Castorbehälter im Zwischenlager. 99 sind es momentan in Neckarwestheim. Quelle: BGZ
Lässt sich die Abwärme der Brennelemente im Zwischenlager des baden-württembergischen Kernkraftwerks GKN sinnvoll nutzen? Eine Idee, die vor allem auf viel Skepsis stößt.
Gemmrigheim ist eine Gemeinde mit 5.000 Einwohnern und der Bürgermeister heißt Jörg Frauhammer (SPD). Er ist 60 Jahre alt, und weil er promovierter Ingenieur der Verfahrenstechnik ist, hat er durchaus eigene Expertise, wenn es in Gemmrigheim gerade um die kommunale Wärmeplanung geht. Schließlich hat man das 2023 abgeschaltete Kernkraftwerk Neckarwestheim und sein Zwischenlager mit 99 Castoren in unmittelbarer Nachbarschaft, so unmittelbar, dass sich Teile der Anlage auf Gemeindegebiet befinden.
Womit es für Frauhammer im wahrsten Sinne des Wortes etwas sehr Naheliegendes ist, sich mit der Abwärme der Brennstäbe dort näher zu beschäftigen und mit der Frage, ob sie sich sinnvoll im Wärmenetz der Gemeinde nutzen lässt. Mit einer Großwärmepumpe, das ist dem Bürgermeister klar, könnte man auch den Neckar nutzen, so wie es beispielsweise in Mannheim gemacht wird. Doch das Zwischenlager ist für ihn die größte Wärmequelle. Zumal es für 40 Jahre genehmigt ist und der Gemeinde wohl auch noch darüber hinaus erhalten bleiben dürfte. Schließlich ist die Endlagerfindung mittlerweile auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben worden.
Was das Ganze zusätzlich attraktiv erscheinen lässt: Nur unweit vom Zwischenlager gibt es ein Wohngebiet, das bereits über ein Wärmenetz verfügt. Es wird derzeit aber noch mit Gas beheizt.
„Tiefgreifende Konsequenzen“ Spricht eigentlich viel für die Idee des Bürgermeisters, der Kernkraft am Ende doch noch das Siegel der Nachhaltigkeit aufzudrücken, möchte man meinen. Aber sehen das auch die zuständigen Behörden so? Eher nicht, sie fassen das Thema mit ausgesprochen spitzen Fingern an. Die Unlust, sich näher damit zu beschäftigen, spricht aus jedem Satz der Stellungnahmen.
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Das Kernkraftwerk Neckarwestheim liegt zum Teil auch auf dem Gemeindegebiet von Gemmrigheim. Quelle: EnBW / Daniel Meier-Gerber |
Da wäre zum einen das baden-württembergische Umweltministerium, das auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt: „In Deutschland gibt es keine Einrichtungen, die die Nachzerfallswärme der abgebrannten Brennelemente beziehungsweise die Abwärme der Castoren in Zwischenlagern zur Wärmegewinnung nutzen. Eine solche Einrichtung ist nach Kenntnisstand des Umweltministeriums auch nicht geplant. Dies würde auf alle Fälle eine umfangreiche Prüfung der Rückwirkungen einer solchen Einrichtung auf die sichere Lagerung der Kernbrennstoffe und damit einer neuen umfassenden Genehmigung bedürfen.“
Eine Sprecherin der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) lässt die
Stuttgarter Zeitung wissen, dass Kosten und Nutzen eines derartigen Projekts in „keinem günstigen Verhältnis“ stehen. Auch von „tiefgreifenden technischen und juristischen Konsequenzen“ ist die Rede und davon, dass die Wärmeabstrahlung der Brennelemente mit der Zeit abnimmt. Und: Oberstes Ziel der Zwischenlagerung bleibe der sichere Einschluss der radioaktiven Abfälle.
Klingt ganz so, als müsste sich Bürgermeister Frauhammer jetzt doch eher Gedanken darüber machen, wie er mit seiner Wärmepumpe den Neckar anzapfen kann.
Donnerstag, 14.11.2024, 14:33 Uhr
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