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Energie & Management > Recht - KI liefert im Weimarer Fernwärmestreit ein Rechtsgutachten
Quelle: Shutterstock
Recht

KI liefert im Weimarer Fernwärmestreit ein Rechtsgutachten

Der Rechtsweg ist geduldig. In Weimar dauert der Fernwärme-Streit zwischen Stadtwerken und einem Stahlbauunternehmen bereits länger als ein Jahr. Die KI könnte als Beschleuniger wirken.
Ein Rechtsgutachten soll Klarheit bringen, welche Preisformel die Stadtwerke Weimar für ihre Fernwärme anwenden darf. Beziehungsweise anwenden durfte, denn die Tarife des Jahres 2022 sind Gegenstand einer rechtlichen Auseinandersetzung vor dem Landgericht Erfurt.

Seit 14 Monaten warten die Beteiligten, darunter das beklagte und per Widerklage sich wehrende Stahlbauunternehmen Weimar-Werk GmbH, auf Bewegung im Prozess. Jetzt war Weimar-Werk das Nichtstun leid und entschied sich für eine Idee, die für Aufsehen im Rechtswesen sorgen dürfte. Um die Wartezeit auf das eigentliche Rechtsgutachten zu füllen, befragte das Unternehmen einfach mal die künstliche Intelligenz (KI).

Bei ChatGPT forderte man ein „kritisches, objektives und professionelles Sachverständigengutachten“ an. Der Automat solle die „richterliche Beweisfrage“ beantworten, ob die Preisformel der Stadtwerke unrechtmäßige Übergewinne ermöglicht, erklärt Ferdinand Berr, Gesellschafter bei Weimar-Werk, auf Anfrage dieser Redaktion. Gegen die hohen Preise und die Art ihrer Festlegung geht das Unternehmen vor.

Beweiskraft im laufenden Verfahren unsicher

Ferdinand Berr sieht sich durch die Ergebnisse der KI-Anfrage bestätigt. ChatGPT stütze die Argumentation, die das Unternehmen „mühsam herausgearbeitet“ und vor Gericht vorgebracht habe. Die mathematisch hergeleitete und von ChatGPT gestützte Kritik an der Stadtwerke-Formel sei „deutlich objektiver zu bewerten als die klassischen Fragen zum Marktelement etc.“.

Für Ferdinand Berr ist der Einsatz der KI viel mehr als nur Spielerei vor dem Hintergrund der langen Wartezeit auf das „echte“ Rechtsgutachten. Sein Unternehmen hat das ChatGPT-Ergebnis sowohl dem Gericht als auch den Stadtwerken Weimar zugeleitet und letzteren die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Es soll also eine Art Beweiskraft im laufenden Verfahren bekommen.

Ohne Augenzwinkern ist dieser ungewöhnliche Vorstoß aber nicht zu sehen. Der Fall warte eben bereits seit 14 Monaten auf das beauftragte Sachverständigengutachten, „das ,KI-Gutachten’ hat uns keine zwei Stunden Zeit gekostet“, so Ferdinand Berr. Er hofft, „Dynamik in unseren trägen Prozess“ zu bringen und alle Seiten dazu zwingen zu können, „sich endlich mit der Formelmathematik zu beschäftigen“.

Das Einschalten der KI könnte für ihn aber aus anderem Grund wegweisend sein. Dafür müsste es gelingen, bestimmte mathematische Beurteilungsregeln für Fernwärme-Preisformeln als Präzedenz zu etablieren. Dann könnte diese Idee künftig auch für das Bundeskartellamt eine Rolle spielen.

Mit KI als Recherche- oder Unterstützungstool könnten die Wettbewerbshüter „in deutlich weniger Zeit mehr Formelprüfungen durchführen“. Fernwärmepreise sind Festlegungen von Monopolisten und oft so undurchschaubar wie ein Dschungel – von daher ist jede Hilfe willkommen, womöglich auch von intelligent gefütterter künstlicher Intelligenz.

Donnerstag, 23.10.2025, 16:54 Uhr
Volker Stephan
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KI liefert im Weimarer Fernwärmestreit ein Rechtsgutachten
Der Rechtsweg ist geduldig. In Weimar dauert der Fernwärme-Streit zwischen Stadtwerken und einem Stahlbauunternehmen bereits länger als ein Jahr. Die KI könnte als Beschleuniger wirken.
Ein Rechtsgutachten soll Klarheit bringen, welche Preisformel die Stadtwerke Weimar für ihre Fernwärme anwenden darf. Beziehungsweise anwenden durfte, denn die Tarife des Jahres 2022 sind Gegenstand einer rechtlichen Auseinandersetzung vor dem Landgericht Erfurt.

Seit 14 Monaten warten die Beteiligten, darunter das beklagte und per Widerklage sich wehrende Stahlbauunternehmen Weimar-Werk GmbH, auf Bewegung im Prozess. Jetzt war Weimar-Werk das Nichtstun leid und entschied sich für eine Idee, die für Aufsehen im Rechtswesen sorgen dürfte. Um die Wartezeit auf das eigentliche Rechtsgutachten zu füllen, befragte das Unternehmen einfach mal die künstliche Intelligenz (KI).

Bei ChatGPT forderte man ein „kritisches, objektives und professionelles Sachverständigengutachten“ an. Der Automat solle die „richterliche Beweisfrage“ beantworten, ob die Preisformel der Stadtwerke unrechtmäßige Übergewinne ermöglicht, erklärt Ferdinand Berr, Gesellschafter bei Weimar-Werk, auf Anfrage dieser Redaktion. Gegen die hohen Preise und die Art ihrer Festlegung geht das Unternehmen vor.

Beweiskraft im laufenden Verfahren unsicher

Ferdinand Berr sieht sich durch die Ergebnisse der KI-Anfrage bestätigt. ChatGPT stütze die Argumentation, die das Unternehmen „mühsam herausgearbeitet“ und vor Gericht vorgebracht habe. Die mathematisch hergeleitete und von ChatGPT gestützte Kritik an der Stadtwerke-Formel sei „deutlich objektiver zu bewerten als die klassischen Fragen zum Marktelement etc.“.

Für Ferdinand Berr ist der Einsatz der KI viel mehr als nur Spielerei vor dem Hintergrund der langen Wartezeit auf das „echte“ Rechtsgutachten. Sein Unternehmen hat das ChatGPT-Ergebnis sowohl dem Gericht als auch den Stadtwerken Weimar zugeleitet und letzteren die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Es soll also eine Art Beweiskraft im laufenden Verfahren bekommen.

Ohne Augenzwinkern ist dieser ungewöhnliche Vorstoß aber nicht zu sehen. Der Fall warte eben bereits seit 14 Monaten auf das beauftragte Sachverständigengutachten, „das ,KI-Gutachten’ hat uns keine zwei Stunden Zeit gekostet“, so Ferdinand Berr. Er hofft, „Dynamik in unseren trägen Prozess“ zu bringen und alle Seiten dazu zwingen zu können, „sich endlich mit der Formelmathematik zu beschäftigen“.

Das Einschalten der KI könnte für ihn aber aus anderem Grund wegweisend sein. Dafür müsste es gelingen, bestimmte mathematische Beurteilungsregeln für Fernwärme-Preisformeln als Präzedenz zu etablieren. Dann könnte diese Idee künftig auch für das Bundeskartellamt eine Rolle spielen.

Mit KI als Recherche- oder Unterstützungstool könnten die Wettbewerbshüter „in deutlich weniger Zeit mehr Formelprüfungen durchführen“. Fernwärmepreise sind Festlegungen von Monopolisten und oft so undurchschaubar wie ein Dschungel – von daher ist jede Hilfe willkommen, womöglich auch von intelligent gefütterter künstlicher Intelligenz.

Donnerstag, 23.10.2025, 16:54 Uhr
Volker Stephan

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