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Wasserkraft, PV, Onshore-Windkraft, Ladeinfrastruktur, Vertrieb, Dienstleistungen: Der Energiekonzern Vattenfall will bis 2028 mehr als 5 Milliarden Euro in Deutschland investieren.
Das Vorhaben von Friedrich Merz scheint in den Planungen von Vattenfall noch keine Rolle zu spielen: Der Kanzlerkandidat der Union sähe Windkrafträder bekanntlich eines Tages gerne abgebaut, „weil sie hässlich sind und weil sie nicht in die Landschaft passen“.
Entgegen dem ästhetischen Empfinden des CDU-Politikers will das schwedische Energieunternehmen Vattenfall in Deutschland erst einmal kräftig zubauen. Bei Onshore-Windanlagen sei „die Projektpipeline mit rund 1,5 Gigawatt sehr gut gefüllt“, ließ jetzt Robert Zurawski durchblicken. Der Finanzchef von Vattenfall in Deutschland hat in einem Hintergrundgespräch mit der Presse am 11. November die strategische Ausrichtung des Konzerns auf dem Markt hierzulande umrissen.
Mehr als fünf Millionen Strom- und Gaskunden zählt Vattenfall bundesweit, mit Schwerpunkt Berlin und Hamburg. Er ist damit nach eigenen Angaben im Rennen um Platz zwei. Um in Deutschland weiter zu wachsen, will das Unternehmen über alle Geschäftsbereiche hinweg bis zum Jahr 2028 mehr als 5 Milliarden Euro investieren. Das Geld soll in „fossilfreie Erzeugungsanlagen, E-Mobilität sowie andere Produkte Dienstleistungen“ fließen.
„Deutschland ist der am schnellsten wachsende Markt für erneuerbare Energien in Europa. Der Strombedarf wird bis 2030 voraussichtlich um 40 Prozent steigen und könnte sich bis 2045 sogar verdoppeln“, so der deutsche Finanzchef Zurawski zur Begründung.
Industrie und Versorger „helfen sich gegenseitig“
Einen starken Impuls für den Ausbau der Grünstrom-Erzeugung liefert die Industrie: „Am PPA-Markt sehen wir eine steigende Nachfrage. Wir haben immer mehr Verträge, nicht nur für unseren eigenen Anlagen – wir bieten das auch als Dienstleistung“, berichtete Zurawski, der in Deutschland auch das Vattenfall-Geschäft mit Erneuerbaren leitet, und bezog sich dabei auf Grünstrom-Direktlieferverträge (Power Purchase Agreements, PPA). „Die Industrie und die Energiewirtschaft helfen sich gerade gegenseitig, die Strompartnerschaft ist eine Win-win-Situation“, sagte Zurawski.
Geplant sei, jährlich rund 500 MW an Solarparks und 300 MW an Groß-Batteriespeichern zu installieren, und das immer in Kombination beider Technologien. Ein Schwerpunkt soll auf Agri-PV liegen. Die Windkraft-Leistung soll bis 2028 um insgesamt 3.100 MW steigen. Davon entfallen 1.600 MW auf die Nordsee-Windparks Nordlicht 1 und 2, deren Bau voraussichtlich 2026 startet. Bei einigen Onshore-Vorhaben unter den insgesamt 1.500 MW fehlt dem Vernehmen nach noch die Genehmigung.
Ausbauen will Vattenfall, das, aus dem Schwedischen übersetzt, „Wasserfall“ heißt, auch die Wasserkraft. „Vattenfall besitzt ungefähr die Hälfte der deutschen Pumpspeicher-Kapazität“, sagte Zurawski. „In der Frühphase gibt es ein Projekt in Südthüringen für ein weiteres Pumpspeicherkraftwerk. Es befindet sich in einer sehr frühen Phase, aber es sieht vielversprechend aus.“ Detaillierter nannte er den Ort des Vorhabens nicht.
Rund 500 Millionen Euro will das Unternehmen in den kommenden vier Jahren obendrein in die Ladeinfrastruktur für E-Autos investieren. Das Geschäft soll sich auf die gesamte Wertschöpfungskette erstrecken – von der Installation von Ladesäulen über deren Betrieb und Wartung bis zum Stromverkauf über eigene Ladetarife.
Konsens: „Atomkraftwerke derzeit nicht im Vordergrund“
Weiter wachsen soll nicht zuletzt das Endkundengeschäft mit Dienstleistungen (EDL). Vattenfall kooperiert dazu mit Handwerksbetrieben, rund 150 seien es inzwischen bundesweit. Zudem gliedere man einzelne Installationsbetriebe in das Unternehmen ein. Wärmepumpen, PV-Anlagen, Stromspeicher, Wallboxen – von der örtlichen Beratung bis zur Installation will man sich so als Dienstleister positionieren. In Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen hat Vattenfall dazu „Hubs“ eingerichtet.
Zurückhaltend äußert sich der Energiekonzern zur Frage einer möglichen Renaissance der Kernkraft, über die man laut CDU-Chef Friedrich Merz „vorurteilsfrei“ nachdenken sollte und die sein Kollege von der CSU, Markus Söder, momentan sogar eindeutig fordert. Zurawski dazu: „In Schweden hat die Gesellschaft einen Konsens gefunden, der Atomkraftwerke einschließt. In Deutschland gibt es einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dass Atomkraftwerke derzeit nicht im Vordergrund stehen, das ist also hier für uns kein Thema.“
Vattenfall ist in Schweden an sieben Reaktorblöcken maßgeblich beteiligt und war dies bis zum Atomausstieg auch in Deutschland (Brunsbüttel, Krümmel und Brokdorf).
Montag, 11.11.2024, 15:58 Uhr
Manfred Fischer
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