PV-Freiflächenanlage Kirchberg. Quelle: Rhein-Hunsrück-Kreis
Alzey und der Rhein-Hunsrück-Kreis setzen bei ihrer Energieversorgung auf das Strombilanzkreismodell, um PV-Strom effizienter zu nutzen und Energiekosten zu senken.
Immer mehr Kommunen in Rheinland-Pfalz prüfen, wie sie selbst erzeugten Solarstrom effizienter nutzen können. Zentrales Modell dabei ist laut der Energieagentur Rheinland-Pfalz ein regionaler Zusammenschluss von Stromerzeugung und -verbrauch in einem Strombilanzkreis. Die Energieagentur aus Kaiserslautern begleitet kommunale Klimaschutzmaßnahmen und sieht wachsenden Beratungsbedarf zu diesem Thema. Laut Projektleiter Frederik Staudt äußern viele Kommunen in Gesprächen den Wunsch, ihren Eigenverbrauch von Photovoltaikstrom zu steigern.
Ein Strombilanzkreis funktioniert, indem Stromerzeugung und -verbrauch bilanziell verrechnet werden – unabhängig davon, ob sich beide am gleichen Ort befinden. Das heißt: Solarstrom, der etwa auf einer Sporthalle erzeugt wird, kann virtuell einem Verwaltungsgebäude zugewiesen werden, das selbst keine PV-Anlage hat. Dadurch reduziert sich der Bezug teuren Stroms aus dem Netz. Zwar fallen Netzentgelte und Umlagen pro verbrauchter Kilowattstunde an, dennoch bleibt laut der Energieagentur die Lösung wirtschaftlich interessant – insbesondere wenn Stromgestehungskosten der PV-Anlagen niedrig sind.
Beispiele aus der PraxisAls Beispiel für einen Strombilanzkreis nennt die Agentur das Projekt in der Stadt Alzey, etwa 30
Kilometer südwestlich von Mainz. Mithilfe des „Kommunalen Investitionsprogramms Klimaschutz und Innovation“ − kurz KIPKI − wurden bereits mehrere PV-Anlagen auf kommunalen Dächern installiert. Die Gesamtleistung liegt laut der Stadt bei über 200
kW. In Kürze will die Energie- und Wasserversorgung Rheinhessen (EWR) die ersten Gebäude in einen gemeinsamen Bilanzkreis einbinden. Zunächst sollen so jährlich rund 200.000
kWh innerhalb der Stadt genutzt werden.
Marcel Klotz, Klimaschutzmanager der Stadt, betont, dass sich durch die Verschiebung des Stroms innerhalb des Bilanzkreises und die vergleichsweise niedrigen Betriebskosten ein wirtschaftlicher Betrieb erreichen lasse. Außerdem werde sichtbar, wie viel regenerativer Strom tatsächlich lokal erzeugt und verbraucht wird.
Auch der Rhein-Hunsrück-Kreis zählt zu den Vorreitern. Dort wird eine große PV-Freiflächenanlage mit 2,6
MW Leistung auf einer ehemaligen Mülldeponie in Gondershausen errichtet – ebenfalls mit KIPKI-Mitteln. Gemeinsam mit der Rhein-Hunsrück-Entsorgung soll die gewonnene Energie in den kommunalen Gebäuden genutzt werden. 2022 lag der Stromzukauf des Kreises noch bei rund 2,44
Millionen kWh – ein Wert, der durch den neuen Bilanzkreis deutlich sinken soll, sagt Klimaschutzmanager Frank-Michael Uhle.
Ein zentrales Element der künftigen Versorgung ist dabei ein geplanter Stromspeicher an der PV-Anlage Kirchberg. Dieser soll überschüssigen Strom zwischenspeichern, damit er in den Abendstunden als Eigenstrom zur Verfügung steht. Nach Angaben der Energieagentur Rheinland-Pfalz lassen sich mit solchen Speichern Bilanzkreise weiter optimieren – insbesondere durch die zeitliche Entkopplung von Erzeugung und Verbrauch.
Technische und wirtschaftliche RahmenbedingungenFür den Betrieb eines Strombilanzkreises müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Wichtig ist vor allem die zeitnahe Verrechnung: Der verbrauchte Strom muss innerhalb von 15
Minuten nach der Erzeugung genutzt werden. Dafür sind spezielle Messsysteme wie RLM-Zähler oder Smart Meter erforderlich. Zudem muss die Kommune einen Bilanzkreis-Dienstleister beauftragen – etwa ihren örtlichen Energieversorger oder die Stadtwerke. Auf Wunsch können auch externe Fachplaner eingebunden werden.
Laut Frederik Staudt ist entscheidend, dass sich das Modell wirtschaftlich trägt. Zu den Kosten zählen sowohl Investitionen in Erzeugungsanlagen und Technik als auch laufende Ausgaben etwa für Betrieb oder Netznutzung. Erst bei ausreichendem Volumen an lokal erzeugtem und verbrauchtem Strom sei ein wirtschaftlicher Betrieb realistisch. Kommunen müssten daher genau kalkulieren, ob sich das Modell für sie rechnet.
Mittwoch, 16.04.2025, 12:20 Uhr
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