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Für den Wahlstedter Bürgermeister ist das neue Holzgaskraftwerk der Hanswerk Natur ein Vorzeigeprojekt: „Mit einem Heizwerk, dass Wärme und Strom auf Basis regionaler und nachwachsender Rohstoffe erzeugt, nehmen wir hier in Wahlstedt in Sachen Wärmewende eine Vorreiterrolle ein.“ Das Unternehmen investierte mehr als zehn Millionen Euro in die neue Erzeugungsanlage am Standort Wahlstedt im Kreis Segeberg in Schleswig-Holstein. Die Anlage wurde von der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein (WTSH) gefördert. Die Wirtschaftsförderung liegt nach Auskunft von Hanswerk bei rund 20 Prozent des Investitionswertes. Die Anlage hat nach rund vier Jahren Planungs- und Bauzeit Ende Mai dieses Jahres den Regelbetrieb aufgenommen.
Wahlstedt habe sich sowohl von den Platzverhältnissen als auch von der Wärmesenke gut angeboten. Ein weiterer Punkt war für den Versorger die Verfügbarkeit des Waldrestholzes in der unmittelbaren Umgebung. Darüber hinaus spielt der Dekarbonisierungsfahrplan von Hansewerk Natur eine Rolle: Mittlerweile erzeugt das Unternehmen rund 40 Prozent der Wärme auf Basis von Abwärme oder erneuerbaren Energien. Ziel ist es, bis 2030 fossilfrei zu werden. In Wahlstedt habe es sich angeboten, mit „dem regenerativen Rohstoff Holz zu arbeiten, um einen Teil der Wärmeerzeugung zu defossilisieren“, so der Versorger zur Redaktion.
Der Versorger setze hier auf die bisher im Norden nicht genutzte Technik der Holzgas-Erzeugung. „Dabei verbessern wir die Technik so sehr, dass hocheffiziente Blockheizkraftwerke betrieben werden können“, erläutert Nikolaus Meyer, technischer Geschäftsführer von Hansewerk Natur.
Das Holzgaskraftwerk besteht aus einer Holzgaserzeugungsanlage des österreichischen Herstellers Syncraft sowie einem Holzgas-Blockheizkraftwerk von Innio Jenbacher. Die Brennstoffwärmeleistung der Anlage beträgt 3,5 MW. Die elektrische Leistung beziffert der Hersteller auf 1 MW, die thermische Leistung bei 90 Grad Celsius auf 1,41 MW. Die Anlage benötigt 709 kg/h an Brennstoff. Das Holzgaskraftwerk entstand auf dem Gelände des bisherigen Heizwerkes. Es wurden dafür teilweise neue Gebäude und Flächen zur Holztrocknung, -lagerung und -gaserzeugung errichtet. Das neue Holzgaskraftwerk ist unmittelbar in die bestehende Fernwärmeversorgung integriert worden.
Wärme, Strom und BiokohleAls Rohstoff kommt Waldrestholz aus der Region zum Einsatz. „Es handelt sich um Holz, das sonst nicht weiter wirtschaftlich genutzt werden kann“, erläutert Hendrik Voß, Leiter Systementwicklung & Operational Excellence bei Hansewerk Natur. Er hat das Projekt von den ersten Überlegungen 2020 bis zur Umsetzung begleitet. „Das Restholz stammt aus dem direkten Umfeld von Wahlstedt.“ Ein weiterer entscheidender Vorteil der Technologie: Durch den Prozess der Holzgaserzeugung kann ein Teil des CO2 langfristig in der Holzkohle gebunden werden, die bei dem Prozess als Nebenprodukt entsteht. Am Tag entstehen rund neun Kubikmeter Biokohle.
Mit der Technologie entsteht laut Syncraft ein besonders reines Holzgas, das in hocheffizienten BHKW mit hohen Wirkungsgraden als Brennstoff eingesetzt werden kann. In einem Pyrolyse-Prozess entsteht in dem Kraftwerk Holzgas. Hierzu werden die Restholz-Hackschnitzel gezielt verkohlt, sodass sich das im Holz gebundene Gas von den Feststoffen trennt. Übrig bleibt in dem Erzeugungsprozess Bio-Kohle, die nahezu vollständig aus reinem gebundenem Kohlenstoff besteht. Ein Teil des Kohlenstoffs wird somit langfristig gebunden und der Atmosphäre entzogen.
Die Bio-Kohle selbst kann in industriellen Produktionsprozessen, in der Landwirtschaft als Bodenverbesserer oder Futtermittelzusatz sowie im Straßenbau genutzt werden. Wer die Biokohle von
Wahlstedt künftig abnehmen wird, ist laut Hanswerk Natur noch nicht geklärt. Man befinde sich noch Verhandlungen.
Ziel von Hanswerk Natur: bis 2030 Wärme komplett erneuerbar bereitstellenDas entstehende Holzgas wird von Hansewerk Natur aufbereitet und als Energieträger im Holzgas-BHKW verwertet. Rund 6 Millionen kWh Strom produziert das BHKW pro Jahr und speist diesen ins Netz ein. Die erzeugte Wärme geht ins Fernwärmenetz. Während der Erzeugung und Verdichtung des Holzgases entsteht Abwärme – diese nutzt Hansewerk Natur für das Trocknen des Restholzes. Es werden rund 10.000 Tonnen CO2 im Jahr eingespart, wenn man das Holzgaskraftwerk mit dem Brennstoff Erdgas vergleicht.
Am Standort Wahlstedt wird aber nicht nur über ein Holzgaskraftwerk Energie erzeugt. Am Heizwerksstandort sind unter anderem Pufferspeicher sowie vier Blockheizkraftwerke installiert, die mit Biogas beziehunsgweise Biomethan sowie Erdgas betrieben werden. Darüber hinaus wird Wärme aus einer nahe gelegenen Biogasanlage in das Fernwärmenetz eingespeist. Grundsätzlich wird in Wahlstedt die Grundlast bereits vollständig durch erneuerbare Energien abgedeckt, so Hansewerk Natur.
Da der Versorger aber auch in Wahlstedt bis 2030 fossilfrei Wärme bereitstellen will, werden weitere Maßnahmen notwendig sein. Eine Untersuchung zur weiteren Machbarkeit möglicher Projektentwicklungen sei bereits gestartet, konkrete Projekte gebe es für Wahlstedt im Moment aber noch nicht.
Hansewerk Natur betreibt in Norddeutschland Blockheizkraftwerke, Heizzentralen und Kälteanlagen. Die Nah- und Fernwärmenetze messen laut Unternehmen rund 850 Kilometer. Der Versorger gehört zur Hansewerk-Gruppe, die sich wiederum mehrheitlich im Besitz von Eon befindet.
Anlage: Holzgaskraftwerk von Syncraft des Typs CW1800x2-1000 mit einem Gasmotor von Innio Jenbacher mit einer elektrischen Leistung von 1.000 kW sowie einer thermischen Leistung von 1.410 kW bei 90 Grad Celsius beziegunsgweise einer thermischen Leistung von 500 kW bei 50 Grad Celsius.
Brennstoff: Holzhackgut
Besonderheit: beim Prozess entsteht Biokohle
Einsparung: 10.000 t CO2 jährlich im Vergleich zu Erdgas
Ansprechpartnerin: Constanze Burkhardt, Kommunikation Hansewerk Natur, Tel: 04106/6293708, Mail: constanze.burkhardt@hansewerk.com
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Das Holzhackgut wird in Wahlstedt direkt neben den weißen Auffangsäcken für die Biokohle gelagert Quelle: Hanswerk Natur |
Montag, 5.08.2024, 08:50 Uhr
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