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Energie & Management > Stromnetz - Netzentgelte: Studie empfiehlt Mengenrabatt für Großverbraucher
Quelle: Fotolia / Miredi
Stromnetz

Netzentgelte: Studie empfiehlt Mengenrabatt für Großverbraucher

Eine Studie im Auftrag des Übertragungsnetzbetreibers Tennet stellt die Chancen heraus, große Stromabnehmer aus der Industrie zu flexiblerem Energieverbrauch zu animieren.
Wer im industriellen Bereich viel Strom gleichmäßig bezieht, erhält eine enorme Entlastung von bis zu 90 Prozent über individuelle Netzentgelte. Allein 2024 bleibt Großabnehmern so eine Rechnung von insgesamt etwa 1,5 Milliarden Euro erspart. Den Fehlbetrag übernahmen alle Strombezieher durch einen allgemeinen Aufschlag, den die Bundesnetzagentur mit aktuell 0,634 Cent je kWh angibt.

Eine Strommarkt-Studie des Berliner Beratungsunternehmens Neon Neue Energieökonomik (Neon) diskutiert nun Modelle, um Industrieunternehmen für einen flexibleren Strombezug zu gewinnen, sofern deren Produktionsweise dies erlaubt. Erst dann, so die bereits länger geäußerte Kritik, könne die Energiewende mit den vielen Phasen grünen Überschussstroms ihre Wirkung entfalten und günstiger werden.

Die Kurzstudie hat Übertragungsnetzbetreiber Tennet in Auftrag gegeben, sie folgt wenige Wochen, nachdem die Bundesnetzagentur ihre „Eckpunkte zur Fortentwicklung der Industrienetzentgelte im Elektrizitätsbereich“ präsentiert hatte. Neon will mit dem jetzt veröffentlichten Papier einen Beitrag zu einer „überfälligen Reform“ der individuellen Netzentgelte liefern, so Studienleiter Lion Hirth.

Zwei Modelle diskutiert

Grundsätzlich bestehe die Erwartung an eine Reform, die bestehende Flexibilitätsbarriere abzubauen, die finanzielle Entlastung der Unternehmen an den tatsächlichen Netzkosten zu orientieren, das bisherige Entlastungsniveau zu erhalten und die Kosten des Instruments zu begrenzen. Allein das Orientieren an tatsächlichen Netzkosten werde zu keiner flächendeckenden Entlastung im aktuellem Maßstab führen, heißt es.

Die Studie präsentiert zwei Vorschläge. Diese berücksichtigen, dass die grundlegenden Ziele der Reform teils in Konflikt zueinander stehen und diese Konflikte nicht wissenschaftlich, sondern nur durch politische Entscheidungen aufzulösen seien.

Das erste Modell sieht im Kern vor, günstigere Netzentgelte jenen zu ermöglichen, die im Stromnetz weniger Kosten verursachen (Kostenreflektive Entgelte). Hierbei sollen Netzentgelte dann und dort sinken, „wo zusätzlicher Strombedarf die Netze entlastet oder zumindest keine Netzengpässe verursacht“. Dies sei ein komplexes Verfahren, weil die Netzsituation je nach Tageszeit und Wetter dynamisch ist. Dies führe zu regional unterschiedlichen und kurzfristig sich ändernden Netzentgelten. Tendenziell seien geringere Netzentgelten in Nord- und Ostdeutschland die Folge, also in Regionen mit Erzeugungsüberschuss.

Das zweite präsentierte Modell diskutiert eine Rabatt-Reform, die von einer weiterhin hohen Entlastung stromintensiver Betriebe geleitet ist. Das Modell sucht also nach einem Ersatz für den bisherigen Ansatz, gleichmäßigen Strombezug durch niedrige Entgelte zu honorieren (sogenannte 7.000h-Regelung, bezogen auf Vollbenutzungsstunden). Denkbar wäre hier, einen flexiblen Stromverbrauch zur Bedingung für einen Rabatt zu machen.

Rabatt erst oberhalb eines Schwellenwertes gestatten

Möglich sei auch, komplett auf einen Mengenrabatt umzustellen, „um Verzerrungen des Strompreissignals gänzlich zu vermeiden“. Dazu schlägt die Studie vor, die Berechnung und Anwendung der individuellen Netzentgelte zu ändern. Eine Regionalisierung könne längerfristige Engpässe im Übertragungsnetz abbilden.

Die Studie empfiehlt letztlich, aus ökonomischer Sicht langfristig die Netzentgelte für alle Verbraucher eng an den Netzkosten zu orientieren. Kurzfristig spricht Neon sich für die Weiterführung individueller Netzentgelte aus, allerdings auf Basis des Mengenrabatts unter Aufgabe der 7.000h-Regelung. Der Rabatt solle erst oberhalb dieses Schwellenwertes greifen, um „Kippschaltereffekte“ zu vermeiden. Denn die alte Regelung habe Unternehmen verleitet, den Verbrauch unnötig zu erhöhen, um höhere Netzentgelte zu umgehen.

Außerdem sei der Mengenrabatt regional zu differenzieren, um eine netzdienliche Komponente zu enthalten. Schließlich empfiehlt Neon, den Leistungspreis der Netzentgelte stärker zu reduzieren als den Arbeitspreis, um auch diese Flexibilitätsbarriere weiter abzubauen.

Die Kurzstudie „Weiterentwicklung der individuellen Netzentgelte“ hat Neon im Internet als PDF veröffentlicht.

Dienstag, 3.09.2024, 10:24 Uhr
Volker Stephan
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Netzentgelte: Studie empfiehlt Mengenrabatt für Großverbraucher
Eine Studie im Auftrag des Übertragungsnetzbetreibers Tennet stellt die Chancen heraus, große Stromabnehmer aus der Industrie zu flexiblerem Energieverbrauch zu animieren.
Wer im industriellen Bereich viel Strom gleichmäßig bezieht, erhält eine enorme Entlastung von bis zu 90 Prozent über individuelle Netzentgelte. Allein 2024 bleibt Großabnehmern so eine Rechnung von insgesamt etwa 1,5 Milliarden Euro erspart. Den Fehlbetrag übernahmen alle Strombezieher durch einen allgemeinen Aufschlag, den die Bundesnetzagentur mit aktuell 0,634 Cent je kWh angibt.

Eine Strommarkt-Studie des Berliner Beratungsunternehmens Neon Neue Energieökonomik (Neon) diskutiert nun Modelle, um Industrieunternehmen für einen flexibleren Strombezug zu gewinnen, sofern deren Produktionsweise dies erlaubt. Erst dann, so die bereits länger geäußerte Kritik, könne die Energiewende mit den vielen Phasen grünen Überschussstroms ihre Wirkung entfalten und günstiger werden.

Die Kurzstudie hat Übertragungsnetzbetreiber Tennet in Auftrag gegeben, sie folgt wenige Wochen, nachdem die Bundesnetzagentur ihre „Eckpunkte zur Fortentwicklung der Industrienetzentgelte im Elektrizitätsbereich“ präsentiert hatte. Neon will mit dem jetzt veröffentlichten Papier einen Beitrag zu einer „überfälligen Reform“ der individuellen Netzentgelte liefern, so Studienleiter Lion Hirth.

Zwei Modelle diskutiert

Grundsätzlich bestehe die Erwartung an eine Reform, die bestehende Flexibilitätsbarriere abzubauen, die finanzielle Entlastung der Unternehmen an den tatsächlichen Netzkosten zu orientieren, das bisherige Entlastungsniveau zu erhalten und die Kosten des Instruments zu begrenzen. Allein das Orientieren an tatsächlichen Netzkosten werde zu keiner flächendeckenden Entlastung im aktuellem Maßstab führen, heißt es.

Die Studie präsentiert zwei Vorschläge. Diese berücksichtigen, dass die grundlegenden Ziele der Reform teils in Konflikt zueinander stehen und diese Konflikte nicht wissenschaftlich, sondern nur durch politische Entscheidungen aufzulösen seien.

Das erste Modell sieht im Kern vor, günstigere Netzentgelte jenen zu ermöglichen, die im Stromnetz weniger Kosten verursachen (Kostenreflektive Entgelte). Hierbei sollen Netzentgelte dann und dort sinken, „wo zusätzlicher Strombedarf die Netze entlastet oder zumindest keine Netzengpässe verursacht“. Dies sei ein komplexes Verfahren, weil die Netzsituation je nach Tageszeit und Wetter dynamisch ist. Dies führe zu regional unterschiedlichen und kurzfristig sich ändernden Netzentgelten. Tendenziell seien geringere Netzentgelten in Nord- und Ostdeutschland die Folge, also in Regionen mit Erzeugungsüberschuss.

Das zweite präsentierte Modell diskutiert eine Rabatt-Reform, die von einer weiterhin hohen Entlastung stromintensiver Betriebe geleitet ist. Das Modell sucht also nach einem Ersatz für den bisherigen Ansatz, gleichmäßigen Strombezug durch niedrige Entgelte zu honorieren (sogenannte 7.000h-Regelung, bezogen auf Vollbenutzungsstunden). Denkbar wäre hier, einen flexiblen Stromverbrauch zur Bedingung für einen Rabatt zu machen.

Rabatt erst oberhalb eines Schwellenwertes gestatten

Möglich sei auch, komplett auf einen Mengenrabatt umzustellen, „um Verzerrungen des Strompreissignals gänzlich zu vermeiden“. Dazu schlägt die Studie vor, die Berechnung und Anwendung der individuellen Netzentgelte zu ändern. Eine Regionalisierung könne längerfristige Engpässe im Übertragungsnetz abbilden.

Die Studie empfiehlt letztlich, aus ökonomischer Sicht langfristig die Netzentgelte für alle Verbraucher eng an den Netzkosten zu orientieren. Kurzfristig spricht Neon sich für die Weiterführung individueller Netzentgelte aus, allerdings auf Basis des Mengenrabatts unter Aufgabe der 7.000h-Regelung. Der Rabatt solle erst oberhalb dieses Schwellenwertes greifen, um „Kippschaltereffekte“ zu vermeiden. Denn die alte Regelung habe Unternehmen verleitet, den Verbrauch unnötig zu erhöhen, um höhere Netzentgelte zu umgehen.

Außerdem sei der Mengenrabatt regional zu differenzieren, um eine netzdienliche Komponente zu enthalten. Schließlich empfiehlt Neon, den Leistungspreis der Netzentgelte stärker zu reduzieren als den Arbeitspreis, um auch diese Flexibilitätsbarriere weiter abzubauen.

Die Kurzstudie „Weiterentwicklung der individuellen Netzentgelte“ hat Neon im Internet als PDF veröffentlicht.

Dienstag, 3.09.2024, 10:24 Uhr
Volker Stephan

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