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Der von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) präsentierte „endgültige“ NEKP ist faktisch ein Entwurf, der der Zustimmung der EU-Kommission bedarf. Und etliche Punkte sind offen.
Den seit langem erwarteten Entwurf der österreichischen Bundesregierung für den Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) präsentierte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am 20. August in Wien. Nach einem Umlaufbeschluss in der Bundesregierung wird dieser der EU-Kommission übermittelt.
Gewessler sprach bei der Präsentation zwar von einem „endgültigen“ NEKP. Sie räumte indessen ein, dass dieser der Genehmigung der Kommission bedarf, also faktisch als Entwurf anzusehen ist. Die Ministerin zeigte sich aber optimistisch, die bekanntlich im Umbau befindliche Kommission werde den Plan genehmigen.
Vorausgegangen waren der Präsentation, wie berichtet, monatelange Diskussionen zwischen den Grünen und ihrem Koalitionspartner, der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Einen NEKP-Entwurf, den Gewessler im Oktober 2023 der EU-Kommission übermittelt hatte, zog Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wenige Tage später zurück. Sie argumentierte, dieser sei koalitionsintern nicht abgestimmt.
Flexibilität nutzenIn dem nun offenbar akkordierten 345 Seiten umfassenden Dokument rechnen Gewessler und ihre Fachleute folgendermaßen: Österreichs Emissionen außerhalb des EU-Emissionshandelssystems (EU-ETS) beliefen sich 2005 auf 56,8
Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Die EU-rechtlich nötige Reduktion um 48
Prozent bedeutet somit, bis 2030 auf 29,5
Millionen Tonnen kommen zu müssen.
Im Jahr 2022 beliefen sich die Emissionen auf 46,2
Millionen Tonnen, um 10,6
Millionen Tonnen weniger als 2005. Um das Ziel für 2030 zu erreichen, sind also weitere Reduktionen um 16,7
Millionen Tonnen pro Jahr notwendig.
Erreichen will Gewessler dies so: Sogenannte „Additional Measures“, die politisch mehr oder weniger akkordiert, aber rechtlich nicht fixiert sind, sollen 13
Millionen Tonnen bringen. Mit der Streichung oder wenigstens Verringerung „klimaschädlicher Subventionen“ möchte die Ministerin 2
Millionen Tonnen darstellen.
Mit etwa 0,5
Millionen Tonnen schließlich sind erste kommerzielle Projekte zur unterirdischen CO2-Speicherung (CCS) veranschlagt. Insgesamt käme Österreich damit auf 30,7
Millionen Tonnen, was gegenüber 2005 einer Verminderung um 46
Prozent entspräche.
Für die verbleibenden 2
Prozentpunkte sollen die sogenannten „Flexibilitäten“ im EU-ETS genutzt werden. Diese erlauben den Mitgliedsstaaten, jährlich bis zu 2
Prozent der Emissionen außerhalb des ETS auf die darin einbezogenen Branchen zu überwälzen, also insbesondere auf die Energiewirtschaft sowie die energieintensive Industrie.
Österreich könnte laut dem NEKP-Entwurf damit jährlich bis zu 1,14
Millionen Tonnen in das ETS transferieren, wobei rechnerische Rundungsdifferenzen berücksichtigt sind. In der Folge käme das Land außerhalb des ETS auf jährliche Emissionen von rund 29,5
Millionen Tonnen und würde somit das Ziel des NEKP erreichen.
Offene PunkteGewessler räumte indessen ein, dass etliche Punkte offen sind. So ist beispielsweise alles andere als klar, welche „klimaschädlichen“ Subventionen abgeschafft oder vermindert werden sollen. Die bei der Präsentation des NEKP-Entwurfs ventilierte Idee Gewesslers, die Besteuerung von Dieselkraftstoff auf das Niveau der auf Benzin eingehobenen Steuer anzuheben, lehnte die ÖVP postwendend ab: Dieses „Dieselprivileg“ werde nicht angetastet, beschied der Generalsekretär der Partei, Christian Stocker. Gegenteilige Behauptungen seien Phantasien der „Leonore im Wunderland“. Alternative Vorschläge machte Stocker jedoch nicht.
Kommerzielle CCS-Projekte wiederum sind in Österreich bis dato verboten. Im Zuge der Umsetzung der „Carbon-Management-Strategie“ (CMS) der Bundesregierung arbeitet das für Bergbau zuständige Finanzministerium an einer Aufhebung des Verbots. Ein entsprechender Gesetzesbeschluss könnte laut dem Evaluierungsbericht zu der Strategie 2025 fallen.
Etliche der „Additional Measures“ schließlich stehen ebenfalls in den Sternen. Darunter sind etwa Gesetze, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, sowie das „Erneuerbares-Gas-Gesetz“ (EGG), das die Erzeugung und den Einsatz „grüner“ Gase vorantreiben soll.
Mit anderen Worten: Der NEKP-Entwurf zeigt, wie Österreich sein CO2-Reduktionsziel grundsätzlich erreichen könnte, nicht aber, wie und ob dies tatsächlich erfolgen wird. Nicht zu unterschätzen wären übrigens die Kosten: Die für die Umsetzung des NEKP nötigen Bundesförderungen im Zeitraum 2022 bis 2030 werden mit etwa 15,7
Milliarden Euro beziffert.
Nicht auf sich warten ließ die Kritik der Opposition. Die stellvertretende Klubobfrau der Sozialdemokraten im Bundesparlament, Julia Herr, sprach angesichts der am 29. September stattfindenden Parlamentswahl von einer „Wunschliste an die nächste Regierung.“ Etliche der in dem Entwurf enthaltenen Maßnahmen seien „bloße Ankündigungen ohne Substanz.“
Verfügbar ist der Entwurf des NEKP auf der Website des
Energieministeriums.
Mittwoch, 21.08.2024, 11:51 Uhr
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