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Energie & Management > Österreich - Reform der Abschaltpläne gilt als unnötig und weltfremd
Quelle: Pixabay / slon_pics
Österreich

Reform der Abschaltpläne gilt als unnötig und weltfremd

Die Verteilnetzbetreiber für Strom und die Bundesländer beurteilen die Vorstellungen des Regulators zur Energielenkung zurückhaltend, so eine Tagung von „Oesterreichs Energie“.
Zurückhaltend beurteilen Österreichs Verteilnetzbetreiber für Strom sowie die Bundesländer die Pläne des Regulators E-Control, die sogenannte „Energielenkung“ für Versorgungskrisen zu reformieren. Das zeigten diesbezügliche Debatten bei der Fachtagung „Versorgungssicherheit und Energiewende“ des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie am 3. Dezember in Wien.

Laut dem zuständigen Referenten der E-Control, Alexander Kabinger, sieht diese bei den derzeitigen Bestimmungen insbesondere folgende Probleme: Dem Energielenkungsgesetz (EnLG) zufolge teilt das Bundes-Energieministerium mit einer „Maßnahmenverordnung“ den Bundesländern Verbrauchskontingente zu, die diese nicht überschreiten dürfen. Zur Einhaltung der Kontingente erlassen die Landeshauptleute (Ministerpräsidenten) entsprechende Verordnungen, die die Verteilnetzbetreiber umzusetzen haben. Sie müssen dazu erforderlichenfalls Teile ihrer Netze abschalten.

Das Problem: Die Netzgebiete decken sich nicht überall mit den Flächen der Bundesländer. Somit müsste beispielsweise der Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien in seiner Eigenschaft als Landeshauptmann den Verteilnetzbetreiber Wiener Netze GmbH verpflichten, mittels Abschaltung entsprechender Leitungen die Versorgung von Kunden im Bundesland Niederösterreich zu unterbrechen. Dergleichen aber wäre politisch heikel.

Ferner liegen die für die Abschaltungen notwendigen Daten, darunter die Lastprognosen, laut Kabinger „faktisch nicht pro Bundesland vor, sondern pro Netzbetreiber. Eine Umsetzung von echten Landeskontingenten, wie im Gesetz vorgesehen, ist schwer umsetzbar“. Überdies seien die Abschaltpläne unterschiedlich ausgestaltet, etwa, was die Dauer der Abschaltungen betrifft.

Erster Austausch einer Arbeitsgruppe


Aus diesen Gründen schlägt die E-Control vor, die Netzbetreiber zur Erstellung neuer Flächenabschaltungspläne sowie zu deren Abstimmung mit den Betreibern der benachbarten Netze zu verpflichten. Auf dieser Basis könnten Versorgungskrisen, die ein oder zwei Bundesländer betreffen, nach Ansicht der Behörde in der bisherigen Weise besser bewältigt werden. Betrifft eine Krise dagegen mehr als zwei Bundesländer, soll das Bundes-Energieministerium die Abschaltpläne vollstrecken.

Dies laufe keineswegs auf eine Entmachtung der bekanntermaßen selbstbewussten „Landeshäuptlinge“ hinaus, betonte Kabinger. Sie hätten die Abschaltpläne zu genehmigen. Zudem würden in deren Erarbeitung durch die Netzbetreiber die Landesbehörden eingebunden.

Kabinger zufolge setzte das Energieministerium (BMK) eine Arbeitsgruppe zu der Angelegenheit ein: „Ein erster Austausch mit den Ländern, den Netzbetreibern und der E-Control ist am 19. November erfolgt.“ Ein Entwurf für eine entsprechende Novelle des EnLG werde aller Wahrscheinlichkeit nach im kommenden Jahr vorliegen.

VNB: Mehr Aufwand, wenig Nutzen

Ländervertreter konstatierten bei der Fachtagung, die Vorstellungen der E-Control würden den Verwaltungsaufwand des Bundes und vor allem der Länder erhöhen, ohne erkennbaren Nutzen zu bringen. Bei manchen Details frage sich überdies, ob die Wünsche der Behörde respektive des Ministeriums praktikabel seien.

Wenig Sinn in den Plänen der E-Control sehen auch die Verteilnetzbetreiber (VNB), berichtete Thomas Schuster, der technische Betriebsleiter der Wiener Netze, der Redaktion am Rande der Tagung. Schuster zufolge verfügen schon derzeit sämtliche großen NRW über Flächenabschaltungspläne, die von den jeweiligen Ländern genehmigt sind. Auch hätten sich beispielsweise Wien und das die Bundeshauptstadt umschließende Niederösterreich bereits auf ein gemeinsames Vorgehen im Krisenfall geeinigt: „Was die E-Control vorschlägt, ist daher zumindest teilweise fragwürdig.“

„Wir lassen niemanden sterben“

Einigkeit zwischen Wien und Niederösterreich bestehe vor allem darüber, die Versorgung besonders sensibler Einrichtungen wie Krankenhäuser unter keinen Umständen abzuschalten, solange das technisch irgendwie vertretbar sei. „Drastisch ausgedrückt: Wir lassen niemanden sterben. Da kann das Energieministerium verordnen, was es will“, konstatierte Schuster.

Ob und gegebenfalls wann es zu einer Novellierung des EnLG kommt, ist offen. Seit der Wahl zum Bundesparlament am 29. September verhandelt die konservative Österreichische Volkspartei mit den Sozialdemokraten und den Liberalen über die Bildung einer neuen Bundesregierung. Erst diese dürfte über die Causa befinden.

Mittwoch, 4.12.2024, 12:57 Uhr
Klaus Fischer
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Reform der Abschaltpläne gilt als unnötig und weltfremd
Die Verteilnetzbetreiber für Strom und die Bundesländer beurteilen die Vorstellungen des Regulators zur Energielenkung zurückhaltend, so eine Tagung von „Oesterreichs Energie“.
Zurückhaltend beurteilen Österreichs Verteilnetzbetreiber für Strom sowie die Bundesländer die Pläne des Regulators E-Control, die sogenannte „Energielenkung“ für Versorgungskrisen zu reformieren. Das zeigten diesbezügliche Debatten bei der Fachtagung „Versorgungssicherheit und Energiewende“ des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie am 3. Dezember in Wien.

Laut dem zuständigen Referenten der E-Control, Alexander Kabinger, sieht diese bei den derzeitigen Bestimmungen insbesondere folgende Probleme: Dem Energielenkungsgesetz (EnLG) zufolge teilt das Bundes-Energieministerium mit einer „Maßnahmenverordnung“ den Bundesländern Verbrauchskontingente zu, die diese nicht überschreiten dürfen. Zur Einhaltung der Kontingente erlassen die Landeshauptleute (Ministerpräsidenten) entsprechende Verordnungen, die die Verteilnetzbetreiber umzusetzen haben. Sie müssen dazu erforderlichenfalls Teile ihrer Netze abschalten.

Das Problem: Die Netzgebiete decken sich nicht überall mit den Flächen der Bundesländer. Somit müsste beispielsweise der Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien in seiner Eigenschaft als Landeshauptmann den Verteilnetzbetreiber Wiener Netze GmbH verpflichten, mittels Abschaltung entsprechender Leitungen die Versorgung von Kunden im Bundesland Niederösterreich zu unterbrechen. Dergleichen aber wäre politisch heikel.

Ferner liegen die für die Abschaltungen notwendigen Daten, darunter die Lastprognosen, laut Kabinger „faktisch nicht pro Bundesland vor, sondern pro Netzbetreiber. Eine Umsetzung von echten Landeskontingenten, wie im Gesetz vorgesehen, ist schwer umsetzbar“. Überdies seien die Abschaltpläne unterschiedlich ausgestaltet, etwa, was die Dauer der Abschaltungen betrifft.

Erster Austausch einer Arbeitsgruppe


Aus diesen Gründen schlägt die E-Control vor, die Netzbetreiber zur Erstellung neuer Flächenabschaltungspläne sowie zu deren Abstimmung mit den Betreibern der benachbarten Netze zu verpflichten. Auf dieser Basis könnten Versorgungskrisen, die ein oder zwei Bundesländer betreffen, nach Ansicht der Behörde in der bisherigen Weise besser bewältigt werden. Betrifft eine Krise dagegen mehr als zwei Bundesländer, soll das Bundes-Energieministerium die Abschaltpläne vollstrecken.

Dies laufe keineswegs auf eine Entmachtung der bekanntermaßen selbstbewussten „Landeshäuptlinge“ hinaus, betonte Kabinger. Sie hätten die Abschaltpläne zu genehmigen. Zudem würden in deren Erarbeitung durch die Netzbetreiber die Landesbehörden eingebunden.

Kabinger zufolge setzte das Energieministerium (BMK) eine Arbeitsgruppe zu der Angelegenheit ein: „Ein erster Austausch mit den Ländern, den Netzbetreibern und der E-Control ist am 19. November erfolgt.“ Ein Entwurf für eine entsprechende Novelle des EnLG werde aller Wahrscheinlichkeit nach im kommenden Jahr vorliegen.

VNB: Mehr Aufwand, wenig Nutzen

Ländervertreter konstatierten bei der Fachtagung, die Vorstellungen der E-Control würden den Verwaltungsaufwand des Bundes und vor allem der Länder erhöhen, ohne erkennbaren Nutzen zu bringen. Bei manchen Details frage sich überdies, ob die Wünsche der Behörde respektive des Ministeriums praktikabel seien.

Wenig Sinn in den Plänen der E-Control sehen auch die Verteilnetzbetreiber (VNB), berichtete Thomas Schuster, der technische Betriebsleiter der Wiener Netze, der Redaktion am Rande der Tagung. Schuster zufolge verfügen schon derzeit sämtliche großen NRW über Flächenabschaltungspläne, die von den jeweiligen Ländern genehmigt sind. Auch hätten sich beispielsweise Wien und das die Bundeshauptstadt umschließende Niederösterreich bereits auf ein gemeinsames Vorgehen im Krisenfall geeinigt: „Was die E-Control vorschlägt, ist daher zumindest teilweise fragwürdig.“

„Wir lassen niemanden sterben“

Einigkeit zwischen Wien und Niederösterreich bestehe vor allem darüber, die Versorgung besonders sensibler Einrichtungen wie Krankenhäuser unter keinen Umständen abzuschalten, solange das technisch irgendwie vertretbar sei. „Drastisch ausgedrückt: Wir lassen niemanden sterben. Da kann das Energieministerium verordnen, was es will“, konstatierte Schuster.

Ob und gegebenfalls wann es zu einer Novellierung des EnLG kommt, ist offen. Seit der Wahl zum Bundesparlament am 29. September verhandelt die konservative Österreichische Volkspartei mit den Sozialdemokraten und den Liberalen über die Bildung einer neuen Bundesregierung. Erst diese dürfte über die Causa befinden.

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Klaus Fischer

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