Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Die Bundesnetzagentur hat eine Festlegung zur Verteilung der Mehrkosten vorgelegt, die in Stromverteilnetzen mit viel erneuerbarer Stromerzeugung entstehen.
In Regionen, in denen viel erneuerbarer Strom erzeugt wird und die Stromverteilnetze dafür digitalisiert und ausgebaut werden müssen, zahlen die ortsansässigen Haushalte höhere Netzentgelte als in anderen Regionen. Insbesondere in Nord- und Nordostdeutschland ist dies der Fall. Zum Teil liegen sie bei über 15
Cent//kWh, in südlicheren Regionen rangieren sie bei unter 5
Cent/kWh. Diesem schalen Beigeschmack der Energiewende soll die Bundesnetzagentur, auch bedingt durch die Novelle des Energiewirtschaftsrechts (EnWG) im Dezember 2023, Einhalt gewähren.
Am 30.
August hat die Behörde eine Festlegung veröffentlicht. Sie soll eine Umwälzung der Mehrkosten für die Netzbetreiber und damit auch den Endverbrauchern in Regionen mit möglichst hohem Erneuerbaren-Ausbau ermöglichen. In Kraft treten soll die Regelung zum 1.
Januar 2025.
Verteilung auf alle Stromverbraucher„Wir schaffen faire Netzentgelte für die Menschen und Unternehmen, die in Regionen mit einem starken Ausbau der Erneuerbaren leben und wirtschaften“, verspricht Klaus Müller bei der Vorlage der Festlegung. Die Energiewende sei eine Gemeinschaftsaufgabe und Investitionen in die Netze kommen allen zugute, so der Präsident der Bundesnetzagentur weiter. Die Festlegung gebe einen Rahmen vor, mit dem Netzbetreiber mit besonders hohen Kosten durch den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung identifiziert würden. So könnten alle Stromverbraucher fairer an diesen Mehrkosten beteiligt werden.
Im Dezember 2023 hatte die Bundesnetzagentur ein Eckpunktepapier und im Mai 2024 den Entwurf zur Festlegung konsultiert. Auf Basis der Konsultationsergebnisse hat die Behörde ihr Modell zur Festlegung weiterentwickelt. Etwa wurden Anforderungen an Daten präzisiert und Besonderheiten beim Netzbetrieb mit aufgenommen. Erste Abschätzungen zum Ausgleich der Mehrkosten − dem sogenannten „Wälzungsvolumen“ − und zu den konkreten Entlastungen bei einzelnen Netzbetreibern sind ab Mitte Oktober dieses Jahres möglich. Die Bundesnetzagentur wird diese Zahlen dann veröffentlichen.
Die Entlastungsbeträge sollen über einen Aufschlag für besondere Netznutzung auf den Strompreis bei allen Stromverbrauchern refinanziert werden, der durch die Übertragungsnetzbetreiber am 25.
Oktober veröffentlicht wird.
Bürokratiearme Erweiterung der „Paragraf-19-Umlage“Das Modell der Bundesnetzagentur sieht in einem ersten Schritt die Erkenntnis darüber vor, ob ein Netzbetreiber durch den Erneuerbaren-Ausbau von einer besonderen Kostenbelastung betroffen ist. Hierzu will die Bundesnetzagentur eine Kennzahl vergeben. Diese setzt die ans Netz angeschlossene erneuerbare Erzeugungsleistung ins Verhältnis zur Verbrauchlast im Netzgebiet. Die entlasteten Netzbetreiber erhalten sodann einen finanziellen Ausgleich für die Mehrbelastung. Die Kosten hierfür sollen über alle Stromverbraucher bundesweit gleichmäßig verteilt werden.
Konkret beabsichtigt die Bundesnetzagentur, den Mechanismus nach Paragraf 19 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) zu nutzen. Dieser bewirkt bereits einen Ausgleich bestimmter Netzkosten zwischen allen Netznutzern − die bisherige „Paragraf-19-Umlage“ ist Bestandteil des Strompreises. Sie dient aktuell dazu, entgangene Erlöse eines Netzbetreibers auszugleichen, die entstehen, weil bestimmte Verbraucher ein reduziertes Netzentgelt zahlen. Auf diese bestehende Regelung will die Bundesnetzagentur jetzt bürokratiearm und rechtssicher aufsetzen. „Der deutlichen Entlastung der betroffenen Regionen stehen damit überschaubare zusätzliche Kosten für alle Stromverbraucher gegenüber“, schreibt die Bundesnetzagentur in einer Mitteilung.
BDEW: „Wichtige Entlastung“ für die RegionenIn einer ersten Reaktion auf die Festlegung erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung: „Besonders positiv ist, dass eine zeitnahe und praxissichere Umsetzung im Fokus steht, etwa in Bezug auf die pauschalen Ansätze und Abwicklungsfragen. Wichtig ist, dass die neue Regelung keine Anreize zur Zersplitterung von Netzen gibt.“ Der Verband werde dies nach Einführung der Regelungen genau beobachten, betont Andreae.
Grundsätzlich könne die Festlegung jedoch nur der erste Schritt einer umfassenderen Netzentgeltreform sein, um das System für die weiteren Anforderungen der Energiewende fit zu machen, erklärte Andreae. „Die Bundesnetzagentur sollte hierzu in den kommenden Monaten wie angekündigt Vorschläge vorlegen“, so Andreae mit Bezug auf die EnWG-Novelle aus dem Dezember 2023.
Die
„Festlegung zur Verteilung von Mehrkosten in Netzen aus der Integration von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien“ stellt die Bundesnetzagentur auf ihrer Internetseite zum Download bereit.
Freitag, 30.08.2024, 17:01 Uhr
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