Der Traum einer aktiven dezentralen Energiewende hätte im Odenwald entstehen sollen. Die baden-württembergische Forstanstalt hat zu dem Bürger-Windprojekt erst mal nein gesagt.
Forst BW, der Betreiber des baden-württembergischen Staatsforstes, hat es abgelehnt, 600
Hektar Waldfläche für einen Bürgerwindpark „Heidelberg-Schönau“ am Lammerskopf neckaraufwärts im Odenwald in einem vereinfachten Sonderverfahren zu verpachten. Das bestätigen sowohl die Stadtwerke Heidelberg in einer Mitteilung im Namen einer Bietergemeinschaft als auch Forst BW auf Anfrage dieser Redaktion. Demnach erhielt Stadtwerke-Aufsichtsratschef OB Eckart Würzner (parteilos) am 28.
April den ablehnenden Bescheid von Forst BW.
Der Forstbetrieb begründete seine Ablehnung gegenüber unserer Redaktion damit, dass das Konzept der Bieter für die „Potenzialfläche“, deren Baumbestand für eine forstwirtschaftliche Nutzung zu geschädigt ist, keiner der sechs
„Fallkonstellationen“ für ein vereinfachtes „Sonderverfahren“ entspreche. Das Areal sei etwa zusammenhängend und weder zersplittert noch klein und es sei auch im normalen „Antragsverfahren“ vermarktbar. Der Ausnahmetatbestand als „Leuchtturmprojekt“ sei in dem vorgelegten Konzept „nicht in ausreichendem Maße“ erfüllt.
Die nächste Tranche der Verpachtungsangebote von insgesamt 2.500
Hektar werde noch im Mai veröffentlicht, kündigte Forst BW nach längerer Vermarktungspause an. Welche Standorte dann vergeben würden, werde auch erst zeitgleich bekanntgegeben.
„Für alle Bewerber eine Blackbox“Die Bietergemeinschaft aus den Stadtwerken und drei lokalen Energiegenossenschaften erklärte zwar, sie akzeptiere die jetzige Entscheidung, sie
bemängelte aber die angebliche Intransparenz des Verfahrens von Forst BW und forderte vor der nächsten regulären Ausschreibung von Waldwind-Flächen eine Neupriorisierung der Vergabekriterien. Man müsse wegkommen von den 70
Prozent der Punkte für die Höhe der Pacht, hin zu qualitativen Kriterien, die klar und genau sein müssten. „Das ist für uns und für alle anderen, die sich bewerben werden, bisher eine Blackbox“, bemängelte Heidelbergs Klimabürgermeister Raoul Schmid-Lamontain (Grüne). „Solange das (Standardverfahren) nicht konkretisiert wird, fehlt (ihm) die nötige Transparenz.“ Für die Bieter erklärte Stadtwerke-Geschäftsführer Michael Teigeler an, sich nochmal im regulären Verfahren zu bewerben.
Kommunen, Stadtwerk und Energiegenossenschaften einigDie Bietergemeinschaft für den Waldwindpark ist bisher der Traum einer dezentralen Energiewende im Konsens und in aktiver Teilhabe der Bürgerschaft: Die Rathäuser und Parlamente der Standortkommunen Heidelberg und Neckargemünd unterstützen „Heidelberg-Schönau“ einhellig, Neckargemünd, das südlich des Windparks liegt, signalisierte, zusätzliche Flächen bereitzustellen - aber nur unter der Bedingung, dass genau diese lokale Bietergemeinschaft zum Zuge kommt, die die Menschen in der Region ernst nehmen werde. Mit im Boot sind neben den Stadtwerken die (Bürger-) Energiegenossenschaften Starkenburg, Kraichgau und Heidelberg.
Wenig überraschend hat sich auch eine Bürgerinitiative gegen das Vorhaben gebildet. Sie nennt sich „Rettet den Odenwald“ und richtet sich gegen die angebliche Verschandelung des teilweise unter Naturschutz stehenden Waldgebietes nach dem Vorbild des auf Hessen entfallenden Teils und die angebliche Schädigung bestimmter Vogelarten. Sie hat im April auf der Plattform
change.org eine Online-Petition gestartet.
Kriterien sollen geändert werden - zu spät?Forst BW stellte auf Anfrage dieser Redaktion für Mai geänderte Vergabekriterien in Aussicht. Dabei könne mit einer „Stärkung regionaler Wertschöpfung und Bürgerbeteiligung“ gerechnet werden. Derzeit sei das künftige Verfahren „in Abstimmung“. Das heißt unausgesprochen, dass sich das Landwirtschafts- und das Finanzministerium in Stuttgart noch einigen müssen. Die Forstanstalt begrüße ausdrücklich eine „breit getragene“ Energiewende. Sie gab sich sicher, dass sie auch nach einem regulären Verfahren „fruchtbar“ mit Projektierer, Kommunen und Bürgern zusammenarbeiten werde, ohne die konkrete Bietergemeinschaft zu nennen.
Für die Bietergemeinschaft ist der erzwungene Neuanlauf ein Wettlauf mit der Zeit und vor allem mit den Gegnern des Vorhabens. Heidelbergs OB Würzner erklärte: „Wer die Situation (...) verfolgt hat, weiß, dass es schon jetzt große Unsicherheit und zum Teil Widerstand gegen die Planungen gibt.“
Donnerstag, 4.05.2023, 08:35 Uhr
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