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Die intelligenten Strom-Messsysteme könnten sich als Flaschenhals für die Klimaneutralität bis 2045 erweisen. Eine aktuelle Studie fordert Deregulierung für mehr Fortschritt.
Das Beratungsunternehmen Horizonte-Group hat eine technische Studie veröffentlicht, in der es sich mit den Herausforderungen für die Betreiber der Smart Meter beschäftigt. Demnach kann die Energiewende scheitern, wenn die Herausforderungen des Messstellenbetriebs nicht gelöst werden. Der zügige und erfolgreiche Aufbau der Smart-Metering-Infrastruktur sei ein Grundpfeiler der Energiewende. Denn erst mit intelligenten Messsystemen (iMSys) werden Energieflüsse im Netz sicht- und steuerbar.
In Deutschland wurde die Verantwortung für den damit einhergehenden Smart Meter Rollout an die grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB) übertragen – das sind in der Regel die Netztöchter der örtlichen Energieversorgungsunternehmen. Diese müssen sich mit zahlreichen Gesetzen und einer verschachtelten Regulatorik im Messwesen auseinandersetzen, wie etwa mit dem 2023 erlassenen „Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW)“.
Vorstellung der Ergebnisse in Berlin„Die komplexe und unübersichtliche Gesetzgebung war für uns ein Auslöser, um die ‚Technische Studie Metering gMSB‘ zu erstellen“, berichtet Jochen Buchloh, Senior Partner der Horizonte-Group. Ziel der Studie war demnach, das Anforderungsprofil für Messstellenbetreiber ganzheitlich zu skizzieren und auf dieser Basis im Dialog mit den Beteiligten zu neuen Lösungen und Handlungsstrategien zu kommen.
Basis der Studie waren eigene Beratungserfahrungen und Experteninterviews in der Zeit von Dezember 2023 bis März 2024. In einer Abschlussveranstaltung in Berlin wurden die Ergebnisse vor Fachpublikum präsentiert und diskutiert. Demnach stehen die gMSB vor fünf zentralen Herausforderungen, umriss Tobias Linnenberg, Manager bei der Horizonte-Group und Leiter der Studie. „Die hohe Änderungsgeschwindigkeit von Gesetzen und Vorschriften belastet die Branche und erschwert eine ressourceneffiziente Planung und Umsetzung“, sagte er.
Wettbewerbsverzerrung und zu wenig RessourcenDie Kritik im Einzelnen:
- Die Komplexität und Vielfalt der gesetzlichen Anforderungen führt zu unterschiedlichen Interpretationen und verzögere notwendige Investitionen.
- Der Mangel an qualifiziertem Personal und Material beeinträchtigt die Umsetzung von Rollout-Projekten. Besonders bei der Montage und der operativen Prozessumsetzung im Backoffice bestehen erhebliche Engpässe. Lieferkettenstörungen und Materialknappheit verschärfen die Situation zusätzlich.
- Die Vielzahl an Technologien und Software-Systemen erhöht den Pflege- und Betriebsaufwand.
- Fehlende Interoperabilität der Systeme und unzureichende Mobilfunk-Netzabdeckung behindern den Rollout.
- „Technische Herausforderungen wie die Anbindung mehrerer Zähler an ein Smart Meter Gateway (SMGw) sind noch nicht vollständig gelöst“, so Linnenberg.
- Die gMSB müssen alle Messstellen im Rahmen der Preisobergrenzen diskriminierungsfrei ausstatten, während wettbewerbliche Messstellenbetreiber (wMSB) selektiv agieren können. Dies führt zu unfairen Wettbewerbsbedingungen und verhindert einen sich frei entfaltenden Markt, so die Studie.
Von 2025 an müssen gMSB auf Kundenwunsch intelligente Messsysteme installieren. Das könnte nach Ansicht der Autoren die Effizienz des Rollouts erheblich beeinträchtigen. Der Umbau der IT-Landschaft aufgrund neuer gesetzlicher Anforderungen erhöht die technische Komplexität weiter.
Mögliche LösungenUm in diesen Spannungsfeldern die Energiewende erfolgreich mitzugestalten, ist eine Zusammenarbeit aller Akteure sowie eine flexible Anpassung an die gesetzlichen und technischen Anforderungen notwendig, so die Horizonte-Group.
In diesem Sinne wurden bei der Abschlussveranstaltung in Berlin im Rahmen einer Diskussion auch erste Lösungsvorschläge vorgestellt, die sich sowohl an politische Entscheidungsträger als auch an Marktteilnehmer und gMSB richten. Diese werden jetzt aufgearbeitet und in Kürze von dem Beratungsunternehmen präsentiert.
Eon und Westnetz hatten sich in den letzten Monaten an der Studie beteiligt. Malte Sunderkötter, Geschäftsführer von Eon Grid Solutions, sieht eigene Erfahrungen bestätigt und fordert: „Wir brauchen dringend einen radikalen Bürokratieabbau, damit Smart Meter bald flächendeckend in Deutschland ihren so wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten können.“
Jochen Dwertmann, Geschäftsführer Energiewirtschaft bei Westnetz, schlug vor: „Um beim Smart Meter Rollout schneller voranzukommen, sollte der Einbau intelligenter Zähler zuerst an den Stellen erfolgen, die für das Gelingen der Energiewende relevant sind – nur dann können wir Technik und Fachkräfte kosteneffizient einsetzen.“
Die
„Technische Studie Metering gMSB“ steht im Internet bereit.
Freitag, 14.06.2024, 08:41 Uhr
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