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Energie & Management > Stromspeicher - 161.000 MW Großspeicher zu schön, um wahr zu sein
Quelle: Fotolia / malp
Stromspeicher

161.000 MW Großspeicher zu schön, um wahr zu sein

Energiewunder, Energierevolution − Kommentare überschlagen sich angesichts eines angefragten Großspeicher-Zubaus von 161.000 MW. Real werde es ein Vielfaches weniger, sagen Analysten.
Die Träume sind so groß wie die Batterien: Binnen weniger Jahre, nicht Jahrzehnte, soll es möglich sein, den volatilen Strom aus Wind und Sonne einzufangen und für viele Bedarfe ausreichend vorhalten zu können. Anlass der Hoffnung sind 161.000 MW. So viel Leistung von Großspeichern sei bei den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) angefragt, hatte eine Erhebung ergeben.

Allein in Ostdeutschland und Hamburg, dem Netzgebiet von 50 Hertz, seien aktuell Nachfragen für 80.000 MW eingegangen, hieß es auf den Metering Days in Fulda (wir berichteten). Diese Zahlen seien insgesamt um ein Vielfaches zu hoch, bremste etwa Lukas Ebner von der Beratungsgesellschaft Enervis. Während der Windenergietage des Landesverbands Erneuerbare Energien Nordrhein Westfalen (LEE NRW) in Bad Driburg (wir berichteten) sagte er, ein Hundertfaches der aktuellen Anschlusskapazität von 1.500 MW sei „schwer vorstellbar“.
 
Lukas Ebner vom Analysehaus Enervis erklärte in Bad Driburg die aktuell lohnenswertesten Geschäftsmodelle mit Großspeichern
Quelle: E&M / Volker Stephan

Warum er die Entwicklung zwar für bedeutsam, aber zugleich für überbewertet hält, erklärte er an der schwierigen Datenlage. Was wirklich in der Pipeline bei den Vorhabenträgern sei, lasse sich nur schwer ermitteln. Schließlich tauchten Großspeicher erst dann erkennbar auf, wenn das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur ihre Inbetriebnahme anzeigt.

Die Antwort auf negative Strompreise

Für die vorliegenden Anfragen von 161.000 MW bei den ÜNB hat Lukas Ebner eine einfache Erklärung. Mit einer einzigen Anfrage prüfe ein Projektentwickler gleich an mehreren Stellen eines Netzes die Verfügbarkeit, um sich dann für einen interessanten Standort zu entscheiden. „Im Vergleich zu dem, was wir tatsächlich sehen werden, ist die Zahl also überschätzt“, so Ebner.

Damit liegt er in etwa auf einer Linie mit den Schätzungen des Bundeswirtschaftsministerium. Im Netzentwicklungsplan Strom ist anno 2037 von 24.000 MW die Rede, maximal 54.000 MW Leistung seien dann 2045 realistisch.

Grundsätzlich sei der zu erwartende Ausbau der Großspeicher in Deutschland als „Antwort auf negative Strompreise“ zu verstehen, so Jan Bauer, Sales Manager Virtuelles Kraftwerk bei EnBW. Wer aktuell zu Peak-Zeiten Ökoenergie in den Markt bringt, muss im schlechtesten Fall dafür zahlen. Die Stundenzahl negativer Strompreise könne sich laut diverser Vorhersagen von 325 im Jahr 2023 über rund 500 Stunden aktuell bis 2030 auf 663 nahezu verdoppeln.

Lautet das Ziel nicht Markt, sondern Zwischenlagerung im Speicher, lasse sich also mit der zu Überschussphasen produzierten Energie an anderen Zeiten („Dunkelflaute“) Gewinn erwirtschaften, so Jan Bauer. Am EnBW-Beispiel in Seelscheid im rheinisch-westfälischen Rhein-Sieg-Kreis rechnete er mögliche Einnahmen vor. Der 5-MW-Speicher mit einer installierten Kapazität von 10.000 kWh schaffe 730 Ladezyklen pro Jahr bei einem Wirkungsgrad von 90 Prozent. Je MW erlöste EnBW in den Jahren 2022 bis 2024 nacheinander rund 233.000, 147.000 und 68.000 Euro. Der Wert für 2024 gilt für das erste Halbjahr.

150.000 Euro je MW ein „wirtschaftlicher Case“

Bei 150.000 Euro je MW handele es sich um einen „wirtschaftlichen Case“, sagte Lukas Ebner von Enervis. Dies sei eine konservative Schätzung für einen Speicher, der nach zwei Stunden leer laufe und zwei Zyklen pro Tag erreiche. Das Geschäft mit Großspeichern lohne sich derzeit am meisten in der Day-Ahead-Vermarktung und dem Intra-Day-Handel.

Die Bedeutung der Speicher unterstrich auch Jan Bauer. Sobald zum Beispiel Solarkraftwerke mittags in die Vollleistung gingen, drohten abstürzende Strompreise. Damit sei die Wirtschaftlichkeit ganzer Erneuerbaren-Projekte gefährdet.

Dienstag, 26.11.2024, 16:47 Uhr
Volker Stephan
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Stromspeicher
161.000 MW Großspeicher zu schön, um wahr zu sein
Energiewunder, Energierevolution − Kommentare überschlagen sich angesichts eines angefragten Großspeicher-Zubaus von 161.000 MW. Real werde es ein Vielfaches weniger, sagen Analysten.
Die Träume sind so groß wie die Batterien: Binnen weniger Jahre, nicht Jahrzehnte, soll es möglich sein, den volatilen Strom aus Wind und Sonne einzufangen und für viele Bedarfe ausreichend vorhalten zu können. Anlass der Hoffnung sind 161.000 MW. So viel Leistung von Großspeichern sei bei den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) angefragt, hatte eine Erhebung ergeben.

Allein in Ostdeutschland und Hamburg, dem Netzgebiet von 50 Hertz, seien aktuell Nachfragen für 80.000 MW eingegangen, hieß es auf den Metering Days in Fulda (wir berichteten). Diese Zahlen seien insgesamt um ein Vielfaches zu hoch, bremste etwa Lukas Ebner von der Beratungsgesellschaft Enervis. Während der Windenergietage des Landesverbands Erneuerbare Energien Nordrhein Westfalen (LEE NRW) in Bad Driburg (wir berichteten) sagte er, ein Hundertfaches der aktuellen Anschlusskapazität von 1.500 MW sei „schwer vorstellbar“.
 
Lukas Ebner vom Analysehaus Enervis erklärte in Bad Driburg die aktuell lohnenswertesten Geschäftsmodelle mit Großspeichern
Quelle: E&M / Volker Stephan

Warum er die Entwicklung zwar für bedeutsam, aber zugleich für überbewertet hält, erklärte er an der schwierigen Datenlage. Was wirklich in der Pipeline bei den Vorhabenträgern sei, lasse sich nur schwer ermitteln. Schließlich tauchten Großspeicher erst dann erkennbar auf, wenn das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur ihre Inbetriebnahme anzeigt.

Die Antwort auf negative Strompreise

Für die vorliegenden Anfragen von 161.000 MW bei den ÜNB hat Lukas Ebner eine einfache Erklärung. Mit einer einzigen Anfrage prüfe ein Projektentwickler gleich an mehreren Stellen eines Netzes die Verfügbarkeit, um sich dann für einen interessanten Standort zu entscheiden. „Im Vergleich zu dem, was wir tatsächlich sehen werden, ist die Zahl also überschätzt“, so Ebner.

Damit liegt er in etwa auf einer Linie mit den Schätzungen des Bundeswirtschaftsministerium. Im Netzentwicklungsplan Strom ist anno 2037 von 24.000 MW die Rede, maximal 54.000 MW Leistung seien dann 2045 realistisch.

Grundsätzlich sei der zu erwartende Ausbau der Großspeicher in Deutschland als „Antwort auf negative Strompreise“ zu verstehen, so Jan Bauer, Sales Manager Virtuelles Kraftwerk bei EnBW. Wer aktuell zu Peak-Zeiten Ökoenergie in den Markt bringt, muss im schlechtesten Fall dafür zahlen. Die Stundenzahl negativer Strompreise könne sich laut diverser Vorhersagen von 325 im Jahr 2023 über rund 500 Stunden aktuell bis 2030 auf 663 nahezu verdoppeln.

Lautet das Ziel nicht Markt, sondern Zwischenlagerung im Speicher, lasse sich also mit der zu Überschussphasen produzierten Energie an anderen Zeiten („Dunkelflaute“) Gewinn erwirtschaften, so Jan Bauer. Am EnBW-Beispiel in Seelscheid im rheinisch-westfälischen Rhein-Sieg-Kreis rechnete er mögliche Einnahmen vor. Der 5-MW-Speicher mit einer installierten Kapazität von 10.000 kWh schaffe 730 Ladezyklen pro Jahr bei einem Wirkungsgrad von 90 Prozent. Je MW erlöste EnBW in den Jahren 2022 bis 2024 nacheinander rund 233.000, 147.000 und 68.000 Euro. Der Wert für 2024 gilt für das erste Halbjahr.

150.000 Euro je MW ein „wirtschaftlicher Case“

Bei 150.000 Euro je MW handele es sich um einen „wirtschaftlichen Case“, sagte Lukas Ebner von Enervis. Dies sei eine konservative Schätzung für einen Speicher, der nach zwei Stunden leer laufe und zwei Zyklen pro Tag erreiche. Das Geschäft mit Großspeichern lohne sich derzeit am meisten in der Day-Ahead-Vermarktung und dem Intra-Day-Handel.

Die Bedeutung der Speicher unterstrich auch Jan Bauer. Sobald zum Beispiel Solarkraftwerke mittags in die Vollleistung gingen, drohten abstürzende Strompreise. Damit sei die Wirtschaftlichkeit ganzer Erneuerbaren-Projekte gefährdet.

Dienstag, 26.11.2024, 16:47 Uhr
Volker Stephan

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