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Energie & Management > Gasnetz - Endstation für russisches Gas aus der Kälte
Quelle: Shutterstock / Visionsi
Gasnetz

Endstation für russisches Gas aus der Kälte

Der Bau des westsibirischen Transportkorridors war in der Sowjetunion ein Jahrhundertprojekt. Jetzt dauerte es nur ein Vierteljahrhundert, um ihn zum Stillstand zu bringen.
Am 1. Januar teilte der slowakische Netzbetreiber Eustream mit, dass der Erdgasfluss aus der Ukraine am Eintrittspunkt Veľke Kapusany an der ukrainisch-slowakischen Grenze gestoppt wurde. Im Jahr 1967 war in der Slowakei das erste Gas aus der westsibirischen Kälte über die Bruderschaft-Gasleitung angekommen. Das Leitungsnetz wurde in den achtziger Jahren weiter ausgebaut.

In Frankreich fand 1983 die feierliche Inbetriebnahme der Erdgasleitung Urengoi-Pomory-Uschhorod über Kursk statt. Sie kann rund 30 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr transportieren und leitete vor dem Lieferstopp im Zug des russischen Kriegs in der Ukraine nur noch die Hälfte nach Europa durch. Der transsibirische Transporttrasse ist über 4.400 Kilometer lang, wovon sich 1.160 km auf das Gebiet der Ukraine erstrecken.

Russland weist Verantwortung von sich

Auf Telegram informierte Gazprom zum Jahresauftakt, dass der Transitvertrag des russischen Gaskonzerns mit dem ukrainischen Gasversorger Naftogaz vom 30. Dezember 2019 ausgelaufen sei. Da die ukrainische Seite sich zum wiederholten Mal geweigert habe, eine neue Vereinbarung zu treffen, „wurde Gazprom ab dem 1. Januar 2025 die technische und rechtliche Möglichkeit genommen, Gas für den Transit über das Territorium der Ukraine zu liefern. Ab 8:00 Uhr Moskauer Zeit wird die Lieferung von russischem Gas für den Transport durch das Territorium der Ukraine nicht mehr durchgeführt.“ Mit dieser Aussage will Gazprom wie einst bei den Gaslieferstopps von 2006 und 2009 klarstellen, nicht für das Ende der aktuellen Gaslieferungen verantwortlich zu sein. Maria Sacharowa, Sprecherin des Außenministeriums, machte der russischen Nachrichtenagentur Prime zufolge am 2. Januar allein die USA, Kiew und europäische Behörden verantwortlich, „die das Wohlergehen ihrer Bürger zugunsten der finanziellen Unterstützung der amerikanischen Wirtschaft geopfert haben.“

Ukraine setzt auf die USA

Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich am 1. Januar auf der Plattform X ebenfalls zum Transitende und verwies auf die historische Dimension: „Als Putin vor mehr als 25 Jahren das russische Präsidentenamt antrat, betrug der jährliche Gastransit durch die Ukraine nach Europa über 130 Milliarden Kubikmeter im Jahr. Heute liegt er bei null. Dies ist eine der größten Niederlagen Moskaus.“ Wenn es Putin darum geht, die sowjetische Größe zu restaurieren, ist beim Gasanschluss für Europa das Gegenteil eingetreten.

Da Russland Energie als Waffe eingesetzt habe, „verlor Moskau einen der profitabelsten und geografisch zugänglichsten Märkte“, so Selenskyj. Er setzt auf eine erhöhte amerikanische Gasversorgung, wie sie Präsident Donald Trump jüngst erwähnte und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ins Gespräch gebracht hatte. Ende vergangenen Jahres erhielt die ukrainische DTEK-Gruppe ihre erste Lieferung von Flüssigerdgas (LNG) aus den USA. An Bord der Gaslog Savannah kamen am Revithoussa LNG-Terminal in Griechenland rund 100 Millionen Kubikmeter Gas an. An Land soll es über Gasnetze der EU in die Ukraine transportiert werden. Ursprünglich war geplant, das LNG über das Schwarze Meer direkt an die Ukraine zu verschiffen, wogegen jedoch Kriegshandlungen sprachen.

Russland sucht Ersatz

Auch wenn Gazprom laut Präsident Wladimir Putin den Transportstopp über die Ukraine überlebt, ist Ersatz gefragt. Alexej Belogorijew, Forschungsdirektor, Institut für Energie und Finanzen erklärte russischen Medien zufolge Anfang Januar, dass der ukrainische Gastransit für die EU-Länder und Moldawien sich teilweise durch eine Erhöhung der russischen Gaslieferungen im Schwarzen Meer über die Türkei und Bulgarien kompensiert werden könne. So sei es möglich, über die Balkan-Pipeline in Bulgarien Gas nach Ungarn, in die Slowakei und nach Österreich zu liefern.

Dazu könne die Transbalkan-Gaspipeline in umgekehrter Richtung Gas nach Moldawien und Rumänien transportieren. Generell könnten dank Steigerung des türkischen Transits bis zu 4 bis 5 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr umgeleitet werden, was etwa einem Drittel der letzten Transitmengen durch die Ukraine entspreche, so der Experte. Die Transportkapazität der zwei Leitungsstränge von Turkish Stream beträgt insgesamt 31,5 Milliarden Kubikmeter Gas.

Donnerstag, 2.01.2025, 14:45 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
Energie & Management > Gasnetz - Endstation für russisches Gas aus der Kälte
Quelle: Shutterstock / Visionsi
Gasnetz
Endstation für russisches Gas aus der Kälte
Der Bau des westsibirischen Transportkorridors war in der Sowjetunion ein Jahrhundertprojekt. Jetzt dauerte es nur ein Vierteljahrhundert, um ihn zum Stillstand zu bringen.
Am 1. Januar teilte der slowakische Netzbetreiber Eustream mit, dass der Erdgasfluss aus der Ukraine am Eintrittspunkt Veľke Kapusany an der ukrainisch-slowakischen Grenze gestoppt wurde. Im Jahr 1967 war in der Slowakei das erste Gas aus der westsibirischen Kälte über die Bruderschaft-Gasleitung angekommen. Das Leitungsnetz wurde in den achtziger Jahren weiter ausgebaut.

In Frankreich fand 1983 die feierliche Inbetriebnahme der Erdgasleitung Urengoi-Pomory-Uschhorod über Kursk statt. Sie kann rund 30 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr transportieren und leitete vor dem Lieferstopp im Zug des russischen Kriegs in der Ukraine nur noch die Hälfte nach Europa durch. Der transsibirische Transporttrasse ist über 4.400 Kilometer lang, wovon sich 1.160 km auf das Gebiet der Ukraine erstrecken.

Russland weist Verantwortung von sich

Auf Telegram informierte Gazprom zum Jahresauftakt, dass der Transitvertrag des russischen Gaskonzerns mit dem ukrainischen Gasversorger Naftogaz vom 30. Dezember 2019 ausgelaufen sei. Da die ukrainische Seite sich zum wiederholten Mal geweigert habe, eine neue Vereinbarung zu treffen, „wurde Gazprom ab dem 1. Januar 2025 die technische und rechtliche Möglichkeit genommen, Gas für den Transit über das Territorium der Ukraine zu liefern. Ab 8:00 Uhr Moskauer Zeit wird die Lieferung von russischem Gas für den Transport durch das Territorium der Ukraine nicht mehr durchgeführt.“ Mit dieser Aussage will Gazprom wie einst bei den Gaslieferstopps von 2006 und 2009 klarstellen, nicht für das Ende der aktuellen Gaslieferungen verantwortlich zu sein. Maria Sacharowa, Sprecherin des Außenministeriums, machte der russischen Nachrichtenagentur Prime zufolge am 2. Januar allein die USA, Kiew und europäische Behörden verantwortlich, „die das Wohlergehen ihrer Bürger zugunsten der finanziellen Unterstützung der amerikanischen Wirtschaft geopfert haben.“

Ukraine setzt auf die USA

Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich am 1. Januar auf der Plattform X ebenfalls zum Transitende und verwies auf die historische Dimension: „Als Putin vor mehr als 25 Jahren das russische Präsidentenamt antrat, betrug der jährliche Gastransit durch die Ukraine nach Europa über 130 Milliarden Kubikmeter im Jahr. Heute liegt er bei null. Dies ist eine der größten Niederlagen Moskaus.“ Wenn es Putin darum geht, die sowjetische Größe zu restaurieren, ist beim Gasanschluss für Europa das Gegenteil eingetreten.

Da Russland Energie als Waffe eingesetzt habe, „verlor Moskau einen der profitabelsten und geografisch zugänglichsten Märkte“, so Selenskyj. Er setzt auf eine erhöhte amerikanische Gasversorgung, wie sie Präsident Donald Trump jüngst erwähnte und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ins Gespräch gebracht hatte. Ende vergangenen Jahres erhielt die ukrainische DTEK-Gruppe ihre erste Lieferung von Flüssigerdgas (LNG) aus den USA. An Bord der Gaslog Savannah kamen am Revithoussa LNG-Terminal in Griechenland rund 100 Millionen Kubikmeter Gas an. An Land soll es über Gasnetze der EU in die Ukraine transportiert werden. Ursprünglich war geplant, das LNG über das Schwarze Meer direkt an die Ukraine zu verschiffen, wogegen jedoch Kriegshandlungen sprachen.

Russland sucht Ersatz

Auch wenn Gazprom laut Präsident Wladimir Putin den Transportstopp über die Ukraine überlebt, ist Ersatz gefragt. Alexej Belogorijew, Forschungsdirektor, Institut für Energie und Finanzen erklärte russischen Medien zufolge Anfang Januar, dass der ukrainische Gastransit für die EU-Länder und Moldawien sich teilweise durch eine Erhöhung der russischen Gaslieferungen im Schwarzen Meer über die Türkei und Bulgarien kompensiert werden könne. So sei es möglich, über die Balkan-Pipeline in Bulgarien Gas nach Ungarn, in die Slowakei und nach Österreich zu liefern.

Dazu könne die Transbalkan-Gaspipeline in umgekehrter Richtung Gas nach Moldawien und Rumänien transportieren. Generell könnten dank Steigerung des türkischen Transits bis zu 4 bis 5 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr umgeleitet werden, was etwa einem Drittel der letzten Transitmengen durch die Ukraine entspreche, so der Experte. Die Transportkapazität der zwei Leitungsstränge von Turkish Stream beträgt insgesamt 31,5 Milliarden Kubikmeter Gas.

Donnerstag, 2.01.2025, 14:45 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne

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