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Die Machtverhältnisse in den EU-Organen haben sich nach den Europawahlen vom Juni und der Ernennung der neuen Kommission Anfang Dezember deutlich geändert.
Vor allem die Konservativen der EVP-Familie können mit einer deutlichen Stimmerhöhung künftig ihren Stempel auf die EU-Politik drücken. Das spüren vor allem die Sozialdemokraten und Grünen im Europäischen Parlament. Mit Blick auf die Industrie- und Klimapolitik befürchtet der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss: „Die Mehrheitsverhältnisse im Europäischen Parlament werden 2025 eine echte Herausforderung sein, besonders mit einer erstarkten EVP, die schon mehrmals die Mehrheiten mit den rechtsradikalen Fraktionen geformt haben.“
Die Grünen wollen den Klimaschutz gegen Aufweichungsversuche aus Reihen der Konservativen verteidigen. Allerdings habe bisher auch die neue EU-Kommission Kurs gehalten beim Green Deal. „Deshalb haben wir Ursula von der Leyen und deshalb habe ich die Kommission gewählt“, erklärte der Klima- und Energiepolitiker Bloss zur Redaktion. Die Konservativen müssten begreifen, dass die Sicherheit der Zukunft nur mit konsequentem Klimaschutz zu haben sei.
Ob Deutschland nach den Bundestagswahlen im Februar 2025 mit einer neuen, CDU-geführten Bundesregierung auch neue Akzente auf der EU-Bühne setzen wird, hängt nach Ansicht des Grünen-Abgeordneten davon ab, welche Richtung innerhalb der Unionsparteien das Steuer übernimmt: „die konservativ-populistische Linie eines Markus Söder und Manfred Weber oder die pro-europäische Handschrift von Ursula von der Leyen“, meinte Bloss. Beide würden Deutschlands Einfluss in Europa sehr unterschiedlich prägen. Doch für die Grünen ist die Bundestagswahl nicht entschieden, sie versprechen einen heißen Wahlkampf.
Grüne setzen auf Clean Industrial Deal
Für den Europapolitiker Bloss steht im neuen Jahr der Clean Industrial Deal (Sauberer Industrieplan) ganz oben auf der Agenda des EU-Parlaments. Dieser soll den Ãœbergang zu einem neuen erfolgreichen Geschäftsmodell für Europa vorantreiben, das insbesondere auf „günstigen, heimischen erneuerbaren Energien, statt auf russischem Gas“ basiert. Gleichzeitig müsse der Ãœbergang zu einer sauberen Industrie über den CO2-Handel und andere Gesetzgebung aus den vergangenen Jahren abgesichert werden, erklärte Bloss in Anspielung auf den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM). „Diese wird permanent angegriffen“, beklagte er. Außerdem lehnt Bloss den Wegfall der CO2-Flottenregulierung für die Automobile in der EU ab. Dann nämlich würde der CO2-Preis im Emissionshandel für Verkehr (ETS II) „ins unermessliche“ steigen und die „gesamte Transformations-Architektur wäre gefährdet“, warnte er.
Die Grünen wollen an den Errungenschaften und vor allem der Gesetzgebung der EU in Sachen Klimaschutz festhalten. Im Gegensatz zur EVP plädieren sie für einen konsequenten Ãœbergang zu sauberen Technologien in der Industrie und eine strikte Einhaltung der Vorgaben. Für die angeschlagene europäischen Stahlindustrie schlägt Bloss eine klare Perspektive durch Leitmärkte für grünen Stahl vor. Damit könne die klimafreundliche Produktion langfristig wettbewerbsfähig werden. „Gleichzeitig müssen wir die Elektrifizierung von Unternehmensflotten massiv vorantreiben“, forderte Bloss, um auch Leitmärkte für emissionsfreie Fahrzeuge zu schaffen. Dies stärke Innovationen und Investitionen auch für die Zuliefererindustrie wie beispielsweise die Batterieproduktion. „Mich besorgt der Kurs der Konservativen, da sie Entwicklungen im Parlament immer wieder blockieren und damit die dringend notwendige Transformation verhindern“, monierte er.
Wie stark die Grünen angesichts der geringeren Abgeordnetensitze in Straßburg und der Stimmverluste nach den Umfragen für die Bundestagswahl die europäische Politik in Zukunft mitgestalten können, bleibt abzuwarten. Vor allem in Deutschland sind sie derzeit auf Identitätssuche. Das sieht der Grünen-Europaabgeordnete Bloss anders. „Unsere politischen Inhalte passen genau in diese Zeit. Es ist die Aufgabe unserer Generation, die Klimakrise einzudämmen“, führte er aus. „Wir wollen beweisen, dass es ein zukunftsfähiges Modell für unsere Gesellschaft und Wirtschaft gibt, das Wohlstand und Klimaschutz miteinander verbindet, ohne den Planeten zu zerstören.“ Bloss weist auch darauf hin, dass die Grünen den Klimaschutz so tief in der heutigen Politik verankert hätten, dass andere Parteien mittlerweile gezwungen seien, darüber nachzudenken und Position zu beziehen.
Freitag, 20.12.2024, 13:44 Uhr
MBI / Ali Uluçay
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