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Energie & Management > Smart Meter - Österreich: Rechnungshof kritisiert Smart-Meter-Einführung
Quelle: Shutterstock / LeahKat
Smart Meter

Österreich: Rechnungshof kritisiert Smart-Meter-Einführung

Zumindest bis Ende 2022 brachten die digitalen Stromzähler wenig Nutzen. Die Kosten für ihre Installation hatten sich gegenüber den ursprünglichen Schätzungen in etwa verdoppelt.
Heftige Kritik am bisherigen Vorgehen Österreichs bei der Einführung der digitalen Stromzähler (Smart Meter) übt der Rechnungshof (RH), das Kontrollorgan des Bundesparlaments. In einem am 3. Mai veröffentlichten Bericht befasst sich der RH im Wesentlichen mit dem Stand der Dinge Ende 2022, nimmt aber auch darüber hinausgehende Entwicklungen in den Blick. Laut dem RH erfolgt die Einführung der Geräte auf Basis einer Kosten-Nutzen-Analyse aus dem Jahr 2010, die ein Beratungsunternehmen im Auftrag der Regulierungsbehörde E-Control erstellte. Darin wurden die notwendigen österreichweiten Investitionen mit rund 830 Millionen Euro beziffert.

Im Jahr 2022 musste die E-Control jedoch einräumen, dass sie mit rund 1,7 Milliarden Euro in etwa doppelt so hoch ausfielen. Der RH selbst rechnet mit 1,8 Milliarden Euro bis zum Ende dieses Jahres. Dazu kommen Betriebskosten von 400 Millionen Euro. Somit sind die bisherigen Gesamtkosten für die Smart-Meter-Einführung mit etwa 2,2 Milliarden Euro zu veranschlagen. Wie der RH feststellt, erhebt die E-Control die entsprechenden Daten erst seit 2018. Er empfiehlt der Behörde nachdrücklich, sie weiter im Auge zu behalten.

Ohnehin ist Österreich bei seinen Plänen zur Smart-Meter-Einführung gehörig im Verzug: Vorgesehen war, bis Ende 2019 mindestens 95 Prozent der analogen Stromzähler (Ferrariszähler) durch die digitalen Geräte zu ersetzen. Dies war erheblich ambitionierter als das EU-weit geltende Ziel, bis Ende 2020 auf 80 Prozent zu kommen. Weil bis Ende 2021 mehr als die Hälfte der Mitgliedsstaaten „weniger als die Hälfte der Ausrollung bewältigt“ hatte, erfolgte auf EU-Ebene eine Fristerstreckung. Nun sollen auch in Österreich bis Ende 2024 mindestens 95 Prozent der Ferrariszähler gegen Smart Meter ausgetauscht werde – eine Verzögerung von wenigstens fünf Jahren, kritisiert der RH.

„Nutzen nicht eingetreten“

Zum Nutzen der Geräte stellt der RH fest, dieser sei bis Ende 2022 „nur zum Teil oder noch gar nicht eingetreten. Die Gründe dafür lagen insbesondere in technischen Problemen, vor allem im Bereich der Datenübertragung, in rechtlichen Einschränkungen der Datennutzung sowie in der mangelnden Steuerung und Koordination des Gesamtvorhabens.“ Wegen der geltenden Rechtslage dürfen die Netzbetreiber die mit den Smart Metern erhobenen viertelstundengenauen Verbrauchs- und Leistungsdaten nur mit ausdrücklicher Zustimmung der einzelnen Kunden für die Netzplanung nutzen.

Und das wird immer mehr zum Problem, warnt der RH: „Die Verteilernetzbetreiber haben gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zu erfüllen, die Verteilernetze vorausschauend weiterzuentwickeln und Engpässe im Netz zu vermeiden. Die zunehmende Elektrifizierung von Mobilität und Raumwärme sowie die wachsende dezentrale Erzeugung von Photovoltaik-Anlagen erfordern auch auf Ebene der Niederspannungsnetze genauere und aussagekräftige Lastmodelle und Netzzustandsanalysen.“

Zur Datenübertragung berichtet der RH, dass diese auf der Strecke vom Smart Meter bis zur nächsten Trafostation bis Ende 2022 zu etwa 95 Prozent mittels Powerline Communication (PLC) erfolgte und weiterhin mit dieser Technologie erfolgt: „Die PLC-Technologie war den Anforderungen jedoch nur bedingt gewachsen. Dies, obwohl der Anteil der Smart Meter, die täglich Viertelstundenwerte an die Netzbetreiber meldeten, gering war und Anwendungen, die Viertelstundenwerte erforderten (etwa zeitabhängige Tarife), noch kaum genutzt wurden.“ Im Juli und August 2022 übermittelte im österreichweiten Durchschnitt ein Fünftel der installierten Smart Meter die Verbrauchswerte nicht täglich an den jeweiligen Netzbetreiber. Dazu kommt, dass sich die PLC entgegen der Annahmen der Netzgesellschaften als nicht wirtschaftlich erwies: „EU-weit zeichnet sich in der Kommunikationstechnik der Smart-Metering-Systeme ein Wechsel zu Funktechnologien ab.“

Keine Steuerung

Ferner bemühten sich weder das Energieministerium noch die E-Control, die die Ausrollung der Smart Meter ursprünglich massiv gefordert hatte, sie voranzubringen, bemängelt der RH. So versäumte das Ministerium ein entsprechendes Steuerungsgremium für dieses „Großvorhaben“ einzurichten. „Die Verteilnetzbetreiber wiederum richteten die Umsetzung primär an ihren eigenen technischen und organisatorischen Voraussetzungen aus. Mögliche Synergien und Mengenvorteile wurden mangels einer übergeordneten Systemsicht sowie branchenweiter Koordination und Abstimmung zu wenig genutzt“, konstatiert der RH.

Die E-Control erstellte zwar einen jährlichen Monitoringbericht hinsichtlich des Fortschritts der Smart-Meter-Einführung. Sie bezog sich darin aber ausschließlich auf die Zahl der installierten Smart Meter. Ob diese und die Datenübermittlung funktionierten, erhob die Behörde nicht. Die E-Control betonte laut dem RH-Bericht, sie habe alle ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt.

Der Bericht ist auf der Website des Rechnungshofs verfügbar.

Montag, 6.05.2024, 13:37 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Smart Meter - Österreich: Rechnungshof kritisiert Smart-Meter-Einführung
Quelle: Shutterstock / LeahKat
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Österreich: Rechnungshof kritisiert Smart-Meter-Einführung
Zumindest bis Ende 2022 brachten die digitalen Stromzähler wenig Nutzen. Die Kosten für ihre Installation hatten sich gegenüber den ursprünglichen Schätzungen in etwa verdoppelt.
Heftige Kritik am bisherigen Vorgehen Österreichs bei der Einführung der digitalen Stromzähler (Smart Meter) übt der Rechnungshof (RH), das Kontrollorgan des Bundesparlaments. In einem am 3. Mai veröffentlichten Bericht befasst sich der RH im Wesentlichen mit dem Stand der Dinge Ende 2022, nimmt aber auch darüber hinausgehende Entwicklungen in den Blick. Laut dem RH erfolgt die Einführung der Geräte auf Basis einer Kosten-Nutzen-Analyse aus dem Jahr 2010, die ein Beratungsunternehmen im Auftrag der Regulierungsbehörde E-Control erstellte. Darin wurden die notwendigen österreichweiten Investitionen mit rund 830 Millionen Euro beziffert.

Im Jahr 2022 musste die E-Control jedoch einräumen, dass sie mit rund 1,7 Milliarden Euro in etwa doppelt so hoch ausfielen. Der RH selbst rechnet mit 1,8 Milliarden Euro bis zum Ende dieses Jahres. Dazu kommen Betriebskosten von 400 Millionen Euro. Somit sind die bisherigen Gesamtkosten für die Smart-Meter-Einführung mit etwa 2,2 Milliarden Euro zu veranschlagen. Wie der RH feststellt, erhebt die E-Control die entsprechenden Daten erst seit 2018. Er empfiehlt der Behörde nachdrücklich, sie weiter im Auge zu behalten.

Ohnehin ist Österreich bei seinen Plänen zur Smart-Meter-Einführung gehörig im Verzug: Vorgesehen war, bis Ende 2019 mindestens 95 Prozent der analogen Stromzähler (Ferrariszähler) durch die digitalen Geräte zu ersetzen. Dies war erheblich ambitionierter als das EU-weit geltende Ziel, bis Ende 2020 auf 80 Prozent zu kommen. Weil bis Ende 2021 mehr als die Hälfte der Mitgliedsstaaten „weniger als die Hälfte der Ausrollung bewältigt“ hatte, erfolgte auf EU-Ebene eine Fristerstreckung. Nun sollen auch in Österreich bis Ende 2024 mindestens 95 Prozent der Ferrariszähler gegen Smart Meter ausgetauscht werde – eine Verzögerung von wenigstens fünf Jahren, kritisiert der RH.

„Nutzen nicht eingetreten“

Zum Nutzen der Geräte stellt der RH fest, dieser sei bis Ende 2022 „nur zum Teil oder noch gar nicht eingetreten. Die Gründe dafür lagen insbesondere in technischen Problemen, vor allem im Bereich der Datenübertragung, in rechtlichen Einschränkungen der Datennutzung sowie in der mangelnden Steuerung und Koordination des Gesamtvorhabens.“ Wegen der geltenden Rechtslage dürfen die Netzbetreiber die mit den Smart Metern erhobenen viertelstundengenauen Verbrauchs- und Leistungsdaten nur mit ausdrücklicher Zustimmung der einzelnen Kunden für die Netzplanung nutzen.

Und das wird immer mehr zum Problem, warnt der RH: „Die Verteilernetzbetreiber haben gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zu erfüllen, die Verteilernetze vorausschauend weiterzuentwickeln und Engpässe im Netz zu vermeiden. Die zunehmende Elektrifizierung von Mobilität und Raumwärme sowie die wachsende dezentrale Erzeugung von Photovoltaik-Anlagen erfordern auch auf Ebene der Niederspannungsnetze genauere und aussagekräftige Lastmodelle und Netzzustandsanalysen.“

Zur Datenübertragung berichtet der RH, dass diese auf der Strecke vom Smart Meter bis zur nächsten Trafostation bis Ende 2022 zu etwa 95 Prozent mittels Powerline Communication (PLC) erfolgte und weiterhin mit dieser Technologie erfolgt: „Die PLC-Technologie war den Anforderungen jedoch nur bedingt gewachsen. Dies, obwohl der Anteil der Smart Meter, die täglich Viertelstundenwerte an die Netzbetreiber meldeten, gering war und Anwendungen, die Viertelstundenwerte erforderten (etwa zeitabhängige Tarife), noch kaum genutzt wurden.“ Im Juli und August 2022 übermittelte im österreichweiten Durchschnitt ein Fünftel der installierten Smart Meter die Verbrauchswerte nicht täglich an den jeweiligen Netzbetreiber. Dazu kommt, dass sich die PLC entgegen der Annahmen der Netzgesellschaften als nicht wirtschaftlich erwies: „EU-weit zeichnet sich in der Kommunikationstechnik der Smart-Metering-Systeme ein Wechsel zu Funktechnologien ab.“

Keine Steuerung

Ferner bemühten sich weder das Energieministerium noch die E-Control, die die Ausrollung der Smart Meter ursprünglich massiv gefordert hatte, sie voranzubringen, bemängelt der RH. So versäumte das Ministerium ein entsprechendes Steuerungsgremium für dieses „Großvorhaben“ einzurichten. „Die Verteilnetzbetreiber wiederum richteten die Umsetzung primär an ihren eigenen technischen und organisatorischen Voraussetzungen aus. Mögliche Synergien und Mengenvorteile wurden mangels einer übergeordneten Systemsicht sowie branchenweiter Koordination und Abstimmung zu wenig genutzt“, konstatiert der RH.

Die E-Control erstellte zwar einen jährlichen Monitoringbericht hinsichtlich des Fortschritts der Smart-Meter-Einführung. Sie bezog sich darin aber ausschließlich auf die Zahl der installierten Smart Meter. Ob diese und die Datenübermittlung funktionierten, erhob die Behörde nicht. Die E-Control betonte laut dem RH-Bericht, sie habe alle ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt.

Der Bericht ist auf der Website des Rechnungshofs verfügbar.

Montag, 6.05.2024, 13:37 Uhr
Klaus Fischer

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