer aufsummierten Megawattstunden – gleichgültig, ob sie im fortlaufenden Handel oder in Auktionen zustande gekommen waren – ablesen, wer der Liebling des Marktes ist.

Die Beschaffungsoptimierer hatten von Anfang an mit der Stundenauktion an der LPX ein Instrument, um noch kurz vor der Fahrplaneinreichung glatt zu ziehen, was in Schieflage geraten war. Dagegen konnten die Anhänger des „Rein-Raus-Handels“ im fortlaufenden Blockhandel an der EEX Positionen eingehen, sie gleich wieder glattstellen und anschließend das Spiel wieder von neuem beginnen.
 
„Das ist nichts Ehrenrühriges“, verteidigte der damalige EEX-Vorstand Christian Geyer das Konzept, nachdem in Leipzig schon über „Spekulation“ oder gar „Zockerei“ geargwöhnt wurde. Die gute alte Kaufmannsregel „günstig einkaufen und mit Gewinn wieder verkaufen“ wollte nicht so recht ins Weltbild der LPX-Verantwortlichen passen. Doch jetzt muss dieses Weltbild zurechtgerückt und in einen größeren Rahmen gelegt werden. Denn endlich hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Erfolg einer Energiebörse sich nur mit europäischem Maßstab messen lässt. „Die Sandkastenspiele sind jetzt zu Ende“, bringt Arno Soennecken, der zurzeit bei der LPX die Position des Leiters Business Development innehat, die Erkenntnis auf den Punkt. Die wahren Konkurrenten seien die OTC-Handelsplattformen, die bei niedrigen Transaktionskosten, hoher Benutzerfreundlichkeit und vor allem funktionierenden Clearing-Konzepten den Börsen die Klientel abjagen könnten. PowerITS und die amerikanische Intercontinental Exchange (ICE), mit der Übernahme der Londoner International Petroleum Exchange (IPE) gerade in Europa angekommen, gelten als Synonym des neuen Wettbewerbertyps.

Das Xetra-System der EEX ist vielen Händlern zu komplex

Angesichts des zurzeit mäßigen Marktanteils der beiden Börsen von etwa 6,5 Prozent, erscheint die Fusion absolut notwendig, um die erforderliche Liquidität zu generieren und der Konkurrenz die Stirn zu bieten, was nach Ansicht der Börsen bei einem Marktanteil von etwa 20 Prozent von dauerhaftem Erfolg gekrönt sein dürfte.
 
Mehr Liquidität wird sich allerdings nicht durch eine optimierte Lernkurve der Handelsteilnehmer einstellen, sondern setzt eine steigende Zahl an Akteuren voraus. Aber erst wenn Kraftwerkszustände nicht mehr wie Staatsgeheimnisse gehütet werden, wenn die großen Handelshäuser entsprechend ihrer Möglichkeiten Gebote abgeben und wenn sie nicht alle handelsbezogenen Informationen unter der Decke halten, wird es einen Marktpreis geben, der seinen Namen auch wirklich verdient, und „der Markt“ wird die Reife und letztlich auch die Transparenz erreichen, für die der skandinavische Markt immer wieder als Idealfall der energiewirtschaftlichen Evolution gepriesen wird.
 
Ob für die neue Börse gleich bei ihrer Geburt die Ungleichung „1+1>2“ gilt, hängt sicherlich davon ab, ob sich die Marktteilnehmer mit den beiden vorgesehenen Spothandelssystemen anfreunden können. Das Xetra-System der Frankfurter galt vielen Händlern bisher als zu komplex in der Handhabung und ihren Chefs als zu teuer in der Anschaffung. Wer die Vorteile des fortlaufenden Handels richtig nutzen möchte, muss außerdem einen Mitarbeiter den ganzen Tag an den Bildschirm setzen. Auch das kann sich nicht jeder Börsenteilnehmer leisten. Das einfache und bewährte Sapri-System für die Stundenauktionen an der LPX fand dagegen bisher mehr Zuspruch.

Der gemeinsame Terminhandel wird ausschließlich über das Eurex-System der EEX abgewickelt werden. In diesem Segment bringt die LPX nichts mit in die Ehe. Im bisher siebenmonatigen Einsatz konnte die weltweit führende Software für Börsentermingeschäfte mangels Masse allerdings noch nicht glänzen. Doch zum einen haben die Fusionspartner ausdrücklich die Weiterentwicklung von Eurex und die bessere Anpassung an den Energiehandel versprochen, zum anderen dürften nun auch die Zögerer, die bisher geduldig die Terminverschiebungen der LPX ertragen haben, am Terminmarkt zur Tat schreiten und für mehr Liquidität sorgen. Es gilt aber auch wie im Spotmarkt: Einen liquiden Markt wird es nur geben, wenn die Eons und RWEs der Handelsszene nicht das Licht der Börsenöffentlichkeit scheuen.

Die Clearing-Bank Hannover wird nicht mehr benötigt

Auch wenn die offizielle Verkündung der Details noch aussteht, dürften die Eckpfeiler des LPX-Terminkonzeptes den Rahmen abstecken. Das Underlying, das heißt der Referenzpreis für die Future-Kontrakte, wird aus den verdeckten Stundenauktionen hervorgehen, wodurch auch das Basisrisiko eines volumengewichteten Referenzpreises, wie ihn die EEX noch im Programm hatte, weitgehend eliminiert wird – auf alle Fälle ein positives Signal an die Händler.

Beim Service, ist von den Händler sowohl durch die Blume als auch ganz offen zu hören, wünschen sie sich weiterhin die direkte und pragmatische Art der Leipziger, und natürlich auch deren Gebührenordnung. Aber zu diesem Thema gibt es noch keine offizielle Stellungnahme. Auch nicht dazu, ob sich die neue Börse gegenüber denen, die schon viel Geld und Zeit in das LPX-Terminkonzept investiert haben, kulant zeigen wird. Zwischen den Zeilen haben die Verantwortlichen aber bereits ihre Gesprächsbereitschaft signalisiert. Genug von der LPX dürfte dagegen erst einmal die Clearing-Bank Hannover haben, deren Dienste wohl nicht mehr benötigt werden und die angeblich auch nicht in die Fusionspläne eingeweiht war.

Neben dem Terminmarkt ist sicherlich mittelfristig der Gashandel das zentrale Thema für die neue Börse. Dass dies nicht auf nationaler Flamme gekocht werden kann, liegt auf der Hand: Die großen Händler sitzen im Ausland, wo auch die liquiden Hubs für den physischen Handel liegen, die wesentlichen Fördergebiete liegen dort sowieso.

Um ein Geschäftsfeld von solcher Dimension zu beackern, darüber hinaus einen attraktiven Terminmarkt anbieten zu können und die Produktpalette noch zu erweitern, bedarf es finanzieller und personeller Mittel, die keine der beiden Börsen langfristig hätte aufbringen können. So scheint der Zeitpunkt der Fusion richtig gewählt zu sein, und nachdem die anstehenden Aufgaben klar sind, versuchen auch die Verantwortlichen die Börsenehe so gut es geht voranzutreiben. „Wir können uns nicht lange mit uns selbst beschäftigen“, weckt Soennecken die Hoffnung, dass persönliches Besitzstandsdenken nicht zum Bremsklotz der Fusion wird. Die Pressekonferenz zur Fusion verbreitete jedenfalls eine partnerschaftliche Atmosphäre. Bis Ende des Jahres soll die Fusion vollendet sein und ab dem 1. Januar 2002 sollen dann Spothandelskontrakte ausschließlich in Leipzig gehandelt werden.
 

Stimmen zur Fusion

Dr. Claudia Eßer-Scherbeck, Geschäftsführerin SE Scherbeck Energy GmbH:
„Wir hätten nicht gedacht, dass die Fusion noch in diesem Jahr stattfindet. Da sich der Start des Leipziger Terminmarktes immer wieder verzögert hat und sich der Stundenspotmarkt an der EEX nicht entwickelt hat, war sie aber zu erwarten. Sapri ist ein gutes Handelssystem, Xetra und Eurex sind dagegen zu aufwendig und zu teuer.
 
Thomas Wedler, Händler bei Nordic Powerhouse:
„Die Stärken der LPX, die erfolgreiche Blackbox-Auktion, das engagierte Team sowie die Partnerschaft mit Nordpool, und die Stärken der EEX, ein erfolgreiches Handelssystem für Futures, ein gutes Netzwerk sowie ein gutes Standing bei den Banken, ergeben zusammen eine ideale Infrastruktur für den börslichen Stromhandel. Die Fusion führt im Stundenhandel zu einer Konzentration der Liquidität. Damit wird ein solides Underlying für den Terminmarkt geschaffen. Eurex ist das ideale Terminhandelssystem – hoffentlich bald auch für Optionen.“
 
Sven Hruby, Geschäftsführer BP Energie Deutschland:
„Hinsichtlich der Liquidität und der Kosten sicher eine richtige Entscheidung. Aber Konkurrenz belebt das Geschäft. Vielleicht kommt jedoch über die Powernext aus Frankreich wieder Wettbewerbsdruck auf. Wir haben viel Geld in die Systemanforderungen beziehungsweise –unterstützungen einer der Börsen investiert. Von den Schulungen ganz zu schweigen. Hier erwarte ich etwas Entgegenkommen von der neuen Börse. Die getroffenen Entscheidungen hinsichtlich der Handelssysteme halte ich für richtig.
 

Samstag, 2.10.2021, 15:46 Uhr
Fritz Wilhelm

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