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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - „Wir sind der Enabler“
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

„Wir sind der Enabler“

Mit dem Steuern in der Niederspannung kommt der Steuerbox-Administrator in den Fokus des intelligenten Messwesens. Gwadriga-Chef Michal Sobotka erläutert die neue Rolle.
E&M: Herr Sobotka, sind Sie schon im Steuer-Rollout oder noch im Mess-Rollout?

Sobotka: Wir haben seit vergangenen Oktober eine Reihe Steuerboxen bei Rheinenergie und Westfalen Weser Netz im Feld und sind damit im Produktivbetrieb. Die Systeme, mit denen die Steuerboxen verwaltet werden, sind alle vorhanden, sodass wir prinzipiell skalieren können. Nur bei der Anbindung an die ERP-Systeme unserer Kunden gibt es noch ein paar Herausforderungen, mit denen sich die Softwareanbieter gerade beschäftigen.

E&M: Haben wir hier eine Parallele zur Situation vor drei oder vier Jahren, als es bei der Anbindung der Smart Meter Gateways holperte?

Sobotka: Die Situation ist ähnlich, aber damals hat es auch aufgrund der Chipkrise an der Verfügbarkeit der Geräte gehapert. Im Moment ist tatsächlich die technische Anbindbarkeit der Kundensysteme der limitierende Faktor. Da geht es um die Einführung der Stammdaten und um die Prozesse innerhalb der ERP-Systeme.

E&M: Müssen Sie jetzt Däumchen drehen und die Hände in den Schoß legen?

Sobotka: Nein, natürlich nicht. Wir konnten unsere Lösung für die Inbetriebnahme der Smart Meter Gateways jetzt sehr gut auf die Anbindung der Steuerboxen anpassen, sodass der Rollout der Geräte weitergehen kann. Einer der wesentlichen Knackpunkte ist die Überführung der Stammdaten in das Administrationssystem. Dafür haben wir ein System gebaut, in dem die Kunden ihre Listen mit Steuerungseinrichtungen hochladen können, sodass ein Roboter von uns die Daten aufnehmen und weitergeben kann. So machen wir das für die ersten paar Tausend Steuerboxen.

E&M: Wie viele Steuerboxen betreuen Sie derzeit im Produktivbetrieb und was ist ihr Ziel für 2025?

Sobotka: Im Moment sind es ein paar Dutzend. Für 2025 sind wir realistisch und gehen von rund 20.000 Geräten aus. Bei entsprechenden Kundenanfragen können wir auch deutlich mehr Geräte abwickeln.

E&M: Gibt es beim Rollout der Steuerboxen einen ähnlichen Druck, wie ihn jetzt viele Messstellenbetreiber beim Smart Meter Rollout verspüren?

Sobotka: Wenn man sich die Pläne des Gesetzgebers ansieht, dass auch kleine PV-Anlagen steuerbar sein müssen, kann der Steuerbox-Rollout durchaus ein ambitioniertes Unterfangen für die Unternehmen werden. Aber selbst viele der Versorger, die schon mehrere Tausend Smart Meter Gateways in Betrieb haben, robben sich jetzt erst einmal vorsichtig an das Thema Steuern heran. Wir gehen davon aus, dass das Jahr 2025 ein Jahr der Vorbereitung ist und das operative Steuern dann 2026 losgehen wird.

E&M: Gwadriga vereint die Rolle des Gateway- und des Steuerbox-Administrators. Ist das eine zwangsläufige Kombination?

Sobotka: Theoretisch müssen diese Rollen nicht zusammenfallen. Aber ich bin überzeugt, dass es in der Praxis immer so sein wird. So lassen sich nämlich Synergien heben. Wer einen Dienstleister als Gateway-Administrator hat, wird ihn auch als Steuerbox-Administrator nutzen. Und am Ende ist die Steuerbox ein Gerät, das eine Firmware benötigt und das den Gateway-Administrator anfragen muss, etwa um einen Kommunikationskanal zu öffnen. Die Rollen liegen also sehr dicht beieinander. Neu ist an sich nur die Rolle des Verteilnetzbetreibers als Auftraggeber des Messstellenbetreibers. Wir als Administrator müssen ‚nur‘ dafür sorgen, dass der Schaltbefehl vom Gateway zur Steuerbox beziehungsweise zur Anlage kommt.

E&M: Die Festlegung der Bundesnetzagentur zu den steuerbaren Verbrauchern enthält zwei Arten des Steuerns: die jeweiligen Anlagen direkt oder die Vorgabe eines Leistungsbezugs am Netzanschlusspunkt, wobei ein Energiemanagementsystem dahinter nach den Präferenzen des Kunden optimieren kann. Bevorzugen Sie als Steuerbox-Administrator eine der beiden Optionen?

Sobotka: Hier haben wir keine Präferenz. Wir stellen sicher, dass die entsprechende Hüllkurve bei der Steuerbox ankommt, und prüfen, ob die Schalthandlung auch tatsächlich stattfindet. Das gilt sowohl für an die Steuerboxen angebundene Einzelanlagen als auch für Energiemanagementsysteme. Die Anbindung der steuerbaren Erzeugungs- beziehungsweise Verbrauchsanlage liegt im Verantwortungsbereich des Endkunden.

E&M: Bei einer Reihe von Netzbetreibern sorgt aber weniger die Last für erhöhten Puls als die Rückspeisung ins vorgelagerte Mittelspannungsnetz.

Sobotka: Ja, genau. Deshalb ist es auch sehr wichtig, dass die Mittelspannungsleitzentrale direkt mit der Steuerung in der Niederspannung gekoppelt wird. Dafür haben wir Verschlüsselungsmechanismen und Firewall-Lösungen, um beispielsweise auch kleine PV-Anlagen zu integrieren, ohne dass die Sicherheitsanforderungen der Mittelspannungsebene kompromittiert werden.

E&M: Müssten Sie als Steuerbox-Administrator dann nicht auch ein Kritis-Unternehmen sein?

Sobotka: Wenn man die Sicherheitsanforderungen des Gesamtsystems betrachtet, dann müssten eigentlich sowohl der Gateway- als auch der Steuerbox-Administrator ein Teil der kritischen Infrastruktur sein. Und auch die Messstellenbetreiber müssten dazugehören. Aber nach unserer Einschätzung nicht gleich mit der ersten ausgerollten Steuerbox. Zu den gegenwärtigen Preisobergrenzen sind Anforderungen wie etwa eine 24/7-Bereitschaft bei geringen Stückzahlen nicht darstellbar. Wir als Gwadriga hatten uns tatsächlich beim BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik; d. Red.) für einen Kritis-Arbeitskreis angemeldet. Dann kam aber die Rückmeldung: ‚Ihr seid ja gar nicht Kritis.‘ Und damit waren wir außen vor.

E&M: Sie haben sich damit zumindest eine Menge Berichtspflichten und Audits gespart …

Sobotka: Ganz und gar nicht. Wir unterliegen der Technischen Richtlinie des BSI zur IT-Sicherheit des Smart Meter Gateways und der Steuerbox, außerdem sind wir nach ISO 27001 zertifiziert. Wir haben jedes Jahr ein Zertifizierungsaudit und alle drei Jahre müssen wir unsere Lizenz, um Gateway-Administration machen zu dürfen, beim BSI erneuern. Dabei werden wir mehrere Tage lang komplett auf links gedreht. Außerdem arbeiten wir nur aus einem Sicherheitsbereich mit einer Zwei-Schleusen-Architektur heraus auf unserem Produktivsystem. Dies bedeutet auch: kein Homeoffice.

E&M: Aber trotzdem kommunizieren die Smart Meter Gateways über den öffentlichen Mobilfunk.

Sobotka: Ja, es sind keine Privatnetze, aber nach Smart Metering PKI zertifikatsabgesicherte Kommunikationsstrecken. Daran kann man den Unterschied zwischen dem Sicherheitsniveau der Messstellenbetreiber und dem Kritis-Niveau der Netzbetreiber erkennen, die Dark-Fiber-Anbindungen zu ihren Rechenzentren haben.

E&M: Ist das 450-Megahertz-Netz dann die sehnsüchtig erwartete Lösung für Sie und die Branche?

Sobotka: Für uns als Branche hat das 450-Megahertz-Netz wirklich den Vorteil, dass es ein Branchennetz wird. Aber beim öffentlichen Mobilfunk gibt es ja zahlreiche Absicherungsmöglichkeiten, etwa durch Filter, die nur Daten durchlassen, die einem bestimmten Protokollformat entsprechen. Oder es lassen sich sogenannte ‚demilitarisierte Zonen einrichten‘, die sicherstellen, dass mehrere gleichzeitige Zugriffe nicht zu einer Überlastung des Systems führen. Dies bringt ein höheres Schutzniveau, aber auch höhere Fixkosten mit sich.

E&M: Sie haben also keine Präferenz für eine Kommunikationstechnologie?

Sobotka: Wir sind der Enabler, egal welche Technologie von den Marktteilnehmern genutzt wird. Ich persönlich glaube auch nicht, dass es eine One-Size-Fits-All-Lösung geben wird. In Nürnberg sind die Keller tief und die Zähler dort verbaut. Da hilft das 450-Megahertz-Netz viel. In Köln sind die Keller zwar auch alt und tief, aber die Zähler in den Wohnungen. Da kann man sehr gut mit Mobilfunk arbeiten. Die Bedingungen sind verschieden. Bei den Unternehmen, die möglichst schnell ihre Gateways und Steuerboxen anbinden wollen, erlebt gerade auch Breitband-Powerline eine Renaissance.

E&M: Welche Rolle spielt der Use Case für die Auswahl der Technologie?

Sobotka: Das ist eine Frage der Bandbreite und der Datennutzung für die Netzführung. Das Schaltsignal an sich beinhaltet wenige Daten. Anders sieht es mit Netzzustandsdaten aus. Für einen Netzbetreiber ist die Versuchung sicherlich groß zu sagen: ‚Ich will für alle meine Messstellen die Netzzustände in Echtzeit haben, dann kann ich schön mein Netz simulieren.‘ Wir haben einen Versuch mit Minutenwerten gemacht, bei dem ungefähr 200 Megabyte pro Messpunkt und Monat angefallen sind. Das ist viel im Vergleich zu 20 Megabyte, die ein intelligentes Messsystem für einfache Verbrauchsdaten nach TAF 7 pro Monat benötigt. Netzbetreiber sollten sich also genau überlegen, in welchem Umfang sie welche Daten tatsächlich für Netztransparenz und Steuerhandlungen benötigen. 
 

Steuern in der Niederspannung

Mit dem intelligenten Steuern lässt sich der relativ teure Netzausbau zeitlich strecken und auch auf ein Mindestmaß beschränken. Voraussetzungen für das Steuern sind die Ermittlung von Netzzustandsdaten und die Berechnung des Netzzustands. Der Netzbetreiber muss dann über den Steuerbefehl entscheiden und ihn an den Messstellenbetreiber übermitteln, welcher der Betreiber der Steuerbox ist. Der Steuerbox-Administrator mit seiner Verantwortung für den technischen Betrieb sorgt dafür, dass der Steuerbefehl an der Steuerbox und damit an der Anlage des jeweiligen Kunden ankommt und entsprechend ausgeführt wird.
Bereits 2022 hat das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE in einem Impulspapier ein Zielbild skizziert, nach dem die Steuerung am digitalen Netzanschlusspunkt und über ein „integriertes und eigenverantwortliches Management des Verbrauchsverhaltens beim Endkunden (Pro-/Flexsumer)“ erfolgt.
 
 
Michal Sobotka ist Geschäftsführer von Gwadriga und leitet das Gemeinschaftsunternehmen von EWE, Rheinenergie und Westfalen Weser Netz seit dessen Gründung 2016. Er hat am Centre for Strategy & Performance der Universität Cambridge promoviert und war anschließend unter anderem Projektleiter in der Konzernentwicklung von EWE
Quelle: Gwadriga

 

Freitag, 7.02.2025, 09:05 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - „Wir sind der Enabler“
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
„Wir sind der Enabler“
Mit dem Steuern in der Niederspannung kommt der Steuerbox-Administrator in den Fokus des intelligenten Messwesens. Gwadriga-Chef Michal Sobotka erläutert die neue Rolle.
E&M: Herr Sobotka, sind Sie schon im Steuer-Rollout oder noch im Mess-Rollout?

Sobotka: Wir haben seit vergangenen Oktober eine Reihe Steuerboxen bei Rheinenergie und Westfalen Weser Netz im Feld und sind damit im Produktivbetrieb. Die Systeme, mit denen die Steuerboxen verwaltet werden, sind alle vorhanden, sodass wir prinzipiell skalieren können. Nur bei der Anbindung an die ERP-Systeme unserer Kunden gibt es noch ein paar Herausforderungen, mit denen sich die Softwareanbieter gerade beschäftigen.

E&M: Haben wir hier eine Parallele zur Situation vor drei oder vier Jahren, als es bei der Anbindung der Smart Meter Gateways holperte?

Sobotka: Die Situation ist ähnlich, aber damals hat es auch aufgrund der Chipkrise an der Verfügbarkeit der Geräte gehapert. Im Moment ist tatsächlich die technische Anbindbarkeit der Kundensysteme der limitierende Faktor. Da geht es um die Einführung der Stammdaten und um die Prozesse innerhalb der ERP-Systeme.

E&M: Müssen Sie jetzt Däumchen drehen und die Hände in den Schoß legen?

Sobotka: Nein, natürlich nicht. Wir konnten unsere Lösung für die Inbetriebnahme der Smart Meter Gateways jetzt sehr gut auf die Anbindung der Steuerboxen anpassen, sodass der Rollout der Geräte weitergehen kann. Einer der wesentlichen Knackpunkte ist die Überführung der Stammdaten in das Administrationssystem. Dafür haben wir ein System gebaut, in dem die Kunden ihre Listen mit Steuerungseinrichtungen hochladen können, sodass ein Roboter von uns die Daten aufnehmen und weitergeben kann. So machen wir das für die ersten paar Tausend Steuerboxen.

E&M: Wie viele Steuerboxen betreuen Sie derzeit im Produktivbetrieb und was ist ihr Ziel für 2025?

Sobotka: Im Moment sind es ein paar Dutzend. Für 2025 sind wir realistisch und gehen von rund 20.000 Geräten aus. Bei entsprechenden Kundenanfragen können wir auch deutlich mehr Geräte abwickeln.

E&M: Gibt es beim Rollout der Steuerboxen einen ähnlichen Druck, wie ihn jetzt viele Messstellenbetreiber beim Smart Meter Rollout verspüren?

Sobotka: Wenn man sich die Pläne des Gesetzgebers ansieht, dass auch kleine PV-Anlagen steuerbar sein müssen, kann der Steuerbox-Rollout durchaus ein ambitioniertes Unterfangen für die Unternehmen werden. Aber selbst viele der Versorger, die schon mehrere Tausend Smart Meter Gateways in Betrieb haben, robben sich jetzt erst einmal vorsichtig an das Thema Steuern heran. Wir gehen davon aus, dass das Jahr 2025 ein Jahr der Vorbereitung ist und das operative Steuern dann 2026 losgehen wird.

E&M: Gwadriga vereint die Rolle des Gateway- und des Steuerbox-Administrators. Ist das eine zwangsläufige Kombination?

Sobotka: Theoretisch müssen diese Rollen nicht zusammenfallen. Aber ich bin überzeugt, dass es in der Praxis immer so sein wird. So lassen sich nämlich Synergien heben. Wer einen Dienstleister als Gateway-Administrator hat, wird ihn auch als Steuerbox-Administrator nutzen. Und am Ende ist die Steuerbox ein Gerät, das eine Firmware benötigt und das den Gateway-Administrator anfragen muss, etwa um einen Kommunikationskanal zu öffnen. Die Rollen liegen also sehr dicht beieinander. Neu ist an sich nur die Rolle des Verteilnetzbetreibers als Auftraggeber des Messstellenbetreibers. Wir als Administrator müssen ‚nur‘ dafür sorgen, dass der Schaltbefehl vom Gateway zur Steuerbox beziehungsweise zur Anlage kommt.

E&M: Die Festlegung der Bundesnetzagentur zu den steuerbaren Verbrauchern enthält zwei Arten des Steuerns: die jeweiligen Anlagen direkt oder die Vorgabe eines Leistungsbezugs am Netzanschlusspunkt, wobei ein Energiemanagementsystem dahinter nach den Präferenzen des Kunden optimieren kann. Bevorzugen Sie als Steuerbox-Administrator eine der beiden Optionen?

Sobotka: Hier haben wir keine Präferenz. Wir stellen sicher, dass die entsprechende Hüllkurve bei der Steuerbox ankommt, und prüfen, ob die Schalthandlung auch tatsächlich stattfindet. Das gilt sowohl für an die Steuerboxen angebundene Einzelanlagen als auch für Energiemanagementsysteme. Die Anbindung der steuerbaren Erzeugungs- beziehungsweise Verbrauchsanlage liegt im Verantwortungsbereich des Endkunden.

E&M: Bei einer Reihe von Netzbetreibern sorgt aber weniger die Last für erhöhten Puls als die Rückspeisung ins vorgelagerte Mittelspannungsnetz.

Sobotka: Ja, genau. Deshalb ist es auch sehr wichtig, dass die Mittelspannungsleitzentrale direkt mit der Steuerung in der Niederspannung gekoppelt wird. Dafür haben wir Verschlüsselungsmechanismen und Firewall-Lösungen, um beispielsweise auch kleine PV-Anlagen zu integrieren, ohne dass die Sicherheitsanforderungen der Mittelspannungsebene kompromittiert werden.

E&M: Müssten Sie als Steuerbox-Administrator dann nicht auch ein Kritis-Unternehmen sein?

Sobotka: Wenn man die Sicherheitsanforderungen des Gesamtsystems betrachtet, dann müssten eigentlich sowohl der Gateway- als auch der Steuerbox-Administrator ein Teil der kritischen Infrastruktur sein. Und auch die Messstellenbetreiber müssten dazugehören. Aber nach unserer Einschätzung nicht gleich mit der ersten ausgerollten Steuerbox. Zu den gegenwärtigen Preisobergrenzen sind Anforderungen wie etwa eine 24/7-Bereitschaft bei geringen Stückzahlen nicht darstellbar. Wir als Gwadriga hatten uns tatsächlich beim BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik; d. Red.) für einen Kritis-Arbeitskreis angemeldet. Dann kam aber die Rückmeldung: ‚Ihr seid ja gar nicht Kritis.‘ Und damit waren wir außen vor.

E&M: Sie haben sich damit zumindest eine Menge Berichtspflichten und Audits gespart …

Sobotka: Ganz und gar nicht. Wir unterliegen der Technischen Richtlinie des BSI zur IT-Sicherheit des Smart Meter Gateways und der Steuerbox, außerdem sind wir nach ISO 27001 zertifiziert. Wir haben jedes Jahr ein Zertifizierungsaudit und alle drei Jahre müssen wir unsere Lizenz, um Gateway-Administration machen zu dürfen, beim BSI erneuern. Dabei werden wir mehrere Tage lang komplett auf links gedreht. Außerdem arbeiten wir nur aus einem Sicherheitsbereich mit einer Zwei-Schleusen-Architektur heraus auf unserem Produktivsystem. Dies bedeutet auch: kein Homeoffice.

E&M: Aber trotzdem kommunizieren die Smart Meter Gateways über den öffentlichen Mobilfunk.

Sobotka: Ja, es sind keine Privatnetze, aber nach Smart Metering PKI zertifikatsabgesicherte Kommunikationsstrecken. Daran kann man den Unterschied zwischen dem Sicherheitsniveau der Messstellenbetreiber und dem Kritis-Niveau der Netzbetreiber erkennen, die Dark-Fiber-Anbindungen zu ihren Rechenzentren haben.

E&M: Ist das 450-Megahertz-Netz dann die sehnsüchtig erwartete Lösung für Sie und die Branche?

Sobotka: Für uns als Branche hat das 450-Megahertz-Netz wirklich den Vorteil, dass es ein Branchennetz wird. Aber beim öffentlichen Mobilfunk gibt es ja zahlreiche Absicherungsmöglichkeiten, etwa durch Filter, die nur Daten durchlassen, die einem bestimmten Protokollformat entsprechen. Oder es lassen sich sogenannte ‚demilitarisierte Zonen einrichten‘, die sicherstellen, dass mehrere gleichzeitige Zugriffe nicht zu einer Überlastung des Systems führen. Dies bringt ein höheres Schutzniveau, aber auch höhere Fixkosten mit sich.

E&M: Sie haben also keine Präferenz für eine Kommunikationstechnologie?

Sobotka: Wir sind der Enabler, egal welche Technologie von den Marktteilnehmern genutzt wird. Ich persönlich glaube auch nicht, dass es eine One-Size-Fits-All-Lösung geben wird. In Nürnberg sind die Keller tief und die Zähler dort verbaut. Da hilft das 450-Megahertz-Netz viel. In Köln sind die Keller zwar auch alt und tief, aber die Zähler in den Wohnungen. Da kann man sehr gut mit Mobilfunk arbeiten. Die Bedingungen sind verschieden. Bei den Unternehmen, die möglichst schnell ihre Gateways und Steuerboxen anbinden wollen, erlebt gerade auch Breitband-Powerline eine Renaissance.

E&M: Welche Rolle spielt der Use Case für die Auswahl der Technologie?

Sobotka: Das ist eine Frage der Bandbreite und der Datennutzung für die Netzführung. Das Schaltsignal an sich beinhaltet wenige Daten. Anders sieht es mit Netzzustandsdaten aus. Für einen Netzbetreiber ist die Versuchung sicherlich groß zu sagen: ‚Ich will für alle meine Messstellen die Netzzustände in Echtzeit haben, dann kann ich schön mein Netz simulieren.‘ Wir haben einen Versuch mit Minutenwerten gemacht, bei dem ungefähr 200 Megabyte pro Messpunkt und Monat angefallen sind. Das ist viel im Vergleich zu 20 Megabyte, die ein intelligentes Messsystem für einfache Verbrauchsdaten nach TAF 7 pro Monat benötigt. Netzbetreiber sollten sich also genau überlegen, in welchem Umfang sie welche Daten tatsächlich für Netztransparenz und Steuerhandlungen benötigen. 
 

Steuern in der Niederspannung

Mit dem intelligenten Steuern lässt sich der relativ teure Netzausbau zeitlich strecken und auch auf ein Mindestmaß beschränken. Voraussetzungen für das Steuern sind die Ermittlung von Netzzustandsdaten und die Berechnung des Netzzustands. Der Netzbetreiber muss dann über den Steuerbefehl entscheiden und ihn an den Messstellenbetreiber übermitteln, welcher der Betreiber der Steuerbox ist. Der Steuerbox-Administrator mit seiner Verantwortung für den technischen Betrieb sorgt dafür, dass der Steuerbefehl an der Steuerbox und damit an der Anlage des jeweiligen Kunden ankommt und entsprechend ausgeführt wird.
Bereits 2022 hat das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE in einem Impulspapier ein Zielbild skizziert, nach dem die Steuerung am digitalen Netzanschlusspunkt und über ein „integriertes und eigenverantwortliches Management des Verbrauchsverhaltens beim Endkunden (Pro-/Flexsumer)“ erfolgt.
 
 
Michal Sobotka ist Geschäftsführer von Gwadriga und leitet das Gemeinschaftsunternehmen von EWE, Rheinenergie und Westfalen Weser Netz seit dessen Gründung 2016. Er hat am Centre for Strategy & Performance der Universität Cambridge promoviert und war anschließend unter anderem Projektleiter in der Konzernentwicklung von EWE
Quelle: Gwadriga

 

Freitag, 7.02.2025, 09:05 Uhr
Fritz Wilhelm

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