Quelle: Pixabay / NakNakNak
Das Europäische Parlament hat die neue EU-Kommission bestätigt. 370 Abgeordnete stimmten in Straßburg für das neue Kollegium.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor für das neue Team geworben und als erste Initiative der neuen Kommission einen „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ angekündigt: „Dieser wird den Rahmen für unsere Arbeit während des gesamten Mandats bilden“, sagte von der Leyen vor der Abstimmung: „Der Kompass wird auf den drei Säulen des Draghi-Berichtes aufgebaut sein. Erstens dem Schließen der Innovationslücke im Vergleich zu den USA und China. Zweitens einem gemeinsamen Plan zur Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit. Und drittens der Verbesserung der Sicherheit und dem Abbau von Abhängigkeiten.“
Die neue Kommission werde an den Zielen des Klimapaktes (Green Deal) festhalten: „ Aber wenn wir diesen Ãœbergang erfolgreich meistern wollen, müssen wir flexibler sein und Menschen und Unternehmen auf diesem Weg besser begleiten.“ Die Kommission werde deshalb in den ersten 100 Tagen einen Industriepakt „Clean Industrial Deal“ (CID) vorlegen. Um die Herausforderungen, vor denen die europäische Industrie steht, „an erster Stelle die hohen Energiepreise“, sollen sich die dafür zuständigen Kommissare Jörgensen (Energie), Hoekstra (Klima) und Vizepräsident Sejourne (Industrie) unter Federführung der neuen Vizepräsidentin für „sauberen, fairen und wettbewerbsfähigen Wandel“, Teresa Ribera, kümmern.
Man habe bereits viel getan, um auf die hohen Energiepreise zu reagieren, sagte von der Leyen weiter: „Aber die Energiepreise müssen weiter sinken.“ Es müsse noch mehr in saubere Energie investiert werden, um auch die russischen LNG-Importe zu ersetzen.
In den nächsten Monaten will die Kommissionspräsidentin einen „strategischen Dialog über die Zukunft der Autoindustrie“ führen. Die Autoindustrie sei der „Stolz Europas“ und müsse das auch in Zukunft bleiben: „Wir werden alle Beteiligten an einen Tisch bringen. Um einander zuzuhören. Und um gemeinsam Lösungen zu entwickeln.“ Um den Dialog und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen will sich die Kommissionspräsidentin persönlich kümmern.
Teil der Grünen, Sozialdemokraten und Liberalen verweigerte Unterstützung
Unklar bleibt nach der Abstimmung, auf welche Mehrheiten die neue Kommission im Parlament bauen kann. Von den Fraktionen, die von der Leyen im Juli gewählt hatten: Konservative (EVP), Sozialdemokraten (S&D), Liberale (Revew) und Grüne stimmte jeweils nur ein Teil der Abgeordneten für die neue Kommission. Hinzu kamen Stimmen der rechtspopulistischen ECR-Fraktion, der auch die italienische Regierungspartei Fratelli d'Italia angehört. Ein Teil der Grünen, Sozialdemokraten und Liberalen verweigerte der neuen Kommission die Unterstützung, weil der Italiener Raffaele Fitto von den Fratelli d'Iatilia, ein Vertrauter von Ministerpräsidentin Meloni, Vizepräsident der Kommission wird. Umgekehrt bekam die Kommission nicht alle Stimmen der EVP: sie lehnt die spanische Sozialistin Ribera ab, die ebenfalls Vizepräsidentin wird.
Der Sprecher der deutschen Sozialdemokraten, Rene Repasi, begründete seine Enthaltung bei der Abstimmung auch damit, dass die EVP im neuen Parlament wiederholt Mehrheiten mit der ECR gebildet habe. Das habe die Vertrauensgrundlage für eine stabile Mehrheit in der Mitte des Hauses beschädigt. Der EVP-Abgeordnete Peter Liese CDU) verwies auf die „gemeinsame Plattform“ der Christdemokraten, Sozialdemokraten und der Liberalen zur Unterstützung der neuen Kommission. Klar sei aber auch: „Es gibt keine Mehrheit für Links-Grün in diesem Parlament und manche Ãœbertreibungen, die in den vergangenen fünf Jahren gegen die EVP beschlossen wurden, müssen eben zurückgenommen werden“, sagte Liese.
Industrie fordert sinkende Energiekosten
Der Dachverband der europäischen Industrie, Business Europe, erinnerte die neue Kommission an die Empfehlungen der ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Draghi und Letta und forderte sie auf, die Union auf einen wirtschaftspolitischen Kurs der Wettbewerbsfähigkeit zurückzuführen. Der Abstand bei den Energiekosten zu den Wettbewerbern müsse reduziert und die Last der Bürokratie abgebaut werden.
Der Deutsche Naturschutzring (DNR) rief die Kommission auf, den Klimapakt „effektiv und sozial gerecht“ umzusetzen. Der CID könne nur gelingen, „wenn die Klima- und Transformationsförderung an klare soziale und ökologische Bedingungen geknüpft wird“. Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) erwartet von der neuen Kommission vor allem eine „Effizienzwende“. Die überbordende Bürokratie müsse abgebaut werden, sagte der Vorsitzende des Verbandes, Wolfgang Weber. Das bedeute unter anderem: „das Lieferkettengesetz zu überarbeiten, die Nachhaltigkeitsberichtspflichten zu entschlacken und die Klimazölle höchst kritisch auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.“
Mittwoch, 27.11.2024, 16:14 Uhr
Tom Weingärtner
© 2025 Energie & Management GmbH