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Energie & Management > Stromnetz - Produktionsprozesse oft zu unflexibel für Lastmanagement
Quelle: E&M / Meyer-Tien
Stromnetz

Produktionsprozesse oft zu unflexibel für Lastmanagement

Die Flexibilisierung des Verbrauchs ist für die Stabilisierung der Netze hilfreich, aber kein Quick Win. Das zeigt der Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt.
Das Steuern von Einspeisern und Verbrauchern gilt als eine unverzichtbare, im Idealfall aber wenig genutzte Maßnahme, um das künftige Energiesystem stabil zu halten. Eine Festlegung der Bundesnetzagentur schreibt vor, dass alle steuerbaren Verbraucher in der Niederspannung ab 4,2 kW, die nach dem 1. Januar 2024 installiert wurden, in besonderen Fällen vom Netzbetreiber in ihrem Leistungsbezug „gedimmt“ werden können. Alternativ ist auch eine Steuerung am Netzanschlusspunkt möglich.

Im aktuellen Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt über die Energiewirtschaft (wir berichteten) widmen die Autoren sowohl den steuerbaren Verbrauchern als auch dem Lastmanagement jeweils ein Kapitel.

Wie aus dem Bericht hervorgeht, liegt Nordrhein-Westfalen bei der Anzahl der Marktlokationen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen mit 564.745 Anlagen beziehungsweise Geräten weit an der Spitze. An zweiter Stelle folgt Baden-Württemberg mit 391.891 und an dritter Stelle Bayern mit 327.798 Verbrauchseinrichtungen. Am Ende der Tabelle stehen Mecklenburg-Vorpommern (18.987) und Bremen (1.726).

Über alle Marktlokationen hinweg machen Nachtspeicher-Heizungen mit 51 Prozent und Wärmepumpen mit 38 Prozent die größten Anteile an den steuerbaren Verbrauchern aus. Mit deutlichem Abstand kommen danach die Ladeeinrichtungen (2 Prozent).

Die Verfasser des Monitoringberichts weisen darauf hin, dass sich flexible Lasten von den steuerbaren Verbrauchseinrichtungen unterscheiden. Beim sogenannten Demand-Side Management (DSM) geht es um die Fähigkeit vor allem von großen Verbrauchern, ihren Strombezug für einen gewissen Zeitraum zu senken. Nach Angaben von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt haben an einer Lastmanagement-Befragung insgesamt 422 Unternehmen, die einen Jahresverbrauch von jeweils mehr als 50 Millionen Kilowattstunden aufweisen, mit 893 Standorten teilgenommen. Davon verfügen allerdings 341 Standorte über Anlagen, die sich zumindest teilweise zur Eigenversorgung nutzen lassen.

Flexibilisierung verursacht Zusatzkosten in den Unternehmen

Bei der Mehrheit der Standorte (420) hatten die Unternehmen nichts zum Lastmanagement zu sagen. Bei 323 Standorten war die Optimierung der Netzentgeltkosten für den Einsatz eines Lastmanagements ausschlaggebend. Weit weniger wichtig waren die Optimierung des Stromeinkaufspreises und die Bereitstellung von Regelleistung beziehungsweise Regelenergie. Für lediglich 24 Standorte waren die Optimierung der Ausgleichsenergie-Kosten oder die Einhaltung von Bilanzkreis-Verpflichtungen der Grund für das Lastmanagement.

Lastmanagement aufgrund von Preissignalen der Börse ist der Befragung zufolge die große Ausnahme. Lediglich an 78 Standorten ist eine Lastreduktion in Abhängigkeit vom börslichen Day-Ahead- oder Intraday-Preis möglich. Bei 815 Standorten ist dies keine Option.

Eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung zusammen mit dem Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik der RWTH Aachen kommt zu dem Schluss: Flexibilität in der Industrie ist möglich, verursacht jedoch Zusatzkosten. Die Forschenden haben unter anderem festgestellt, dass beispielsweise in der Grundstoffindustrie, zu der die chemische Industrie, aber auch die Öl- und Gaswirtschaft gezählt werden, der Energieeinsatz und die Produktionsprozesse bisher kaum flexibilisiert werden. Die Produktionsanlagen seien hoch ausgelastet und für einen kontinuierlichen Betrieb optimiert. „Flexibler Energiebezug ist nur dann wettbewerbsfähig möglich, wenn entstehende Zusatzkosten durch Einsparungen kompensiert werden“, heißt es in einer Mitteilung des Fraunhofer ISI.

Die Angaben der Unternehmen, die in den Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt eingeflossen sind, decken sich mit den Analysen der Wissenschaftler. Als wesentliche Hemmnisse für das Lastmanagement wird für 668 Standorte angegeben, dass die Haupt-Produktionsprozesse technisch unflexibel sind. An 604 Standorten herrscht eine durchgehende Vollauslastung der Fertigungsprozesse. Bei 244 Standorten haben die Verantwortlichen aufgrund ihres Strombezugsvertrags keinen wirtschaftlichen Anreiz zur Lastreduktion bei Preisspitzen am Sportmarkt.

Im Juli dieses Jahres hatte die Bundesnetzagentur ein Eckpunktepapier zur Reform der industriellen Netzentgelte vorgelegt und ließ es im Herbst konsultieren, um einer „Festlegung zur Setzung systemdienlicher Anreize durch ein Sondernetzentgelt für Industriekunden“ den Boden zu bereiten. Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) zeigte sich skeptisch. Auch er verwies auf eine Erhöhung der Betriebskosten und drohende technische Ineffizienzen.
 

Freitag, 29.11.2024, 17:58 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Stromnetz - Produktionsprozesse oft zu unflexibel für Lastmanagement
Quelle: E&M / Meyer-Tien
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Produktionsprozesse oft zu unflexibel für Lastmanagement
Die Flexibilisierung des Verbrauchs ist für die Stabilisierung der Netze hilfreich, aber kein Quick Win. Das zeigt der Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt.
Das Steuern von Einspeisern und Verbrauchern gilt als eine unverzichtbare, im Idealfall aber wenig genutzte Maßnahme, um das künftige Energiesystem stabil zu halten. Eine Festlegung der Bundesnetzagentur schreibt vor, dass alle steuerbaren Verbraucher in der Niederspannung ab 4,2 kW, die nach dem 1. Januar 2024 installiert wurden, in besonderen Fällen vom Netzbetreiber in ihrem Leistungsbezug „gedimmt“ werden können. Alternativ ist auch eine Steuerung am Netzanschlusspunkt möglich.

Im aktuellen Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt über die Energiewirtschaft (wir berichteten) widmen die Autoren sowohl den steuerbaren Verbrauchern als auch dem Lastmanagement jeweils ein Kapitel.

Wie aus dem Bericht hervorgeht, liegt Nordrhein-Westfalen bei der Anzahl der Marktlokationen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen mit 564.745 Anlagen beziehungsweise Geräten weit an der Spitze. An zweiter Stelle folgt Baden-Württemberg mit 391.891 und an dritter Stelle Bayern mit 327.798 Verbrauchseinrichtungen. Am Ende der Tabelle stehen Mecklenburg-Vorpommern (18.987) und Bremen (1.726).

Über alle Marktlokationen hinweg machen Nachtspeicher-Heizungen mit 51 Prozent und Wärmepumpen mit 38 Prozent die größten Anteile an den steuerbaren Verbrauchern aus. Mit deutlichem Abstand kommen danach die Ladeeinrichtungen (2 Prozent).

Die Verfasser des Monitoringberichts weisen darauf hin, dass sich flexible Lasten von den steuerbaren Verbrauchseinrichtungen unterscheiden. Beim sogenannten Demand-Side Management (DSM) geht es um die Fähigkeit vor allem von großen Verbrauchern, ihren Strombezug für einen gewissen Zeitraum zu senken. Nach Angaben von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt haben an einer Lastmanagement-Befragung insgesamt 422 Unternehmen, die einen Jahresverbrauch von jeweils mehr als 50 Millionen Kilowattstunden aufweisen, mit 893 Standorten teilgenommen. Davon verfügen allerdings 341 Standorte über Anlagen, die sich zumindest teilweise zur Eigenversorgung nutzen lassen.

Flexibilisierung verursacht Zusatzkosten in den Unternehmen

Bei der Mehrheit der Standorte (420) hatten die Unternehmen nichts zum Lastmanagement zu sagen. Bei 323 Standorten war die Optimierung der Netzentgeltkosten für den Einsatz eines Lastmanagements ausschlaggebend. Weit weniger wichtig waren die Optimierung des Stromeinkaufspreises und die Bereitstellung von Regelleistung beziehungsweise Regelenergie. Für lediglich 24 Standorte waren die Optimierung der Ausgleichsenergie-Kosten oder die Einhaltung von Bilanzkreis-Verpflichtungen der Grund für das Lastmanagement.

Lastmanagement aufgrund von Preissignalen der Börse ist der Befragung zufolge die große Ausnahme. Lediglich an 78 Standorten ist eine Lastreduktion in Abhängigkeit vom börslichen Day-Ahead- oder Intraday-Preis möglich. Bei 815 Standorten ist dies keine Option.

Eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung zusammen mit dem Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik der RWTH Aachen kommt zu dem Schluss: Flexibilität in der Industrie ist möglich, verursacht jedoch Zusatzkosten. Die Forschenden haben unter anderem festgestellt, dass beispielsweise in der Grundstoffindustrie, zu der die chemische Industrie, aber auch die Öl- und Gaswirtschaft gezählt werden, der Energieeinsatz und die Produktionsprozesse bisher kaum flexibilisiert werden. Die Produktionsanlagen seien hoch ausgelastet und für einen kontinuierlichen Betrieb optimiert. „Flexibler Energiebezug ist nur dann wettbewerbsfähig möglich, wenn entstehende Zusatzkosten durch Einsparungen kompensiert werden“, heißt es in einer Mitteilung des Fraunhofer ISI.

Die Angaben der Unternehmen, die in den Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt eingeflossen sind, decken sich mit den Analysen der Wissenschaftler. Als wesentliche Hemmnisse für das Lastmanagement wird für 668 Standorte angegeben, dass die Haupt-Produktionsprozesse technisch unflexibel sind. An 604 Standorten herrscht eine durchgehende Vollauslastung der Fertigungsprozesse. Bei 244 Standorten haben die Verantwortlichen aufgrund ihres Strombezugsvertrags keinen wirtschaftlichen Anreiz zur Lastreduktion bei Preisspitzen am Sportmarkt.

Im Juli dieses Jahres hatte die Bundesnetzagentur ein Eckpunktepapier zur Reform der industriellen Netzentgelte vorgelegt und ließ es im Herbst konsultieren, um einer „Festlegung zur Setzung systemdienlicher Anreize durch ein Sondernetzentgelt für Industriekunden“ den Boden zu bereiten. Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) zeigte sich skeptisch. Auch er verwies auf eine Erhöhung der Betriebskosten und drohende technische Ineffizienzen.
 

Freitag, 29.11.2024, 17:58 Uhr
Fritz Wilhelm

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