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Das Europäische Parlament hat das Klima-Industrie-Gesetz (KIG) verabschiedet. Damit sollen die Rahmenbedingungen für grüne Technologien in der EU verbessert werden.
In Brüssel konstatiert man mit Sorge, dass ein großer Teil der grünen Technik gegenwärtig aus Drittstaaten eingeführt wird. Vor allem in Asien würden die industriellen Kapazitäten dafür ausgeweitet. Der sogenannte „Net-Zero-Technology Act“ soll die Antwort der EU auf diese Situation und insbesondere auf das amerikanische Förderprogramm IRA sein, mit dem die USA klimafreundliche Technologien voranbringen wollen.
Das europäische KIG soll den Unternehmen der EU helfen, auf den Märkten für die Technologien, die für die Energiewende gebraucht werden, wettbewerbsfähig zu bleiben oder zu werden. 2030 soll die EU mindestens 40 Prozent dieser Technologien, die sie benötigt, selbst erzeugen und 25 Prozent des Weltmarktes beliefern. Die Industrie soll außerdem bis 2030 Speicher für die Einspeisung von 50 Millionen Tonnen CO2 bereitstellen.
Unternehmen, die grüne Technologien massentauglich machen, sollen unterstützt werden. Gefördert wird auch die Beschaffung der notwendigen Rohstoffe und Komponenten. Neben Fabriken, die grüne Technologie produzieren oder anwenden, werden auch „strategische Projekte“ gefördert.
Eine „Net-Zero-Platform“, die allen interessierten Parteien zur Verfügung steht, soll für einen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten, der Industrie, der Wissenschaft und den Verbänden sorgen. In Brüssel verspricht man sich davon neben guten Ratschlägen auch Zugang zu privater Finanzierung oder die Vermittlung internationaler Partnerschaften.
Projekte, von denen ein Beitrag zur industriellen Transformation erwartet wird, können nach dem KIG schneller genehmigt werden, wenn sie drei Kriterien erfüllen: die Technologie ist soweit entwickelt, dass eine industrielle Anwendung möglich ist, sie können einen Beitrag zur Dekarbonisierung und zur Wettbewerbsfähigkeit leisten und sie stärken die Widerstandsfähigkeit des Energiesystems.
Auch klassische Nukleartechnik soll profitieren
Im Entwurf der Kommission werden im einzelnen folgende Technologien genannt: Solartechnik (PV und thermisch), erneuerbare Energien Onshore und Offshore, Batterie- und Speichertechnologien, Wärmepumpen und Geothermie, Elektrolyseure und Brennstoffzellen, nachhaltiges Biogas, CCS und Netztechnik. Die Liste der Technologien, die als grün anerkannt werden, wurde von den Abgeordneten noch erweitert. Nach dem Votum können auch die klassische Nukleartechnik und Fusionsreaktoren als „grüne Technologie“ gefördert werden.
Beim KIG gehe es nicht in erster Linie um Geld sondern vor allem um den Abbau von bürokratischen Hürden, sagte der Berichterstatter des Parlamentes, Christian Ehler (CDU), nach der Abstimmung (376:139:116): „Ohne eine Reduzierung der administrativen Lasten, ohne eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und höhere, öffentliche Investitionen in unsere Industrie und in Innovationen könnte Europa die Dekarbonisierung nur durch Deindustrialisiserung erreichen.“ Das KIG zeige, dass das verhindert werden könne.
Die Abgeordneten votierten auch dafür, ein Viertel der Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel (ETS) für die grüne Transformation zu verwenden. Das wären bis 2030 schätzungsweise 500 Milliarden Euro.
Ehler machte deutlich, dass das KIG nicht alle Probleme lösen und auch nicht alle Nachteile der europäischen Industrie gegenüber der amerikanischen Konkurrenz beseitigen werde. Anders als die USA könne die EU weder Steuergutschriften gewähren noch niedrige Energiepreise garantieren. Sie könne jedoch etwas gegen die Überregulierung unternehmen. Die Schaffung von Speicherkapazität zur Einlagerung von CO2 macht nach Ansicht von Ehler keinen Sinn, wenn für den Transport des Kohlendioxids kein Leitzungsnetz geschaffen werde.
Grüne: Schritt in die Vergangenheit
Die Grünen kritisierten das Votum des Parlamentes als „Schritt in die Vergangenheit“. Damit werde ein „Selbstbedienungsladen“ für die Atomwirtschaft und die fossile Industrie geschaffen, sagte ihr energiepolitischer Sprecher, Michael Bloss, und der Klimapakt aufgeweicht.
Der Deutsche Naturschutzring sprach von einem heftigen Dämpfer auf dem Weg zur Klimaneutralität. Statt nachhaltigen Technologien den Rücken zu stärken, hätten die Abgeordneten auch der Atomenergie, CCS und der Wasserkraft ein hohes öffentliches Interesse bescheinigt.
Über das KIG muss jetzt mit dem Ministerrat verhandelt werden, der seine Position Anfang Dezember beschließen will.
Dienstag, 21.11.2023, 17:04 Uhr
Tom Weingärtner
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