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Energie & Management > Regenerative - Wissenschaft rät zur Konzentration auf CO2-Preis
Quelle: Fotolia / vencav
Regenerative

Wissenschaft rät zur Konzentration auf CO2-Preis

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sollte man sich nach Ansicht der Leopoldina und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen nicht auf den Markt alleine verlassen.
 
Um die erneuerbaren Energien zügig in den Elektrizitätsmarkt zu integrieren und genug Reservekapazitäten bereitzustellen seien zusätzliche Investitionsanreize nötig, heißt es in einer Studie, die von der Leopoldina, der Akademie der Technikwissenschaften und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften vorgelegt worden ist.

Zur Finanzierung von Investitionen in Windräder und PV-Anlagen, die die Stromerzeugung in Zukunft dominierten, stehe zunächst der Emissionshandel (ETS) zur Verfügung. Bis 2030 müsse es einen „sektorübergreifenden CO2-Preis“ geben: „In der Ãœbergangszeit sollte der CO2-Preis kontinuierlich ansteigen und parallel dazu sollten Marktprämienmodelle eingesetzt werden, die schrittweise auslaufen.“ Allerdings sei die Versorgungssicherheit „im aktuellen System nicht verursachergerecht individualisierbar“. So brauche Deutschland schon heute eine strategische Reserve. Langfristig müsse der „Aufbau von zentralen oder dezentralen Kapazitätsmärkten“ geprüft werden.

Warnung vor Kanibalisierungseffekt

Gleichzeitig müssten „komplementäre Maßnahmen“ getroffen werden, um „Flexibilitätspotentiale im aktuellen System zu heben“. Dabei spiele die Digitalisierung und der Ausbau der Stromnetze eine entscheidende Rolle. Der steigende Anteil der erneuerbaren Energien bringe höhere Risiken mit sich: Wegen der geringen Grenzkosten stünden sie am Anfang der Merit-Order, so dass ein hoher Anteil Wind- und Solarstrom den Börsenpreis senke. Da die Erzeugung zum Beispiel von Windrädern witterungsbedingt stark korreliert sei, komme es zu einem „Kannibalisierungseffekt“.

Dieser Rückgang der Flexibilität bei der Erzeugung müsse durch mehr Flexibilität beim Verbrauch kompensiert werden: durch Speicher, eine Flexibilisierung der Nachfrage und flexible, zusätzliche Lasten. Speicher müssten auch einen Teil der, nach dem Ausstieg aus der Kohle fehlenden Grundlast bereitstellen. Ökonomisch bestehe im gegenwärtigen Strommarkt ein „Externalitätenproblem: Die Kosten für die Bereitstellung gesicherter Leistung werden individualisiert, der Nutzen jedoch kollektiviert“.

Der wettbewerblich ausgestaltete Strommarkt biete, so die Leopoldina, wenig Anreize, einen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten. Dadurch bestehe die Gefahr, dass zu wenig in flexible Technologien und Reservekapazitäten investiert werde. Grundsätzlich sei der Strommarkt im aktuellen Modell funktionsfähig. Damit das bei dem angestrebten, hohen Anteil von Strom aus Wind und Sonne auch so bleibe, sei aber eine Überarbeitung des Modells nötig.

Zur Förderung der erneuerbaren Energien gebe es mehrere Handlungsoptionen: fixe Marktprämien, die aktuell vorherrschenden gleitenden Marktprämien, Differenzverträge und die „indirekte Förderung“ durch den CO2-Preis. Die Versorgungssicherheit könne durch vier weitere Optionen gewährleistet werden, die Vor- und Nachteile mit sich brächten: der Energie-Only-Markt, seine Ergänzung durch eine strategische Reserve (das wäre das aktuelle Modell), den Aufbau eines zentralen Kapazitätsmarktes und die „Individualisierung der Versorgungssicherheit im Rahmen dezentraler Kapazitätsmärkte“.

Darunter verstehen die Autoren die Verpflichtung der Versorger zur Bereitstellung von Leistung auch zu Spitzenlastzeiten und den Handel mit „Zertifikaten für flexible Erzeugung“. Das würde allerdings einen längeren Vorlauf erfordern und könnte ärmere Haushalte „bei schlechter Ausgestaltung“ erheblich belasten.

Die Lösung der anstehenden Probleme sehen die Autoren im Einsatz aller Optionen. Zur genaue Kombination geben sie aber keine Empfehlung ab. Ziel müsse es sein, die direkte Förderung zu beenden und sich auf den CO2-Preis zu konzentrieren. Der CO2-Preis sollte deswegen in einem „vorhersehbaren Preiskorridor“ allmählich steigen. Ob man auch künftig mit einem Energie-Only-Markt auskomme, müsse geprüft werden. Eine Ergänzung durch zentrale oder dezentrale Kapazitätsmärkte müsse auf jeden Fall gut vorbereitet und sozial verträglich ausgestaltet werden.

Montag, 15.05.2023, 16:07 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Regenerative - Wissenschaft rät zur Konzentration auf CO2-Preis
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Regenerative
Wissenschaft rät zur Konzentration auf CO2-Preis
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sollte man sich nach Ansicht der Leopoldina und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen nicht auf den Markt alleine verlassen.
 
Um die erneuerbaren Energien zügig in den Elektrizitätsmarkt zu integrieren und genug Reservekapazitäten bereitzustellen seien zusätzliche Investitionsanreize nötig, heißt es in einer Studie, die von der Leopoldina, der Akademie der Technikwissenschaften und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften vorgelegt worden ist.

Zur Finanzierung von Investitionen in Windräder und PV-Anlagen, die die Stromerzeugung in Zukunft dominierten, stehe zunächst der Emissionshandel (ETS) zur Verfügung. Bis 2030 müsse es einen „sektorübergreifenden CO2-Preis“ geben: „In der Ãœbergangszeit sollte der CO2-Preis kontinuierlich ansteigen und parallel dazu sollten Marktprämienmodelle eingesetzt werden, die schrittweise auslaufen.“ Allerdings sei die Versorgungssicherheit „im aktuellen System nicht verursachergerecht individualisierbar“. So brauche Deutschland schon heute eine strategische Reserve. Langfristig müsse der „Aufbau von zentralen oder dezentralen Kapazitätsmärkten“ geprüft werden.

Warnung vor Kanibalisierungseffekt

Gleichzeitig müssten „komplementäre Maßnahmen“ getroffen werden, um „Flexibilitätspotentiale im aktuellen System zu heben“. Dabei spiele die Digitalisierung und der Ausbau der Stromnetze eine entscheidende Rolle. Der steigende Anteil der erneuerbaren Energien bringe höhere Risiken mit sich: Wegen der geringen Grenzkosten stünden sie am Anfang der Merit-Order, so dass ein hoher Anteil Wind- und Solarstrom den Börsenpreis senke. Da die Erzeugung zum Beispiel von Windrädern witterungsbedingt stark korreliert sei, komme es zu einem „Kannibalisierungseffekt“.

Dieser Rückgang der Flexibilität bei der Erzeugung müsse durch mehr Flexibilität beim Verbrauch kompensiert werden: durch Speicher, eine Flexibilisierung der Nachfrage und flexible, zusätzliche Lasten. Speicher müssten auch einen Teil der, nach dem Ausstieg aus der Kohle fehlenden Grundlast bereitstellen. Ökonomisch bestehe im gegenwärtigen Strommarkt ein „Externalitätenproblem: Die Kosten für die Bereitstellung gesicherter Leistung werden individualisiert, der Nutzen jedoch kollektiviert“.

Der wettbewerblich ausgestaltete Strommarkt biete, so die Leopoldina, wenig Anreize, einen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten. Dadurch bestehe die Gefahr, dass zu wenig in flexible Technologien und Reservekapazitäten investiert werde. Grundsätzlich sei der Strommarkt im aktuellen Modell funktionsfähig. Damit das bei dem angestrebten, hohen Anteil von Strom aus Wind und Sonne auch so bleibe, sei aber eine Überarbeitung des Modells nötig.

Zur Förderung der erneuerbaren Energien gebe es mehrere Handlungsoptionen: fixe Marktprämien, die aktuell vorherrschenden gleitenden Marktprämien, Differenzverträge und die „indirekte Förderung“ durch den CO2-Preis. Die Versorgungssicherheit könne durch vier weitere Optionen gewährleistet werden, die Vor- und Nachteile mit sich brächten: der Energie-Only-Markt, seine Ergänzung durch eine strategische Reserve (das wäre das aktuelle Modell), den Aufbau eines zentralen Kapazitätsmarktes und die „Individualisierung der Versorgungssicherheit im Rahmen dezentraler Kapazitätsmärkte“.

Darunter verstehen die Autoren die Verpflichtung der Versorger zur Bereitstellung von Leistung auch zu Spitzenlastzeiten und den Handel mit „Zertifikaten für flexible Erzeugung“. Das würde allerdings einen längeren Vorlauf erfordern und könnte ärmere Haushalte „bei schlechter Ausgestaltung“ erheblich belasten.

Die Lösung der anstehenden Probleme sehen die Autoren im Einsatz aller Optionen. Zur genaue Kombination geben sie aber keine Empfehlung ab. Ziel müsse es sein, die direkte Förderung zu beenden und sich auf den CO2-Preis zu konzentrieren. Der CO2-Preis sollte deswegen in einem „vorhersehbaren Preiskorridor“ allmählich steigen. Ob man auch künftig mit einem Energie-Only-Markt auskomme, müsse geprüft werden. Eine Ergänzung durch zentrale oder dezentrale Kapazitätsmärkte müsse auf jeden Fall gut vorbereitet und sozial verträglich ausgestaltet werden.

Montag, 15.05.2023, 16:07 Uhr
Tom Weingärtner

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