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Energie & Management > Bilanz - Österreich: Verbund mit bislang erfolgreichstem Geschäftsjahr
Quelle: Pixabay / Gerd Altmann
Bilanz

Österreich: Verbund mit bislang erfolgreichstem Geschäftsjahr

Der Konzerngewinn 2023 lag bei 2,3 Milliarden Euro. Sinkende Strompreise verdüstern aber die Aussichten. Und beim Strom- sowie Gasnetzausbau bestehen erhebliche Herausforderungen.
„Das bislang erfolgreichste Jahr der Unternehmensgeschichte“ war 2023 für Österreichs größten Stromkonzern Verbund. Das betonte Finanzvorstand Peter Kollmann bei der Präsentation der Bilanz des vergangenen Jahres am 14. März in Wien.

Laut dem Geschäftsbericht wuchs das Konzernergebnis gegenüber 2022 um 31,9 Prozent auf 2,27 Milliarden Euro. Die Umsatzerlöse blieben mit 10,45 Milliarden Euro (plus 0,99 Prozent) in etwa stabil. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) erhöhte sich um 42,1 Prozent auf 4,49 Milliarden Euro, das operative Ergebnis (Ebit) um 33,3 Prozent auf 3,50 Milliarden Euro.

Als besonders wichtig bezeichnete Kollmann das Sinken der Nettoverschuldung um 54,9 Prozent auf 1,76 Milliarden Euro. Dies gebe dem Verbund die nötige Finanzkraft für die geplanten Investitionen. Sie sollen sich bis 2026 auf rund 5,5 Milliarden Euro belaufen. Davon entfallen 1,78 Milliarden auf die Netze, 1,71 Millliarden auf Windkraft und Photovoltaik, 1,42 Milliarden auf die Wasserkraft sowie 630 Millionen auf Batteriespeicher und andere „Innovationsoprojekte“, etwa im Bereich Wasserstoff.

Zurückzuführen waren die laut Generaldirektor Michael Strugl „wirklich sehr guten Ergebnisse“ auf die hohen erzielten Strompreise sowie die stark gewachsene Stromproduktion mittels Wasserkraftwerken. Der Absatzpreis für den Strom aus diesen Anlagen belief sich auf 167,1 Euro/MWh, um etwa 45,2 Prozent mehr als 2022. Zum Vergleich: Die Änderung des Absatzpreises um 1 Euro/MWh verändert das Ebitda des Verbunds um rund 25 Millionen Euro. Etwa 80 Prozent der Eigenerzeugung verkauft der Konzern auf den Terminmärkten, die verbleibenden 20 Prozent auf den Spotmärkten.

„Deutlich anderes Niveau“

Strugl betonte, das energiewirtschaftliche Umfeld sei höchst volatil und werde dies auf absehbare Zeit bleiben. Schon heuer sei mit einem „deutlich anderen Niveau“ der voraussichtlich realisierten Strompreise zu rechnen. Konkret erwartet der Verbund einen durchschnittlichen Absatzpreis von rund 142,8 Euro/MWh. Das Ebitda dürfte sich auf etwa 2,60 bis 3,30 Milliarden Euro belaufen, das Konzernergebnis auf 1,30 bis 1,75 Milliarden Euro. Gegenüber 2023 würde das Ebitda somit um 26,5 bis 42,1 Prozent sinken, das Konzernergebnis um 22,8 bis 42,6 Prozent.

Steigende Stromnetztarife

Große Herausforderungen sieht der Konzern beim Ausbau der Strom- und der Gasnetze. Für die ersteren zeichnet seine 100-Prozent-Tochter Austrian Power Grid (APG) verantwortlich, die den Großteil des österreichischen Übertragungsnetzes managt. Sie plant, bis einschließlich 2034 insgesamt rund 9 Milliarden Euro zu investieren und im Zuge dessen etwa 400 Trassenkilometer an Leitungen sowie 25 Umspannwerke zu errichten. Offen ist laut Strugl, ob dies, wie bis dato üblich, allein mittels der Netztarife der Endkunden finanziert werden kann. Eine solche „Sozialisierung“ der Kosten wäre jedenfalls mit einer Erhöhung der Übertragungsnetztarife verbunden, die die Regulierungsbehörde E-Control festlegen müsste. Denkbar wäre aber auch eine wie immer gestaltete „staatliche Beteiligung“ an den Kosten, konstatierte Strugl: „Darüber wird man sich noch den Kopf zerbrechen müssen.“ Von der Redaktion auf Überlegungen aus Wirtschaftskreisen angesprochen, einen staatlichen „Infrastrukturfonds“ zu etablieren, stellte Strugl fest, es würden wohl „verschiedene Akteure verschiedene Vorschläge machen. Jedenfalls wird es notwendig sein, über die Finanzierung der Stromnetze eine Diskussion zu führen.“

„Worst-Case-Szenario“ für Gasnetzausbau

Diskussionsbedarf besteht laut dem Verbund-Management auch hinsichtlich der Finanzierung der Fernleitungen für Erdgas. Bekanntlich gehören dem Verbund 51 Prozent des Fernleitungsbetreibers Gas Connect Austria (GCA). Die übrigen 49 Prozent hält ein Konsortium des Versicherungskonzerns Allianz und des italienischen Netzbetreibers Snam. Wie berichtet, haben sich die Gasflüsse auf den Fernleitungen durch Österreich seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine Ende Februar 2022 massiv verändert. Die Durchleitungen nach Italien kamen weitgehend zum Erliegen, auch jene nach Deutschland sanken erheblich.

Daher muss nach Ansicht der Gaswirtschaft das Tarifierungsmodell für die Fernleitungen geändert werden. Nötig ist dies umso mehr zur Adaptierung der Leitungen, um Erdgas aus Nordwesteuropa zu importieren, vor allem aber, um künftig Wasserstoff einzuführen. Die Verhandlungen mit der E-Control sind im Gang. Sollte das neue Tarifmodell nicht bis etwa Mitte April stehen, plant der Verbund, eine neue Gesellschaft für den Ausbau der West-Austria-Gasleitung (WAG) zu gründen. An dieser müsste sich die Republik Österreich mit 51 Prozent beteiligen, der Verbund würde 49 Prozent halten. Sie würde die GCA mit dem WAG-Ausbau beauftragen und dessen Finanzierung sicherstellen. Laut Kollmann wäre das aber „das Worst-Case-Szenario.“

Donnerstag, 14.03.2024, 14:19 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Bilanz - Österreich: Verbund mit bislang erfolgreichstem Geschäftsjahr
Quelle: Pixabay / Gerd Altmann
Bilanz
Österreich: Verbund mit bislang erfolgreichstem Geschäftsjahr
Der Konzerngewinn 2023 lag bei 2,3 Milliarden Euro. Sinkende Strompreise verdüstern aber die Aussichten. Und beim Strom- sowie Gasnetzausbau bestehen erhebliche Herausforderungen.
„Das bislang erfolgreichste Jahr der Unternehmensgeschichte“ war 2023 für Österreichs größten Stromkonzern Verbund. Das betonte Finanzvorstand Peter Kollmann bei der Präsentation der Bilanz des vergangenen Jahres am 14. März in Wien.

Laut dem Geschäftsbericht wuchs das Konzernergebnis gegenüber 2022 um 31,9 Prozent auf 2,27 Milliarden Euro. Die Umsatzerlöse blieben mit 10,45 Milliarden Euro (plus 0,99 Prozent) in etwa stabil. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) erhöhte sich um 42,1 Prozent auf 4,49 Milliarden Euro, das operative Ergebnis (Ebit) um 33,3 Prozent auf 3,50 Milliarden Euro.

Als besonders wichtig bezeichnete Kollmann das Sinken der Nettoverschuldung um 54,9 Prozent auf 1,76 Milliarden Euro. Dies gebe dem Verbund die nötige Finanzkraft für die geplanten Investitionen. Sie sollen sich bis 2026 auf rund 5,5 Milliarden Euro belaufen. Davon entfallen 1,78 Milliarden auf die Netze, 1,71 Millliarden auf Windkraft und Photovoltaik, 1,42 Milliarden auf die Wasserkraft sowie 630 Millionen auf Batteriespeicher und andere „Innovationsoprojekte“, etwa im Bereich Wasserstoff.

Zurückzuführen waren die laut Generaldirektor Michael Strugl „wirklich sehr guten Ergebnisse“ auf die hohen erzielten Strompreise sowie die stark gewachsene Stromproduktion mittels Wasserkraftwerken. Der Absatzpreis für den Strom aus diesen Anlagen belief sich auf 167,1 Euro/MWh, um etwa 45,2 Prozent mehr als 2022. Zum Vergleich: Die Änderung des Absatzpreises um 1 Euro/MWh verändert das Ebitda des Verbunds um rund 25 Millionen Euro. Etwa 80 Prozent der Eigenerzeugung verkauft der Konzern auf den Terminmärkten, die verbleibenden 20 Prozent auf den Spotmärkten.

„Deutlich anderes Niveau“

Strugl betonte, das energiewirtschaftliche Umfeld sei höchst volatil und werde dies auf absehbare Zeit bleiben. Schon heuer sei mit einem „deutlich anderen Niveau“ der voraussichtlich realisierten Strompreise zu rechnen. Konkret erwartet der Verbund einen durchschnittlichen Absatzpreis von rund 142,8 Euro/MWh. Das Ebitda dürfte sich auf etwa 2,60 bis 3,30 Milliarden Euro belaufen, das Konzernergebnis auf 1,30 bis 1,75 Milliarden Euro. Gegenüber 2023 würde das Ebitda somit um 26,5 bis 42,1 Prozent sinken, das Konzernergebnis um 22,8 bis 42,6 Prozent.

Steigende Stromnetztarife

Große Herausforderungen sieht der Konzern beim Ausbau der Strom- und der Gasnetze. Für die ersteren zeichnet seine 100-Prozent-Tochter Austrian Power Grid (APG) verantwortlich, die den Großteil des österreichischen Übertragungsnetzes managt. Sie plant, bis einschließlich 2034 insgesamt rund 9 Milliarden Euro zu investieren und im Zuge dessen etwa 400 Trassenkilometer an Leitungen sowie 25 Umspannwerke zu errichten. Offen ist laut Strugl, ob dies, wie bis dato üblich, allein mittels der Netztarife der Endkunden finanziert werden kann. Eine solche „Sozialisierung“ der Kosten wäre jedenfalls mit einer Erhöhung der Übertragungsnetztarife verbunden, die die Regulierungsbehörde E-Control festlegen müsste. Denkbar wäre aber auch eine wie immer gestaltete „staatliche Beteiligung“ an den Kosten, konstatierte Strugl: „Darüber wird man sich noch den Kopf zerbrechen müssen.“ Von der Redaktion auf Überlegungen aus Wirtschaftskreisen angesprochen, einen staatlichen „Infrastrukturfonds“ zu etablieren, stellte Strugl fest, es würden wohl „verschiedene Akteure verschiedene Vorschläge machen. Jedenfalls wird es notwendig sein, über die Finanzierung der Stromnetze eine Diskussion zu führen.“

„Worst-Case-Szenario“ für Gasnetzausbau

Diskussionsbedarf besteht laut dem Verbund-Management auch hinsichtlich der Finanzierung der Fernleitungen für Erdgas. Bekanntlich gehören dem Verbund 51 Prozent des Fernleitungsbetreibers Gas Connect Austria (GCA). Die übrigen 49 Prozent hält ein Konsortium des Versicherungskonzerns Allianz und des italienischen Netzbetreibers Snam. Wie berichtet, haben sich die Gasflüsse auf den Fernleitungen durch Österreich seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine Ende Februar 2022 massiv verändert. Die Durchleitungen nach Italien kamen weitgehend zum Erliegen, auch jene nach Deutschland sanken erheblich.

Daher muss nach Ansicht der Gaswirtschaft das Tarifierungsmodell für die Fernleitungen geändert werden. Nötig ist dies umso mehr zur Adaptierung der Leitungen, um Erdgas aus Nordwesteuropa zu importieren, vor allem aber, um künftig Wasserstoff einzuführen. Die Verhandlungen mit der E-Control sind im Gang. Sollte das neue Tarifmodell nicht bis etwa Mitte April stehen, plant der Verbund, eine neue Gesellschaft für den Ausbau der West-Austria-Gasleitung (WAG) zu gründen. An dieser müsste sich die Republik Österreich mit 51 Prozent beteiligen, der Verbund würde 49 Prozent halten. Sie würde die GCA mit dem WAG-Ausbau beauftragen und dessen Finanzierung sicherstellen. Laut Kollmann wäre das aber „das Worst-Case-Szenario.“

Donnerstag, 14.03.2024, 14:19 Uhr
Klaus Fischer

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