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Energie & Management > Bilanz - Westfalen Weser will Energiesystemmanager sein
Andreas Speith, Jürgen Noch und Stefan Freitag (von links) blickten bei der Bilanz-Pressekonferenz optimistisch in die Zukunft. Quelle: Westfalen Weser
Bilanz

Westfalen Weser will Energiesystemmanager sein

Die Westfalen-Weser-Gruppe will „Motor der Energiewende“ werden und hat dafür die Palette ihrer Geschäftsfelder erweitert.
Vor allem als Netzbetreiber mit Wärmegeschäft kannte man Westfalen Weser Energie in der Vergangenheit. Doch mit dem Umbau des Energiesystems wandelt sich auch die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Paderborn. Denn, um die Energiewende erfolgreich umzusetzen, müsse man sie ganzheitlich begreifen und ganzheitlich angehen.

Deshalb ist seit diesem Jahr die Struktur des Konzerns deutlich erweitert und umfasst nun die Bereiche Erzeugung und Handel, Energiespeicher, Netz und Markt. In Letzterem wurden beispielsweise alle energienahen Dienstleistungen aus anderen Unternehmenseinheiten zusammengeführt und in der Energieservice Westfalen Weser gebündelt. Deren Ziel ist es, ganzheitliche und sektorübergreifende Energie- und auch Infrastrukturlösungen anzubieten, wie ihr Geschäftsführer Stefan Freitag im Gespräch mit Journalisten erläuterte. Die Infrastrukturangebote gehen sogar bis zum Bau von Umspannwerken und Trafostationen. Aber auch als Partner bei der Wärmewende und beim Aufbau von Ladeinfrastruktur hat sich Westfalen Weser positioniert. So will sich die Unternehmensgruppe zu einem „Energiesystemmanager“ und „ganzheitlichen Energieanbieter“ entwickeln.

Eine besondere Rolle spielt nun auch die eigene Erzeugung. Diese ist unerlässlich, wenn man, wie es Jürgen Noch formulierte, „Motor der Energiewende“ sein will. Der Geschäftsführer der Holding Westfalen Weser Energie betonte mehrfach, wie wichtig es sei, die Energiewende sektorübergreifend anzugehen, was sowohl die Erzeugung als auch die Speicherung einschließe.
 
„Als kommunales Unternehmen wollen wir diesen Prozess mitgestalten und für die Menschen, Unternehmen und Kommunen eine sichere und flexible Versorgung mit Grünstrom aus der Region gewährleisten“, so Noch. Daher habe sich Westfalen Weser zu Beginn des Jahres mit 50 Prozent am regionalen Windkraft-Projektierer LSF Energy beteiligt, der in WN Energie GmbH & Co. KG umfirmiert. Zum Jahresende sollen die ersten der rund 30 geplanten Windparks ans Netz gehen, die vor allem in den Kreisen Höxter und Paderborn errichtet werden. Die Zielgröße der installierten Leistung bis Ende 2027 sind rund 1.000 MW.

„Schlafender Riese“ als Vorbildprojekt

Keinen Zweifel ließen Jürgen Noch und sein Kollege Andreas Speith an der Bedeutung des Wasserstoff – sowohl für die Sektorkopplung und die Integration der Erneuerbaren ins Netz als auch die Versorgung der Industrie. Als Beispiel für eine vielversprechende Sektorkopplung präsentierten sie das Projekt „Schlafender Riese“. Aus Überschussstrom der lokalen Windkraftanlagen soll ab dem ersten Quartal 2027 mithilfe eines Elektrolyseurs in Lichtenau grüner Wasserstoff für Verkehr und Industrie hergestellt werden. Dafür hat Westfalen Weser mittlerweile gemeinsam mit den Stadtwerken und der Stadt Lichtenau eine eigene Gesellschaft gegründet. Aktuell werde geprüft, ob die Abwärme des Elektrolyseurs auch für das lokale Wärmenetz genutzt werden könne.

Noch betonte allerdings auch, dass gerade vor dem Hintergrund des Ausbaus der Erneuerbaren mit ihrer volatilen Einspeisung und dem Wärme- und Prozessbedarf der Industrie man vorerst nicht auf Gas verzichten könne. In den nächsten mindestens zehn Jahren sei der Energieträger noch als Brückentechnologie in Kombination mit den Erneuerbaren unverzichtbar. Einerseits sei der Wasserstoff als Gasersatz noch nicht in ausreichendem Maß verfügbar. Andererseits seien auch nicht alle industriellen Prozesse elektrifizierbar. Gerade im hochthermischen Bereich werde man ohne Moleküle nicht auskommen können. Die Nachfrage nach Wasserstoff sei jedoch schon abzusehen und Gespräche mit der Industrie werden bereits geführt.

Im Zuge der Dekarbonisierung müsse allerdings noch auf politischer und rechtlicher Ebene der Rahmen für die weitere Nutzung oder Stilllegung der Gasnetze geschaffen werden. Hier gebe es noch sehr viele Unsicherheiten, auch wenn die Beschlusslage der Bundesregierung klar sei, bis 2045 die Klimaneutralität zu erreichen. „Aber: Wir werden sicherstellen, dass die Kunden, die heute am Erdgasnetz sind, auch sicher versorgt werden, bis es eine Folgelösung gibt“, versprach der Noch. Gleichwohl werde man sich nun bei allen Fragen mit Gas- und Endkundenbezug sorgfältig überlegen, ob man noch Ausbau betreiben werde.

Während strategische Frage im Gespräch mit Journalisten klar im Vordergrund standen, waren die aktuellen Geschäftszahlen von Westfalen Weser eher ein Randthema. Die Umsatzerlöse stiegen 2024 gegenüber dem Vorjahr um 138 Millionen Euro auf knapp 1,1 Milliarden Euro. Die Ausschüttung an die mittlerweile 57 kommunalen Anteilseigner betrug nach Angaben des Konzerns knapp 56 Millionen Euro. Gegenüber dem Vorjahr wurden 2024 gut 39 Millionen Euro mehr investiert, insgesamt rund 153 Millionen Euro.

In den nächsten zehn Jahren sollen 1,5 Milliarden Euro in den Ausbau und die Digitalisierung der Netze investiert werden. Und „in den nächsten Jahren“, abhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen, in den Wärmebereich 200 bis 400 Millionen Euro sowie in die Erneuerbaren – eher auf einen Zeithorizont von fünf Jahren – rund 1,5 Milliarden Euro. Und auch für Batteriespeicherprojekte werden 200 bis 400 Millionen Euro veranschlagt.

Dienstag, 27.05.2025, 17:42 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Bilanz - Westfalen Weser will Energiesystemmanager sein
Andreas Speith, Jürgen Noch und Stefan Freitag (von links) blickten bei der Bilanz-Pressekonferenz optimistisch in die Zukunft. Quelle: Westfalen Weser
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Westfalen Weser will Energiesystemmanager sein
Die Westfalen-Weser-Gruppe will „Motor der Energiewende“ werden und hat dafür die Palette ihrer Geschäftsfelder erweitert.
Vor allem als Netzbetreiber mit Wärmegeschäft kannte man Westfalen Weser Energie in der Vergangenheit. Doch mit dem Umbau des Energiesystems wandelt sich auch die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Paderborn. Denn, um die Energiewende erfolgreich umzusetzen, müsse man sie ganzheitlich begreifen und ganzheitlich angehen.

Deshalb ist seit diesem Jahr die Struktur des Konzerns deutlich erweitert und umfasst nun die Bereiche Erzeugung und Handel, Energiespeicher, Netz und Markt. In Letzterem wurden beispielsweise alle energienahen Dienstleistungen aus anderen Unternehmenseinheiten zusammengeführt und in der Energieservice Westfalen Weser gebündelt. Deren Ziel ist es, ganzheitliche und sektorübergreifende Energie- und auch Infrastrukturlösungen anzubieten, wie ihr Geschäftsführer Stefan Freitag im Gespräch mit Journalisten erläuterte. Die Infrastrukturangebote gehen sogar bis zum Bau von Umspannwerken und Trafostationen. Aber auch als Partner bei der Wärmewende und beim Aufbau von Ladeinfrastruktur hat sich Westfalen Weser positioniert. So will sich die Unternehmensgruppe zu einem „Energiesystemmanager“ und „ganzheitlichen Energieanbieter“ entwickeln.

Eine besondere Rolle spielt nun auch die eigene Erzeugung. Diese ist unerlässlich, wenn man, wie es Jürgen Noch formulierte, „Motor der Energiewende“ sein will. Der Geschäftsführer der Holding Westfalen Weser Energie betonte mehrfach, wie wichtig es sei, die Energiewende sektorübergreifend anzugehen, was sowohl die Erzeugung als auch die Speicherung einschließe.
 
„Als kommunales Unternehmen wollen wir diesen Prozess mitgestalten und für die Menschen, Unternehmen und Kommunen eine sichere und flexible Versorgung mit Grünstrom aus der Region gewährleisten“, so Noch. Daher habe sich Westfalen Weser zu Beginn des Jahres mit 50 Prozent am regionalen Windkraft-Projektierer LSF Energy beteiligt, der in WN Energie GmbH & Co. KG umfirmiert. Zum Jahresende sollen die ersten der rund 30 geplanten Windparks ans Netz gehen, die vor allem in den Kreisen Höxter und Paderborn errichtet werden. Die Zielgröße der installierten Leistung bis Ende 2027 sind rund 1.000 MW.

„Schlafender Riese“ als Vorbildprojekt

Keinen Zweifel ließen Jürgen Noch und sein Kollege Andreas Speith an der Bedeutung des Wasserstoff – sowohl für die Sektorkopplung und die Integration der Erneuerbaren ins Netz als auch die Versorgung der Industrie. Als Beispiel für eine vielversprechende Sektorkopplung präsentierten sie das Projekt „Schlafender Riese“. Aus Überschussstrom der lokalen Windkraftanlagen soll ab dem ersten Quartal 2027 mithilfe eines Elektrolyseurs in Lichtenau grüner Wasserstoff für Verkehr und Industrie hergestellt werden. Dafür hat Westfalen Weser mittlerweile gemeinsam mit den Stadtwerken und der Stadt Lichtenau eine eigene Gesellschaft gegründet. Aktuell werde geprüft, ob die Abwärme des Elektrolyseurs auch für das lokale Wärmenetz genutzt werden könne.

Noch betonte allerdings auch, dass gerade vor dem Hintergrund des Ausbaus der Erneuerbaren mit ihrer volatilen Einspeisung und dem Wärme- und Prozessbedarf der Industrie man vorerst nicht auf Gas verzichten könne. In den nächsten mindestens zehn Jahren sei der Energieträger noch als Brückentechnologie in Kombination mit den Erneuerbaren unverzichtbar. Einerseits sei der Wasserstoff als Gasersatz noch nicht in ausreichendem Maß verfügbar. Andererseits seien auch nicht alle industriellen Prozesse elektrifizierbar. Gerade im hochthermischen Bereich werde man ohne Moleküle nicht auskommen können. Die Nachfrage nach Wasserstoff sei jedoch schon abzusehen und Gespräche mit der Industrie werden bereits geführt.

Im Zuge der Dekarbonisierung müsse allerdings noch auf politischer und rechtlicher Ebene der Rahmen für die weitere Nutzung oder Stilllegung der Gasnetze geschaffen werden. Hier gebe es noch sehr viele Unsicherheiten, auch wenn die Beschlusslage der Bundesregierung klar sei, bis 2045 die Klimaneutralität zu erreichen. „Aber: Wir werden sicherstellen, dass die Kunden, die heute am Erdgasnetz sind, auch sicher versorgt werden, bis es eine Folgelösung gibt“, versprach der Noch. Gleichwohl werde man sich nun bei allen Fragen mit Gas- und Endkundenbezug sorgfältig überlegen, ob man noch Ausbau betreiben werde.

Während strategische Frage im Gespräch mit Journalisten klar im Vordergrund standen, waren die aktuellen Geschäftszahlen von Westfalen Weser eher ein Randthema. Die Umsatzerlöse stiegen 2024 gegenüber dem Vorjahr um 138 Millionen Euro auf knapp 1,1 Milliarden Euro. Die Ausschüttung an die mittlerweile 57 kommunalen Anteilseigner betrug nach Angaben des Konzerns knapp 56 Millionen Euro. Gegenüber dem Vorjahr wurden 2024 gut 39 Millionen Euro mehr investiert, insgesamt rund 153 Millionen Euro.

In den nächsten zehn Jahren sollen 1,5 Milliarden Euro in den Ausbau und die Digitalisierung der Netze investiert werden. Und „in den nächsten Jahren“, abhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen, in den Wärmebereich 200 bis 400 Millionen Euro sowie in die Erneuerbaren – eher auf einen Zeithorizont von fünf Jahren – rund 1,5 Milliarden Euro. Und auch für Batteriespeicherprojekte werden 200 bis 400 Millionen Euro veranschlagt.

Dienstag, 27.05.2025, 17:42 Uhr
Fritz Wilhelm

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